Mülheim. Die Corona-Pandemie belastet die kommunalen Haushalte immens. Steuern fallen weg, Einnahmen gehen zurück. Das ist die genaue Belastung Mülheims.

Mit 60 bis 70 Millionen Euro Miesen hatte Mülheims Kämmerer Frank Mendack bereits im April 2020 gerechnet. Nun, nach gut einem Jahr Corona, lässt sich eine erste Zwischenbilanz ziehen. Was kostet Mülheim die Pandemie tatsächlich? Wo gibt die Stadt mehr Geld aus, wo nimmt sie weniger ein? Was wird von Land und Bund übernommen? Und wo entstehen eventuell sogar Gewinne? Eine Übersicht.

Mülheimer Diagnosezentrum und Impfzentrum: Stadt trägt die Kosten der Infrastruktur

Die Einrichtung des Impfzentrums hat die Stadt rund 26.000 Euro gekostet, das Diagnosezentrum mit Behelfskrankenhaus noch deutlich mehr: 133.000 Euro mussten für Defibrillations-, EKG- und Beatmungsgeräte investiert werden, 45.000 Euro für die EDV-Ausstattung und den Bürobedarf. Als Räumlichkeiten konnten die vorhandenen Holzhäuser genutzt werden.

Die Kosten für die Einrichtung für den Bereich Social Media, inklusive dem „Command Center“ im Impfzentrum, dem Diagnosezentrum und dem Behelfskrankenhaus belaufen sich auf rund 33.000 Euro. Die Kosten für die Einrichtung des Impfzentrums werden von Bund und Land jeweils zur Hälfte getragen. Persönliche Schutzausrüstung und Impfzubehör werden direkt vom Land beziehungsweise der Kassenärztlichen Vereinigung gestellt.

Tests und Impfungen – keine finanzielle Belastung für die Kommune

Lässt sich ein Patient mit Symptomen testen, zahlt die Kassenärztliche Vereinigung. Menschen ohne Symptome tragen die Kosten selbst. Die Stadt hat 2020 etwa 6000 Euro für Tests von eigenen Mitarbeitern ausgegeben.

Die Kosten für Impfungen werden über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet. Da der österreichische Investor Soravia der Stadt gratis die Räumlichkeiten für den Betrieb des Impfzentrums zur Verfügung stellt, muss die Stadt nur die Nebenkosten von etwa 5000 Euro monatlich aufbringen. 2000 Euro pro Monat kostet zudem die regelmäßige desinfizierende Reinigung. Der Sicherheits- und Bewachungsdienst schlägt mit 30.000 Euro pro Monat zu Buche. Die Kosten des Impfzentrums werden ebenfalls von Bund und Land erstattet.

Zusätzliche Personalkosten: 1,5 Millionen Euro für nicht genommenen Urlaub

Der zusätzliche Personalbedarf in der Pandemie konnte von der Stadt, so Mendack, größtenteils durch interne Verschiebungen aufgefangen werden. Die Bundeswehr unterstützt die Stadt kostenlos. 200.000 Euro wurden trotzdem für zusätzliches Personal ausgegeben. Für nicht genommenen Urlaub musste die Stadt 1,5 Millionen Euro zurückstellen.

Das Impfzentrum wird größtenteils vom Deutschen Roten Kreuz und den Johannitern betrieben. Die 220.000 Euro Kosten für die etwa 40 Mitarbeiter werden über das Land NRW abgerechnet. Die eingesetzten Ärzte bezahlt die Kassenärztliche Vereinigung. Laut KV-Sprecher Stephan von Lackum bekommt jeder Impfarzt 150 Euro die Stunde, die leitenden Impfärzte 200 Euro die Stunde. Sie leisten Zwölf-Stunden-Schichten. Zehn Mitarbeiter der Feuerwehr und der Verwaltung unterstützen den Betrieb vor Ort.

Einbruch der Gewerbesteuer – keine volle Erstattung des Bundes

Im Vergleich zur Planung für 2020 beläuft sich der tatsächliche Einbruch der Gewerbesteuer 2020 auf 37,2 Millionen Euro. Demgegenüber stehen Verbesserungen durch eine geringere abzuführende Gewerbesteuerumlage in Höhe von 2,1 Millionen Euro und einer Gewerbesteuererstattung (durch Bund und Land) in Höhe von 10,5 Millionen Euro, so dass unterm Strich ein Minus von 24,6 Millionen Euro bleibt.

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Der Gemeindeanteil der Umsatzsteuer ist um 1,7 Millionen Euro zurückgegangen. „Für den Einbruch ergibt sich aber eine entsprechende Kompensation, sodass die Stadt Mülheim hier keine Einbußen erleiden muss“, sagt Frank Mendack.

Dafür ergeben sich hohe Verluste beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer: 7,5 Millionen Euro nimmt Mülheim für 2020 weniger ein. Die Vergnügungssteuereinbußen liegen bei einer Million Euro.

Kita- und OGS-Beiträge erstattet – eine Million Euro Verlust

Für das Jahr 2020 wurden im Bereich der OGS rund 400.000 Euro an Elternbeiträgen für die Monate April bis Juli nicht erhoben. Das Land erstattet allerdings die Hälfte der Verluste.

Im Kita-Bereich wurden im gleichen Zeitraum Elternbeiträge in Höhe von 1,6 Millionen Euro nicht berechnet. Davon trägt die Stadt die Hälfte der Kosten in Höhe von rund 800.000 Euro. Insgesamt ist durch die Übernahme der Elternbeiträge bei Kita und OGS somit ein Verlust von einer Million Euro entstanden.

Weil die Corona-Pandemie für mehr Arbeitslose gesorgt hat, entstehen auch hier höhere Kosten für die Städte. 500 zusätzliche corona-bedingte Bedarfsgemeinschaften sind in Mülheim entstanden, für die 2,3 Millionen Euro aufgewendet werden. Die Stadt erhält eine Erstattung von 1,6 Millionen Euro.

Bei den Schwimmbädern ist ein Schaden von gut 300.000 Euro entstanden: Ausfälle von Eintrittsgeldern und Vereinsgebühren haben ein Minus von 278.000 Euro in die Kasse gerissen, Mehraufwendungen im Naturbad in Höhe von 30.000 Euro gingen an die PIA.

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Von Linda Heinrichkeit und Dennis Vollmer

Und auch die Ruhrbahn fährt ein dickes Minus ein: Um 3,6 Millionen Euro wird das 2020er-Ergebnis belastet. Allerdings stehen dem Abschlagszahlungen von drei Millionen Euro durch den Corona-Rettungsschirm gegenüber. Die Zahlen sind noch vorläufig.

Plus bei den Veranstaltungen und Bußgeldern

In zwei Bereichen hat die Stadt durch die Corona-Pandemie Gewinne gemacht: Zwar sind ihr durch die Absagen von städtischen Veranstaltungen wie der Medl Nacht der Sieger, der Stücke oder auch des Castle Rock Einnahmen von etwa 1,2 Millionen Euro entgangen. Aufgrund der deutlich niedrigeren Aufwendungen allerdings gibt es ein Plus von 300.000 Euro.

Einnahmen von etwa 200.000 Euro kalkuliert der Kämmerer durch Einnahmen von Bußgeldern wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung. Allerdings laufen da noch einzelne Verfahren.

Insgesamt reißt Corona ein Loch von über 57 Millionen Euro in den städtischen Haushalt. Rund 18 Millionen Euro erstatten Land und Bund. Hinzu kommen Sonderhilfen aus dem Stärkungspakt, so dass ein Defizit von etwa 30 Millionen Euro bleibt.