Mülheim. Der Kommunale Ordnungsdienst in Mülheim wird auch im Jahr 2022 unter Personalnot leiden. Warum ein Stellen-Zuwachs weiter auf sich warten lässt.

Ob Kontrollen zur Coronaschutzverordnung oder die verstärkte Zusammenarbeit mit der Polizei bei der Bekämpfung der Clankriminalität: Mülheims Ordnungshüter können über den Zuwachs an anspruchsvollen Aufgaben nicht klagen. Trotzdem wird sich die Personalnot absehbar nicht auflösen. Ein Stellen-Plus ist auch im Entwurf des Doppeletats für die Jahre 2022 und 2023 nicht verankert.

Diesen Umstand kritisierte jüngst André Kasberger (SPD) im Sicherheitsausschuss des Stadtrates. Mit einem Fingerzeig auf die schwarz-grüne Koalition kritisierte er, dass CDU und Grüne keine Mittel für eine Personalausweitung im Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) bereitstellen wollen.

Aufstockung auf mehr als 20 Mitarbeiter im Mülheimer Ordnungsdienst nicht vor 2024

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Dem ist tatsächlich so, wie Werner Oesterwind (CDU) am Mittwoch auf Anfrage dieser Redaktion bestätigte. Die personelle Aufstockung, die CDU und Grüne in ihrem Koalitionspapier bis 2025 versprochen haben, werde in den aktuellen Etatberatungen nicht diskutiert – damit ist eine Personalaufstockung im KOD auf 20 Mitarbeiter plus X frühestens Thema für den Etat 2024.

CDU und Grüne wollen damit ermöglichen, dass der KOD mehr Präsenz auch in den Stadtteilen zeigen kann. Außerdem soll die Stadtwache an der Ruhrpromenade (Polizei und Ordnungsamt) bis in die Abendstunden und an Wochenenden geöffnet sein. Auch der Einsatz von „Interventionsstreifen“, die „Ordnungswidrigkeiten unmittelbar ahnden“, war im Koalitionspapier zur Prüfung ausgerufen worden.

Wieder starteten nur zwei neue Mitarbeiter eine Ausbildung für den Ordnungsdienst

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Warum das alles wohl auf die lange Bank geschoben ist, erklärte Oesterwind damit, dass es aktuell vorrangiges Ziel sein müsse, bei ohnehin schwieriger Personalrekrutierung dem KOD überhaupt mal wieder zu einer Stärke von 20 Mitarbeitern zu verhelfen.

Das Ordnungsamt gemeinsam mit der Polizei im Einsatz: Beim Kampf gegen die Clankriminalität agieren Ordnungs- und Sicherheitskräfte gemeinsam, wie hier bei einer Razzia rund um die Eppinghofer Straße Mitte August.
Das Ordnungsamt gemeinsam mit der Polizei im Einsatz: Beim Kampf gegen die Clankriminalität agieren Ordnungs- und Sicherheitskräfte gemeinsam, wie hier bei einer Razzia rund um die Eppinghofer Straße Mitte August. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Ordnungsamtsleiterin Kerstin Kunadt hatte der Politik die Notlage berichtet, dass man durch das Ausscheiden von Mitarbeitern mit lediglich 16 Ordnungskräften ins Jahr 2022 gehen müsse. Zwar sei am 1. Oktober erneut eine Ausbildung für neue Mitarbeiter gestartet, doch laufe die Ausbildung bis Oktober 2022. „So werden wir auch 2022 unterbesetzt sein“, so Kunadt. Hinzu kommt: Von drei Auszubildenden sind nur noch zwei übrig. Eine Person hat schon wieder hingeschmissen.

Ordnungskräfte sollen neue Schutzwesten bekommen – bald auch Bodycams?

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Was auf jeden Fall aber laut Oesterwind, dem Ausschussvorsitzenden, im Doppelhaushalt 2022/23 eingepreist ist: die Anschaffung besserer Ausrüstung für die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes. So solle es etwa neue Schutzwesten für die Kolleginnen und Kollegen geben für ihren Einsatz auf der Straße, wo der Ton seit geraumer Zeit immer rauer wird, aber auch für jene Sondereinsätze wie zum Kampf gegen die Clankriminalität oder das Inspizieren mutmaßlicher Schrottimmobilien.

Auch ein Thema, mittlerweile gar im frühen Studium eines möglichen Pilotprojektes angelangt, ist die mögliche Anschaffung von Bodycams (Körperkameras) für Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes. Colin Sroka (SPD) hatte sich im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung danach erkundigt und kritisch angemerkt, dass seiner Sicht nach angezeigt sei, vor einem Einstieg in ein solches Projekt politisch über dessen Zweckmäßigkeit zu diskutieren. Denn, so Sroka, komme es laut Studien gar eher zu Eskalationen während Einsätzen, bei den Ordnungs- und Sicherheitskräfte mit solchen Kameras auftreten.

Mülheims Stadtdirektor fordert vehement den Einsatz von Bodycams

Wegen des möglichen Einsatzes von Bodycams habe es bereits Gespräche mit der Polizei gegeben, so Ordnungsamtschefin Kunadt, bei denen man sich über den Einsatz, aber auch die Regeln informiert habe. „Wir sind da aber im Moment ganz am Anfang.“

Stadtdirektor Frank Steinfort als Sicherheitsdezernent unterstrich indes seinen festen Willen und Glauben, KOD-Mitarbeiter durch Bodycams im Einsatz besser schützen zu können. Seit sechs Jahren versuche er das Thema im NRW-Innenministerium zu platzieren, auch über den Städtetag.

„Da ist für die zwei armen Würstchen Deeskalation nicht mehr möglich“

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Steinfort verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass in jüngerer Zeit etwa zwei Verkehrskontrollen vollends aus dem Ruder gelaufen seien und sich Ordnungshüter plötzlich einem Pulk aggressiver Menschen gegenübergesehen hätten. „Da ist für die zwei armen Würstchen Deeskalation nicht mehr möglich“, sagte er.

Erinnert sei etwa an einen Vorfall auf der Oberhausener Straße an Karfreitag 2019. Da war eine Verkehrskontrolle an der Styrumer Hauptstraße in einen Massentumult ausgeufert. Rund 50 aufgebrachte Menschen hatten sich gegen zwei Ordnungshüter aufgestellt. Nur mit massiver Verstärkung konnte die Polizei die brenzlige Situation damals lösen.

In der Regel seien nur zwei Ordnungskräfte bei Kontrollen im Einsatz - „und die sind nicht geschult, in den Nahkampf zu gehen“, so Steinfort. Wenn die Mitarbeiter in solchen Fällen aber mit Kameras ausgestattet seien, könne das helfen, eine Eskalation zu verhindern – weil die Aufnahmen im Zweifel Täter überführen könnten.