Mülheim. Mülheims Wahlleiter Steinfort ruft zur Briefwahl auf. Sein Team musste neue Wahlräume finden. Was sich sonst noch ändert – und was er befürchtet.
Wahlen in Zeiten von Corona: Für den Mülheimer Wahlleiter Frank Steinfort und sein Team bedeutet das jede Menge Extraarbeit. Routinen vergangener Jahre mussten überdacht und zum Beispiel etliche neue Wahlräume gefunden werden. Wegen der hohen Infektionsgefahr für die Bewohner scheiden viele Altentagesstätten und Seniorenheime für die Kommunalwahl am 13. September aus. Apropos: Den besten Schutz für alle Bürger gibt es, wenn möglichst viele Menschen per Brief wählen. Steinfort und seine Mitarbeiter werben ausdrücklich dafür. Alle Infos zur Wahl.
Kommunalwahl in Mülheim: Wer gewählt wird
Rund 130.000 Mülheimer sind in diesem Jahr zur Wahl aufgerufen – und sie habe jede Menge zu tun: Vier Stimmzettel gilt es abzuarbeiten. Und für die rund 30.000 Bürger, die eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen und daher über die Besetzung des Integrationsrates mitbestimmen dürfen, sogar noch einen fünften.
Grau ist der Stimmzettel, auf dem das Kreuzchen für den künftigen Oberbürgermeister zu machen ist, grün der für den Stadtrat, pink der für die Bezirksvertretungen, lila der fürs Ruhrparlament des Regionalverbandes Ruhr, das erstmals von den Revier-Bürgern gewählt wird, und weiß gegebenenfalls der für den Integrationsrat. Den Stimmzetteln fehlen übrigens jeweils eine Ecke und sie sind zum Teil mit Löchern versehen – als Hilfe für Menschen mit Sehbehinderungen.
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Die Namen von zehn Oberbürgermeister-Kandidaten sind aufgelistet:
- Monika Griefahn (SPD)
- Marc Buchholz (CDU)
- Wilhelm Steitz (Grüne)
- Amrei Debatin (FDP)
- Alexander von Wrese (AfD)
- Jürgen Abeln (parteilos)
- Horst Bilo (parteilos)
- Martin Fritz (BAMH)
- Jochen Hartmann (parteilos)
- Andy Brings (Die PARTEI)
Die Wähler, so heißt es von der Stadt, sollten sich nicht irritieren lassen von der nicht durchgängigen Nummerierung der Kandidaten auf den Zetteln. Auf den ersten drei Plätzen stehen die Vertreter von SPD, CDU und Grüne; Nummer vier aber beispielsweise ist nicht vergeben. „Wir mussten uns nach dem letzten Wahlergebnis richten“, erklärt Rechtsamtsleiterin Bettina Döbbe – diesen Platz hatten bei der vergangenen Wahl die MBI errungen, die nun keinen eigenen Kandidaten stellen.
Wahllokale: Wie vor Ort gewählt werden kann
Die Stadt hat bereits damit begonnen, die Wahlbenachrichtigungen zu verschicken. Diese beziehen sich im Übrigen auch auf eine mögliche Stichwahl des Oberbürgermeisters, zu der es am Sonntag, 27. September, kommen würde, falls keiner der Kandidaten 50 Prozent der Stimmen erreicht.
Gewählt werden kann wieder per klassischem Gang zur Urne – von 8 bis 18 Uhr am Sonntag, 13. September. 108 Wahlräume gibt es, untergebracht in stadtweit 77 Gebäuden. An einigen Standorten gibt es gleich mehrere Wahlräume: So zum Beispiel im Schulzentrum Saarn, wo vier Wahllokale eingerichtet werden. 17 Wahlräume hat die Verwaltung coronabedingt verlegt.
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Passende Örtlichkeiten zu finden, war alles andere als einfach, berichtet Dirk Klever, Teamleiter Wahlen. Viele Telefonate waren erforderlich, Ortstermine und enge Absprachen mit dem Gesundheitsamt. Da die meisten Altenheime unter Corona-Bedingungen ungeeignet sind, werden die Urnen nun vor allem in Schulen, Kitas, kirchlichen und anderen karitativen Einrichtungen aufgebaut. „Wir haben versucht, Wahlräume innerhalb der Stimmbezirksgrenzen zu finden, das ist aber leider nicht überall gelungen“, so Klever. Die Wege zum Wahllokal also sind oft andere als gewohnt; sie können länger sein – aber auch mal kürzer. Im Internet können sich die Wähler anzeigen lassen, wo sie ihre Stimme abgeben können.
Briefwahl: Wie von zu Hause aus gewählt werden kann
Die Wege können auch ganz kurz sein – nämlich dann, wenn sich die Wähler für die Briefwahl entscheiden. Dass diesmal möglichst viele Menschen diesen Weg einschlagen, hofft Klever. „Wir werben ausdrücklich dafür – vor allem bei Menschen, die sich wegen Corona Sorgen machen. Unter den aktuellen Bedingungen ist dies die sicherste Wahlmöglichkeit.“
Vier Wege zur Briefwahl gibt es: Wahlschein und Briefwahlunterlagen können wie folgt beantragt werden: a) via Internetseite wahlschein.muelheim-ruhr.de, b) via Scannen des auf der Wahlbenachrichtigung befindlichen QR-Codes, c) via E-Mail an wahlbuero@muelheim-ruhr.de oder d) via klassischem Brief – dafür ist die Rückseite der Wahlbenachrichtigung auszufüllen.
