Mülheim. Seit Jahren ärgern sich Radler über fahrradunfreundliche Baustellen in Mülheim. Ein neuer Leitfaden soll den Fuß- und Radverkehr verbessern.

Ein unvermitteltes „Radweg Ende“ oder ein lapidares „Radfahrer absteigen“ gehören für Fahrradfahrer offenbar zum ,guten Ton’ in der Baustellen-Stadt Mülheim. Aktuell etwa vor der neuen Straßenbahnhaltestelle der Leineweberstraße. Wie man von dort legal weiterkommt, darf der Radler oft selbst ausknobeln. Seit Jahren sorgt das mangelhafte Baustellen-Management der Stadt für Ärger und beim Fahrradklima-Test des ADFC für miserable Schulnoten. Doch geändert hat sich wenig - bislang.

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Ziel: Fußgänger und Radler sollen Baustellen hindernisfrei passieren können

Denn nun schlagen die Grünen konkrete Regeln vor, damit Radler künftig eben nicht mehr vor Baustellenbaken stehen wie der berühmte Ochs vorm Berg. Grundlage soll ein im vergangenen Jahr erstellter Leitfaden der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Städte (AGFS) sein, zu denen sich auch Mülheim zählt.

Ziel muss es sein, dem Radverkehr ein durchgängiges, komfortables Netz an Wegen und Straßen anzubieten, zu Fuß Gehenden muss ein hindernisfreies und komfortables Passieren der Baustelle ermöglicht werden“, heißt es darin.

Vorbeiradeln, ohne absteigen zu müssen

Eng und gefährlich: Baustellen wie noch im November 2020 an der Mülheimer Straße (Duisburg) sollen künftig mit ausreichenden Breiten für Fußgänger und Radfahrer umfahren werden können.
Eng und gefährlich: Baustellen wie noch im November 2020 an der Mülheimer Straße (Duisburg) sollen künftig mit ausreichenden Breiten für Fußgänger und Radfahrer umfahren werden können. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Demnach soll als wichtigste Neuerung zum Beispiel der Fuß- und Radverkehr entlang der Baustelle fortgeführt werden, ohne dass der Radler absteigen muss. Statt sich an Baustellen irgendwie vorbeiquetschen zu müssen – wie derzeit noch häufig der Fall –, müssen dort die erforderlichen Breiten für Fußgänger (empfohlen: 1,30 Meter) wie Radfahrer (empfohlen: 1 Meter) eingerichtet werden. Das derzeit noch oft verwendete Zusatzzeichen 1012-32 „Radfahrer absteigen“ soll hingegen nicht mehr verwendet werden.

Ist die Weiterleitung auf der Seite der Baustelle nicht möglich, müssen Querungshilfen etwa auf die andere Straßenseite eingerichtet werden. Solche Weiterleitungen etwa auf die Straße sind dann mit Leitbaken und Anrampung zum Schutz der Radler zu sichern. Auch müssen Umleitungen um die Baustelle durchgehend beschildert werden.

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Mobilitätsausschuss beschließt Leitfaden einstimmig

Den Vorstoß der Grünen im Mobilitätsausschuss begrüßte auch die gescholtene Stadtverwaltung. Sie sieht Versäumnisse jedoch ebenso bei den Bauunternehmen, die für eine klare Beschilderung und die Sicherung zuständig seien. Nur hielten diese sich nicht immer daran.

Weiteres Problem: Offenbar wird dies von Seiten der Stadt nicht ausreichend kontrolliert, weil dafür Personal fehle. Carsten Voß, sachkundiger Bürger für die Grünen im Ausschuss, schlug daher vor, dass die beauftragten Unternehmen die korrekte Umsetzung der Maßnahmen mit Fotos belegen und an die Stadt schicken sollten. „Ein Handy hat doch fast jeder dabei.“

Einstimmig beschloss der Mobilitätsausschuss den AGFS-Leitfaden, der endlich Besserung bringen soll. Für Voß ist „erkennbar, dass es endlich eine höhere Akzeptanz in der Verwaltung gibt, Fußgänger und Fahrradfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer zu sehen“. Axel Hercher, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, ging mit der Stadt noch einmal ins Gericht: „42 Prozent der Befragten im Fahrradklimatest gaben dem Baustellenmanagement ein ,Ungenügend’ – wir müssen dringend handeln.“