Mülheim. Mülheims Marien-Hospital feiert die gelungene Hüft-OP einer Gymnastin. Dem Chefarzt machen träge Kinder mehr Sorgen als Hochleistungssportler.
In der orthopädischen Klinik am St. Marien-Hospital wird viel operiert, doch dieser Fall ist ein spezieller. Behandelt wurde Luisa Kluge, eine großes Talent in der Rhythmischen Sportgymnastik. Die Elfjährige leidet an Morbus Perthes, einer schweren Erkrankung, bei der der Hüftgelenkskopf allmählich abstirbt.
Athletin wurde in Mülheim erfolgreich operiert, läuft aber noch lange an Krücken
Wie das Krankenhaus berichtet, hatte die Leistungssportlerin seit Monaten starke Schmerzen und konnte am Ende nur noch an Krücken laufen. Die Stützen werden sie noch etliche Wochen begleiten, doch inzwischen wurde das Mädchen aus Düsseldorf erfolgreich operiert.
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Das St. Marien-Hospital feiert den Eingriff wie einen Medaillengewinn und verkündet in einer Mitteilung: „Elfjähriges Turnwunder nach Hüft-OP wieder zuversichtlich“. Ein Foto zeigt das zarte, bezopfte Geschöpf im Krankenbett, daneben Klinikdirektor Prof. Dr. Marcus Jäger, der ihre Hüfte wiederhergestellt hat.
Beim schweren Eingriff wurden Becken und Unterschenkelknochen durchtrennt
Eine schwere Operation war erforderlich, bei der das linke Becken und der Unterschenkelknochen durchtrennt wurden. Doch schon acht Tage später konnte die Gymnastin nach Hause entlassen werden. Zwölf Wochen lang darf sie die Hüfte nicht belasten, die Krücken werden sie also weiter begleiten. Danach steht intensive Physiotherapie auf dem Plan, um die Muskeln wieder aufzubauen. „Luisa zeigt großen Willen, ihre alte Form wiederzuerlangen“, teilt eine Sprecherin des Marien-Hospitals mit, „und träumt davon, ihre Sportkarriere fortzusetzen.“
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Luisa trainierte früher 24 Stunden pro Woche - und träumt wieder von Olympia
Die Elfjährige trainiert beim TSV Bayer 04 Leverkusen und gehört zum Talentkader des Deutschen Turnerbundes (DTB). Bevor die Hüftschmerzen sie quälten, hat sie an sechs Tagen pro Woche jeweils vier Stunden lang trainiert. Dahin will sie zurück. Sie träumt sogar von Olympia. Ist das nach so einer Operation realistisch? Kann man das verantworten?
Klinikdirektor Prof. Dr. Marcus Jäger sagt zunächst: „Es kommt darauf an, wie sehr das persönliche Glück von solchen Träumen abhängt.“ Bei Luisa habe er ein gutes Gefühl. „Wenn die Erkrankung ausgeheilt ist, sehe ich durchaus die Möglichkeit, dass sie an ihr altes Niveau anknüpfen kann. Aber das kann Monate dauern, vielleicht sogar ein ganzes Jahr.“
Einen Zusammenhang zwischen Luisas Krankheitsbild und der extremen Belastung in der Rhythmischen Sportgymnastik gibt es nach Aussage des Chefarztes nicht. Im Gegensatz zu anderen jungen Athleten, die in der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie behandelt werden. Einige landen auf dem OP-Tisch. Auch einige Schwimmer werden betreut - die Klinik kooperiert mit dem Leistungszentrum in Essen. „Die allermeisten kommen allerdings aus den Bereichen Fußball und Tennis“, berichtet Jäger, „häufig mit Kniebeschwerden.“
Chef-Orthopäde lehnt Hochleistungssport nicht generell ab
Erst kürzlich habe er einen 16-jährigen Nachwuchsspieler operiert, der seine Karriere bei Werder Bremen fortsetzte. Er litt - wie sehr viele jugendliche Leistungssportler - an Morbus Osgood-Schlatter. „Oft muss man die jungen Athleten bremsen“, so der Chefarzt, „und eine mehrwöchige Sportpause verordnen.“ Trotz der bekannten Risiken ist er kein genereller Gegner von Hochleistungssport bei Kindern und Jugendlichen. „Sie brauchen aber eine enge medizinische Anbindung“, meint Jäger. Und ganz entscheidend sei auch das Alter: „Krafttraining wird man keinem 13-Jährigen empfehlen.“
Immer mehr stark übergewichtige Kinder bekommen Probleme
Viel mehr Arbeit bereitet dem Orthopäden das andere Extrem: Mädchen und Jungen, die sich zu wenig bewegen. „Wir sehen immer mehr stark übergewichtige Kinder und Jugendliche. Und hier liegt das Problem in den Familien. Diese Kinder konsumieren Softdrinks in Mengen, haben überhaupt keine Bewegung mehr, sitzen den ganzen Tag nur am Smartphone oder I-Pad.“
Träge Kinder - „ein soziales Problem“
Übergewicht und Bewegungsmangel bei Kindern ist nach Einschätzung von Prof. Dr. Marcus Jäger in hohem Maße „ein soziales Problem“.
Der Bildungsstand der Familien spiele eine entscheidende Rolle.
Die betroffenen Kinder sollten frühzeitig in Gruppen integriert werden, idealer Weise beim Sport.
Manche seiner jungen Patientinnen und Patienten sind so übergewichtig, dass sie X-Beine entwickeln. Hier greifen die Orthopäden im schlimmsten Fall operativ ein. Die Corona-Pandemie habe einigen eine willkommene Ausrede geboten, auf Sport völlig zu verzichten, sagt Prof. Jäger, und hofft, dass die Angebote bald wieder anlaufen. „Gruppensport ist ganz wichtig.“ Wichtiger als Meisterschaften und Medaillen.