Welche Besonderheiten es im Corona-Jahr gibt
Den „Wahlmarathon“ für den Spätsommer 2020 zu organisieren, war und ist eine „Herkulesaufgabe“, sagt Dirk Klever. Zwei Kollegen aus der Stadtverwaltung waren in den vergangenen Wochen fast rund um die Uhr damit beschäftigt, Räume zu finden – und vor allem das Hygienekonzept auf die Beine zu stellen. In jedem Wahlraum müssen Corona-Hinweisschilder angebracht werden, die unter anderem über den erbetenen Abstand informieren. Am Eingang werden Desinfektionsspender aufgestellt. Alle Türen werden offenstehen, um die Infektionsgefahr durch Berühren der Kliniken auszuschließen. Und natürlich soll ausreichend gelüftet werden. Außerdem sind die Bürger dazu aufgerufen, eigene Kugelschreiber zu verwenden.
366 Kandidaten treten zur Wahl des Stadtrates an
Auf dem Stimmzettel zur Wahl der Vertreter in der RVR-Verbandsversammlung – dem Ruhrparlament – stehen 21 Parteien und Wählergruppen. 57 Kandidaten treten zur Integrationsratswahl an und 235 Kandidaten zu den Wahlen der drei Bezirksvertretungen sowie 366 Kandidaten zur Wahl des Stadtrates.
Da keiner weiß, wie sich die Corona-Situation am 13. September darstellt, informiert die Stadt fortlaufend auf ihrer Internetseite /www.muelheim-ruhr.de über den aktuellen Stand der Dinge.
Am Wahlabend wird zuerst die OB-Wahl ausgezählt, danach die Ratswahl, dann die Wahl der Bezirksvertretungen und abschließend die RVR-Wahl. Mit den letzten Ergebnissen ist nach Mitternacht zu rechnen, hieß es beim Pressegespräch am Donnerstag.
Die Stimmen zur Wahl des Integrationsrates werden erst am 16. September ausgezählt.
An Standorten mit mehreren Wahlräumen wird die Stadt den Wahlhelfern Ordnungskräfte zur Seite stellen. Das zusätzliche Personal soll unter anderem auf Abstandsverstöße hinweisen. „Wir appellieren an alle Bürger, sich an die Regeln zu halten“, sagt Klever, „vor allem auch die Maske aufzusetzen.“ Stadtdirektor Steinfort als Wahlleiter bedauert es, dass das aktuelle Corona-Recht nicht klipp und klar vorschreibt, dass Masken zu tragen sind. „Es heißt nur, dass Vorkehrungen zu schaffen sind, für den Fall, dass Menschen ohne Maske kommen. Näher definiert ist das nicht.“ Die Kommunen hätten sich klar für eine Maskenpflicht ausgesprochen – man hoffe nun darauf, dass der Landtag noch tätig wird, es vielleicht noch einen entsprechenden Erlass gibt.
Man denke aber auch darüber nach, was passiert, wenn sich einzelne Wähler nicht an die Vorsichtsmaßnahme halten und partout ohne Maske zur Urne schreiten wollen. „Denkbar ist, dass wir dann auch mal einen Wahlraum räumen lassen, dass also alle draußen warten müssen, bis die eine Person gewählt hat.“ Man setze auf sozialen Druck. Noch sei nicht abschließend geklärt, wie mit solch komplizierten Situationen umgegangen werden soll. Eines aber sei klar: „Wenn uns einer provozieren will, werden wir reagieren.“
Wahlhelfer in Mülheim: Wer die Wahl stemmt
Wie immer stehen die Wahlhelfer an vorderster Front. Weil die Situation anders ist als in all den Jahren zuvor und womöglich manch ungeahnte Frage anfällt, wird die Stadt für die Wahlhelfer eine Info-Hotline schalten. 1200 Frauen und Männer braucht man an diesem Tag, sowohl bei der Kommunalwahl selbst, als auch bei der möglichen Stichwahl. „Noch fehlen uns rund 150 Wahlhelfer“, so Dirk Klever, Teamleiter Wahlen. „Manche Altgedienten haben abgesagt, weil sie zur Risikogruppe gehören oder weil sie einfach Sorge wegen Corona haben.“ Die Wahlhelfer bekommen hochwertige Masken gestellt.
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Bei der Wahl in den Stimmbezirken von 8 bis 18 Uhr sind eine Morgenschicht und eine Nachtschicht angedacht; die 40 Briefwahlvorstände treffen sich um 14 Uhr. Bei der Auszählung am Abend müssen alle Wahlhelfer anwesend sein. Sie erhalten für ihren Dienst an der Demokratie eine nach Aufgaben gestaffelte Entschädigung von bis zu 70 Euro – und nehmen an einer Verlosung von Preisen mit einem Gesamtwert von etwa 10.000 Euro teil.
Unter 455-3033 oder -3034 sowie wahlhelfer@muelheim-ruhr.de erhalten Interessierte Auskunft.