Mülheim. . Weil die Staatsanwaltschaft erst spät von den Todesfällen erfahren hat, bleiben die Todesursachen unklar. Die Leichen sind eingeäschert.
- Die vier Todesfälle im Evangelischen Krankenhaus können nicht mehr vollständig aufgeklärt werden
- Die Staatsanwaltschaft hat zu spät von dem Legionellen-Ausbruch erfahren
- Krankenhaus desinfiziert alle Leitungen im Haus und lässt Trinkwasser überprüfen
Die Duisburger Staatsanwaltschaft kann sich keine Hoffnungen machen auf ein fundiertes Ermittlungsergebnis zu den vier Todesfällen im September im Evangelischen Krankenhaus, die infolge des Legionellen-Ausbruchs zu bedauern waren. Die Leichen der betroffenen Patienten, so stellte die Ermittlungsbehörde nun gegenüber dieser Zeitung fest, sind längst eingeäschert – auch weil Ärzte in den entsprechenden Totenscheinen einen natürlichen Tod festgestellt hatten.
Krankenhaus und Mülheimer Gesundheitsamt hatten den Legionellen-Ausbruch von Anfang September erst auf Nachfrage dieser Zeitung Ende September bestätigt. Im Krankenhaus waren zuvor 16 Patienten an einer sogenannten Legionellen-Pneumonie, einer schweren Form der Lungenentzündung, erkrankt.
Ministerium hatte Fall am 29. September bestätigt
Als Erstes hatte das NRW-Gesundheitsministerium am 29. September Informationen dieser Zeitung zu dem Legionellen-Ausbruch im Krankenhaus bestätigt. Es hieß, dass unter den 16 infizierten Patienten „auch vier Personen waren, die an schwersten Grunderkrankungen litten und inzwischen verstorben sind. Ob und inwieweit die Legionellen-Infektionen zum Tod dieser Patienten beigetragen haben, kann weder bestätigt noch ausgeschlossen werden“, hieß es seinerzeit.
Die Duisburger Staatsanwaltschaft, die davon aus der Zeitung erfuhr, erklärte prompt, dass die Todesfälle in jedem Fall Anlass für Ermittlungen sein würden. Die zuständige Staatsanwältin bestätigte nun, dass die Polizei Essen im Vorermittlungsverfahren damit betraut sei, „den Sachverhalt zu überprüfen“.
Leichen der verstorbenen Patienten sind eingeäschert
Auch die tatsächliche Todesursache würde die Ermittler interessieren, doch „eine Obduktion ist sehr schwierig“, sagte die Staatsanwältin zunächst. Um dann auf Nachfrage zu erklären: Die Leichen sind längst eingeäschert. Eingehende Untersuchungen zur Todesursache könnten deshalb nicht mehr veranlasst werden.
Gesetzlich ist in Deutschland geregelt, dass Polizei und Staatsanwaltschaft zur Aufklärung verpflichtet sind, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Todesart ungeklärt ist. Hierzu ist ein Todesermittlungsverfahren einzuleiten und die Leiche zu beschlagnahmen, damit festgestellt werden kann, ob der Tod auf fremdes Verschulden, auch fahrlässiges, zurückzuführen ist.
Totenscheine weisen natürlichen Tod aus
Die Staatsanwaltschaft sagt zu den vier Todesfällen im Zuge des Legionellen-Ausbruchs in Mülheim, dass auf den im Krankenhaus erstellten Totenscheinen laut Auskunft der ermittelnden Polizei offenbar durchgängig ein natürlicher Tod festgestellt worden sei.
Der ehemalige Ermittler Heinz Sprenger aus Mülheim sieht ein grundsätzliches Problem im Leichenschauwesen. „Es muss dringend verbessert werden. Es kann nicht sein, dass derjenige den Totenschein ausfüllt, der wie das Krankenhaus jetzt den Patienten auch behandelt hat. Damit hat er die Hoheit zu entscheiden, ob es zu Ermittlungen kommt oder nicht.“
Ehemaliger Ermittler sieht Mängel im System
Sprenger hat in seiner Zeit als Ermittler vielfach mit Behandlungsfehlern von Ärzten zu tun gehabt, er sieht einen gravierenden Mangel im System: „Dann gehen Ärzte hin, bescheinigen den natürlichen Tod – und wenn es gut geht, werden die Ermittlungsbehörden außen vor gehalten und erfährt niemand von ihrem Fehler, auch wenn er fahrlässig war.“ Dass es auch anders gehe, zeige als einziges das Bundesland Bremen. „Dort gibt es eine strikte Trennung zwischen Leichenschau und behandelnden Ärzten.“
Diese Zeitung hatte das Evangelische Krankenhaus am vergangenen Freitag mit Frist zum Montagnachmittag um Stellungnahme gebeten. Am Montagabend hieß es, es sei bislang nicht möglich, die „Aussage der Staatsanwaltschaft zu validieren“.
Trinkwassersystem wird am Mittwoch desinfiziert
Das Evangelische Krankenhaus (EKM) kündigt für Mittwoch die thermische Desinfektion seines von Legionellen befallenen Trinkwassersystems im Haus B, in einem Teil des Zentralgebäudes und auf den Stationen 43 und 44 an. Die Desinfektion sei mit dem Gesundheitsamt abgestimmt und Teil des Modernisierungskonzeptes. Ferner sei die räumliche Trennung von Warm- und Kaltwasserleitungen bereits abgeschlossen, heißt es.
Die Sterilfilter, die seit dem Legionellenfund an allen Wasserentnahmestellen der Klinik angebracht seien, sollen während der Desinfektion installiert bleiben. Nachdem am 8. November auch eine thermische Desinfektion der Wasserleitungen in den Häusern A und C abgeschlossen sei, werde das Trinkwasser erneut beprobt. Lägen die Ergebnisse vor, werde in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt entschieden, „ob die Filter im gesamten Haus entfernt werden können“.
Krankenhaus muss ohne Warmwasser auskommen
Für Patienten und Besucher hat die aktuelle Desinfektions-Aktion zur Folge, dass die Warmwasserzufuhr von Dienstagabend bis zum späten Mittwochnachmittag gesperrt bleibt. Wo eine Sperrung nicht möglich sei, würden Hinweisschilder angebracht, dass bei Benutzung eine Verbrühung drohe. „Die Versorgung der Patienten erfolgt in diesem Zeitraum mit speziellen feuchten Waschhandschuhen“, heißt es in der Mitteilung des Krankenhauses.