Mülheim. Erhöhte Legionellenwerte gab es auf einer Station im Mülheimer St. Marien-Hospital. 15 Patienten wurden verlegt - aber nur aus „Übervorsicht“.
Auf einer geriatrischen Station im Mülheimer St. Marien-Hospital wurden am vergangenen Freitag erhöhte Legionellenwerte gemessen. 15 Patientinnen und Patienten wurden verlegt. Eine Krankenhaussprecherin nennt diese Maßnahme „hypervorsichtig“, denn es habe keinerlei Gefahr für Patienten oder Personal bestanden. Das städtische Gesundheitsamt wurde am 11. Juni, also am selben Tag, informiert.
Legionellen im Mülheimer St. Marien-Hospital: Erst nur anonymer Hinweis
Der Vorfall wurde dieser Redaktion zunächst anonym mitgeteilt, offenbar aus Kreisen des Pflegepersonals. Danach wurden die Legionellen am 11. Juni auf der Station Antonius festgestellt, die Monate lang geschlossen war und erst seit 1. Juni wieder genutzt wird. In der Mail, deren Absender sich nicht zu erkennen gibt, heißt es: „Das Personal wurde zum Schweigen angehalten.“
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Das St. Marien-Hospital reagiert empört auf diese Aussage: „Dieses Gerücht ist rufschädigend.“ Erstens gäbe es nichts zu verschweigen und zweitens „klare Kommunikationswege, so dass direkt miteinander gesprochen wird“.
Krankenhaus reagiert empört: „Das Gerücht ist rufschädigend“
Laut Krankenhaussprecherin fanden sich nur geringfügig erhöhte Werte an einer Wasserabnahmestelle in einem einzigen Krankenzimmer. Dies sei bei einer Routineprobe aufgefallen. „Wir haben keinen Legionellenausbruch.“
Vorerkrankte Menschen besonders gefährdet
Legionellen sind Bakterien, die vorwiegend im Wasser leben. Laut Robert-Koch-Institut vermehren sie sich optimal bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad, sterben oberhalb von 60 Grad jedoch ab.
Sie können die sogenannte Legionärskrankheit auslösen, eine schwere Lungenentzündung. Besonders infektionsgefährdet sind Menschen mit Vorerkrankungen.
Laut Trinkwasserverordnung sind die Eigentümer von Hotels oder Sportanlagen, aber auch von größeren Mehrfamilienhäusern verpflichtet, das Warmwassersystem regelmäßig auf Legionellen zu untersuchen.
Der „technische Maßnahmenwert“ gilt als überschritten, wenn mehr als 100 KBE (koloniebildende Einheiten) pro 100 Milliliter Wasser gefunden werden. Das Ergebnis - negativ wie positiv - muss dem Gesundheitsamt gemeldet werden.
Festgestellt wurde ein „leicht erhöhter Wert“ von 200 KBE (koloniebildenden Einheiten) pro 100 ml Wasser. Der Grenzwert, ab dem Trinkwasser als „kontaminiert“ gilt, liegt bei 100 KBE. Sofortiger Handlungsbedarf sei erst bei einem Messwert ab 10.000 KBE geboten, erklärt das Krankenhaus.
Die Stadt Mülheim bestätigt auf Anfrage, dass am 11. Juni erhöhte Legionellenwerte im St. Marien-Hospital gemessen wurden. „Wir haben aber keinen Ausbruch“, betont Stadtsprecher Volker Wiebels, „sondern nur eine Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes.“ Er bestätigt den Messwert von 200 KBE. Niemand sei erkrankt. St. Marien-Hospital und Gesundheitsamt seien nun gemeinsam dabei, die Ursache der erhöhten Werte zu ergründen. „Alle Maßnahmen geschehen in enger Abstimmung“, so die Stadt.
Stadt Mülheim bestätigt die Messwerte - enge Abstimmung mit dem Gesundheitsamt
Die Station Antonius war während der Corona-Pandemie Monate lang frei gehalten worden. „Sie war unser Ausweichbereich für die Covid-Station“, erläutert die Sprecherin des Marien-Hospitals. Während dieser Zeit seien dort die Bäder saniert und neue Armaturen eingebaut worden. Eine mögliche, aber noch nicht bestätigte Ursache für die höheren Legionellenwerte.
Die Tatsache, dass 15 Patienten sofort verlegt wurden, dürfe nicht falsch gedeutet werden, erklärt das Marien-Hospital. „Die Verlegung war weder notwendig noch gefordert.“ Man habe aber aus den Erfahrungen eines anderen Mülheimer Krankenhauses mit dem Thema Legionellen gelernt. „Wir gehen selbst bei kleinsten Anzeichen mit harten, teilweise übervorsichtigen Maßnahmen vor“, so die Sprecherin.
Aus Erfahrungen des Evangelischen Krankenhauses gelernt
Am Wochenende habe man die Leitungen durchgespült und erneut Proben durchgeführt, die keine Auffälligkeiten mehr zeigten. Die Patienten könnten jetzt nach und nach auf die Station zurückkehren.
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Einen folgenschweren Legionellenausbruch hatte es im September 2017 im Evangelischen Krankenhaus (EKM) in Mülheim gegeben. Er war erst Wochen später auf Nachfrage dieser Redaktion bekannt geworden. Im EKM waren 16 Patientinnen und Patienten an Legionellen-Pneumonie erkrankt, einer schweren Form von Lungenentzündung. Vier Personen mit schwersten Grunderkrankungen waren gestorben.
Ob die Legionellen-Infektionen die Todesursache waren, konnte die Staatsanwaltschaft im Nachhinein nicht mehr klären. Das Evangelische Krankenhaus hatte den Legionellenausbruch zum Anlass genommen, die Trinkwasseranlage im betroffenen Haus zu sanieren. Einigen Betroffenen wurden später auch Entschädigungen gezahlt.
Gesundheitsamt warnt: Erhöhtes Legionellenrisiko nach dem Lockdown
Das Mülheimer Gesundheitsamt hatte erst Ende Februar vor einer erhöhten Legionellengefahr nach dem Lockdown gewarnt. Das Risiko sei erhöht, weil viele Trinkwasserleitungen und Warmwassersysteme lange nicht genutzt wurden. Betreiber von Friseursalons, Hotels, Sportanlagen oder Fitnessstudios sollten darauf achten, wenn sie wieder öffnen dürfen, warnte die Stadt: Bevor die Trinkwasserleitung wieder genutzt wird, sollte sie auf jeden Fall gespült werden. „Im Zweifel ist eine Fachfirma zu Rate zu ziehen“, so die Stadt.
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Bislang seien aber keine weiteren Legionellenfälle in Folge des Lockdowns gemeldet worden, teilte Stadtsprecher Volker Wiebels am Montag auf Anfrage mit.
Auch in Mülheimer Sportanlagen hat es schon häufiger erhöhte Legionellenwerte gegeben, meist, wenn Leitungen selten genutzt werden. Für Vereinssportler oder Schulkinder bedeutet dies, dass sie die Duschen in den betroffenen Gebäuden nicht benutzen können. In der Sporthalle Von-der-Tann-Straße in Styrum etwa gab es vor einigen Jahren dieses Problem.