Mülheim. Am Rande einer Demo vor der Aldi-Zentrale in Mülheim wurden mehrere Schweine ausgesetzt. Was nun mit ihnen passiert und wie Zeugen helfen können.

5000 Euro möchte das Deutsche Tierschutzbüro demjenigen zahlen, der Hinweise gibt auf den oder die Täter, die vor rund zwei Wochen in Mülheim, Oberhausen und Moers insgesamt sechs Ferkel ausgesetzt haben. Drei der Tiere sind seither im Mülheimer Tierheim untergebracht – und dicke Freunde geworden, verrät Leiterin Marion Niederdorf. Sie hatten Glück im Unglück, müssen den Schlachter nicht mehr fürchten: Ab Montag leben die Schweinchen, die ursprünglich wohl aus Massentierhaltung stammen, auf einem Gnadenhof in Mönchengladbach.

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„Wir sind sehr glücklich über die Lösung“, sagt Tierheim-Chefin Marion Niederdorf. Dass wichtigste sei, dass die drei Tierkinder zusammen bleiben. „Sie hängen unheimlich aneinander, schlafen jede Nacht eng aneinandergekuschelt in einer Hundetransportbox.“ Es gehe ihnen gut, „artgerecht untergebracht sind sie aber nicht“. Ihnen fehlten grüne Wiesen zum Rumtollen und Schlammpfützen zum Suhlen. Auf der „Monro Ranch“ am Rande von Mönchengladbach werden sie finden, was sie brauchen, glaubt Niederdorf. „Eine Gruppe von Veganern kümmert sich dort um verstoßene Tiere. Sie nennen das Projekt Lebenshof.“

Vorwurf der Schweinebauern vor Aldi in Mülheim: „Die Arbeit lohnt sich immer weniger“

Zwei der jungen Schweine waren am 8. September am Rande einer Demo vor der Aldi-Zentrale an der Burgstraße in Styrum in Kartons ausgesetzt worden. Schweinebauern waren dort mit Treckern vorgefahren, um sich Gehör zu verschaffen. Ihr Vorwurf: Die Arbeit lohne sich immer weniger, viele Betriebe ständen massiv unter Druck oder hätten schon aufgegeben. Die Preispolitik der Discounter sei einer der Hauptgründe.

Auch ein Ferkel, das an der Hauskampstraße entdeckt wurde, kam ins Mülheimer Tierheim. Die anderen drei Jungtiere – gefunden unweit des Styrumer Friedhofs, in Oberhausen-Biefang am Park Rathenaustraße sowie in Moers an der Orsoyer Allee nahe einer Aldi-Filiale – fanden laut Niederdorf zwischenzeitlich Unterschlupf auf einem Oberhausener Bauernhof sowie auf einem Gnadenhof in Weeze.

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„Damit wurde billigend in Kauf genommen, dass die Ferkel qualvoll sterben“

„Ganz offensichtlich wurden die Ferkel im Rahmen der Protestaktion ausgesetzt, um auf die wirtschaftliche Lage der Landwirte und Landwirtinnen aufmerksam zu machen“, sagt Jan Peifer, Vorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros. „Damit wurde billigend in Kauf genommen, dass die Ferkel qualvoll sterben. Niemand weiß, wie viele Tiere ausgesetzt wurden und ob einige vielleicht sogar gestorben sind“, so Peifer.

Schweinchen wohnen demnächst neben Alpakas und einem Lama

„Wir haben es uns zum Ziel gemacht, notleidenden und verstoßenen Tieren ein neues Leben in sicherer Obhut zu ermöglichen“, schreiben die Tierfreunde der Monro Ranch auf ihrer Homepage. „Ein eingespieltes Team ehrenamtlicher Helfer“ kümmere sich um Pferde, Schafe, Ziegen, Gänse, Hühner, Enten, Schweine, Katzen, Tauben, Alpakas, Waschbären – und um ein Lama.

Marion Niederdorf vom Tierheim Mülheim weiß, dass die Kosten eines solchen Projektes „unheimlich hoch“ sind. Mülheimern, die den Schweinchen und den anderen Tieren etwas Gutes tun möchten, rät sie zu spenden: Nähere Informationen gibt es unter 0152 09167351 oder .

Kontakt zum Deutschen Tierschutzbüro mit Sitz in St. Augustin ist möglich via . Der Verein beschreibt sich als Tierrechtsorganisation, die Missstände in Zucht-, Mast- und Schlachtbetrieben aufdecke und an die Öffentlichkeit bringe, „was die Tierindustrie der Gesellschaft versucht vorzuenthalten“. Im Blick habe man vor allem industrielle Massentierhaltung und Pelztierzucht.

Die Tiere hatten keine Ohrmarken mehr, so konnte nicht nachvollzogen werden, woher genau sie stammten. Der Polizei liegt nur ein Zettel vor, der bei den Ferkeln gefunden wurde. Darauf diese Botschaft: „Ich bin hier, da mein Landwirt die Futterkosten nicht mehr bezahlen kann. Denn wenn ich groß bin (25 Kilo), bekommt er (der Ferkelerzeuger) 20 Euro für mich! Ihr an Tierwohl teilnehmender deutscher Ferkelerzeuger“.

Stadt Mülheim hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet

Die Stadt Mülheim spricht von einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz und hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Das Tierschutzbüro prangert nicht nur das Aussetzen an, sondern sieht auch den Tatbestand der Tierquälerei als erfüllt an: „Den Tieren wurden vorsätzlich Leid und Schmerzen zugefügt. Dies kann mit einer Geldstrafe von bis 250.000 Euro geahndet werden“, so Peifer.

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Die Polizei hat derweil noch keine ganz heiße Spur, teilte Pressesprecherin Sonja Kochem auf Nachfrage mit: „Wir wissen bislang nicht, wer die Tiere ausgesetzt hat.“ Dass durch die ausgelobte Belohnung des Tierschutzbüros nun vielleicht Schwung in die Sache kommt, begrüßt die Polizei. „Wenn durch diesen Anreiz Hinweise eingehen, sind wir froh.“ Das Tierschutzbüro zwackt die 5000 Euro Belohnung übrigens nicht von Spendengeldern ab, diese Information ist Peifer noch wichtig. „Ein Vereinsmitglied ist bereit, das Geld aus der eigenen Kasse zu zahlen.“