Mülheim. . Die Fahrradmobilität kommt in Mülheim nicht voran. Denn auch ihr Ausbau hängt am ÖPNV. Ihn bräuchte man, um den Autoverkehr reduzieren zu können.

Aktuell reden alle vom Nahverkehr: Doch auch der Fahrradverkehr in Mülheim tritt trotz weitergeführten Radschnellwegs weiterhin auf der Stelle, ein Paradigmenwechsel hin zu alternativer Mobilität scheint nicht in Sicht. Die Innenstadt steckt damit in einem größeren Verkehrsdilemma: Für den Autoverkehr ist sie an vielen Stellen zu verbaut und zu eng geworden, für den ÖPNV fehlen die Mittel. Das Rad könnte in die Bresche springen.

Doch gerade in Bereichen, die für einen Wechsel vom Auto zum Fahrrad eine wichtige Rolle spielen, wie die Kontrolle von Falschparkern, Führung an Baustellen, Ampelschaltungen und Winterdienst auf Radwegen, kann die Stadt nicht punkten. Beim Fahrradklimatest 2018 des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) für die Stadt Mülheim rutschte die Ruhrstadt von der Schulnote „ausreichend“ (4,0) weiter ab in Richtung Vier Minus. Im NRW-Städtevergleich fiel sie von Platz sechs weiter zurück auf Rang 14 von insgesamt 16 Städten.

Schlechte Bewertung der Fahrradfreundlichkeit ist Zeichen gestiegenen Anspruchs

Die Grünen baten daher jüngst um Stellungnahmen, welche Maßnahmen Mülheim in der Vergangenheit unternommen habe, um die seit Jahren kritisierten Bereiche zu verbessern. Die Kritik nahm der Stadtplanungsdezernent Peter Vermeulen jedoch nur bedingt an: „In Mülheim katalysierte sich die Unzufriedenheit insbesondere am RS1, da hier eine vermeintliche Kluft zwischen hohem Anspruch und Wirklichkeit wahrgenommen wurde und sich in den sozialen Medien verstärkte“, weist Vermeulen in einer Stellungnahme die Kritik teilweise zurück.

Eine Radfahrerin fährt im dichten Autoverkehr über die Kreuzung Friedrichstraße/Leineweberstraße/Berliner Platz in Mülheim.
Eine Radfahrerin fährt im dichten Autoverkehr über die Kreuzung Friedrichstraße/Leineweberstraße/Berliner Platz in Mülheim. © Funke Foto Services | Martin Möller

Die zunehmend schlechtere Bewertung der Mülheimer Fahrradfreundlichkeit sei vielmehr Zeichen eines allgemein gestiegenen Anspruchs, so der Dezernent. Zudem habe der Ärger um den häufig defekten Fahrstuhl am RS1, den 2017/2018 nicht geleisteten Winterdienst und die Vermüllung aufgrund fehlender Abfalleimer die negative Bewertung verstärkt. In den beiden letzteren Fällen sieht Vermeulen die Zuständigkeit jedoch beim RVR.

Städtische Baumaßnahmen seien in der Minderheit

Ähnlich abwehrend argumentiert die Stadt auch mit Blick auf das oft kritisierte Baustellenmanagement. Die vielen Baustellen in der jüngsten Vergangenheit und die damit verbundenen Behinderungen „führen bereits unvermeidlich zu einer Abwertung, obwohl bei städtischen Baumaßnahmen der Radverkehr immer, wenn auch nicht immer prioritär berücksichtigt wird“. Die städtischen Baumaßnahmen seien „ohnehin in der Minderheit“.

Auch bei der oft beanstandeten Ampelschaltung an der Mühlenbergkreuzung, wo Radfahrer in Richtung Stadthalle auf der Verkehrsinsel umständlich warten müssen, während der Autoverkehr in dieselbe Richtung noch fließt, stellt Vermeulen fest, „dass hier vorerst keine Verbesserungen umgesetzt werden“.

Frage nach Kontrolle von Falschparkern nicht beantwortet

Für den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen, Axel Hercher, sind die Antworten der Verwaltung „unbefriedigend. Ich höre von diesen Problemen gerade beim Baustellenmanagement seit vielen Jahren – und ebenso von den Gründen, warum sich nichts ändert“. Ebenso unbefriedigend sei es, dass die Stadt auf die Frage nach der Kontrolle von Falschparkern erst gar nicht eingegangen sei.

„Wir wissen, dass die Stadt nur wenig Ordnungskräfte hat“, räumt Hercher zwar ein, doch es käme auch vor, dass Falschparker auf Rad- und Fußwegen nicht konsequent verfolgt würden. Als Beispiele nennt der Grüne die Straße Delle hinter der Sparkasse, den Parkplatz vor der FDP sowie die Fläche vor dem Kunstmuseum. Dort käme es fast täglich zu Verstößen.

Autoverkehr in der Mülheimer Innenstadt müsste reduziert werden

Aus Sicht der Grünen müsste der Autoverkehr besonders in der Innenstadt deutlich reduziert werden, um Fahrrad und Fußgängern mehr Platz einräumen zu können. Voraussetzung dafür sei aber, so Hercher, auch ein guter und funktionierender Nahverkehr, „doch für einen Ausbau des ÖPNV fehlt der Stadt das Geld“.