Mülheim. Der Mülheimer Oberbürgermeister Ulrich Scholten verzichtet auf eine Kandidatur für die mögliche zweite Amtszeit. Seine Ärzte haben ihm abgeraten.
Manche Bürger sind enttäuscht. Andere hatten es gehofft. Eine Minigruppe Interessierter hat darauf hingearbeitet: Oberbürgermeister Ulrich Scholten wird zur Kommunalwahl am 13. September für eine zweite Amtszeit nicht mehr kandidieren. Seinen Verzicht begründet Scholten klar: „Die Ärzte gehen derzeit von einer dauerhaften Dienstunfähigkeit aus. Diese Prognose macht eine erneute Kandidatur unmöglich.“ Bis Montagabend, 18 Uhr, konnten Bürgerinnen und Bürger ihre Kandidatur zur Kommunalwahl anmelden. Ulrich Scholten verzichtete wenige Stunden vor Ablauf dieser Frist aus gesundheitlichen Gründen auf eine mögliche Wiederwahl.
Er sei in den letzten Monaten von verschiedenen Seiten auf eine erneute Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Mülheim angesprochen worden. Andere wollten schon wenige Wochen nach seiner Herzoperation wissen: „Wann schmeißt er endlich hin?“ Auch gab es Fragen, die lauteten: „Ist er wirklich krank, wenn er dienstliche Termine wahrnehmen kann?“ Der noch amtierende, wenn auch krankgeschriebene, Oberbürgermeister antwortete auf solche Spekulationen nicht.
Mit seiner Entscheidung habe er sich bis zum „letztmöglichen Termin Zeit gelassen, weil ich nach meiner kardio- und neurologischen Erkrankung und den damit verbundenen Eingriffen von den behandelnden Ärzten eine sichere Einschätzung bekommen wollte, ob ich in Zukunft gesundheitlich den Strapazen des Amtes gewachsen bin“, stellt Ulrich Scholten klar.
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„Die abschließenden Untersuchungen in der letzten Woche haben mir wenig Hoffnung gemacht. Ich akzeptiere diese Umstände, die zu einem endgültigen Kandidaturverzicht führen müssen, nur schweren Herzens. Vor fünf Jahren bin ich mit einer stolzen Mehrheit von 57,1 Prozent von den Mülheimerinnen und Mülheimern in einer Direktwahl ins Amt getragen worden“, erinnert Scholten.
Mehrere Versuche, ihn aus dem Amtzu drängen
Seit Jahren stand Scholtens Amtszeit unter keinen guten Sternen: „Der schwere Verlust in meiner Familie, die unberechtigten – und inzwischen juristisch zu meinen Gunsten geklärten – Anwürfe aus Teilen der SPD-Fraktion und auch die jüngsten Versuche, meine Reputation zu zerstören, haben sicherlich nicht gerade zur Verbesserung meines Gesundheitszustands beigetragen.“
Alle diese Vorgänge waren und seien „eine Belastung für mich. Sie treffen auch viele Sozialdemokraten in Mülheim“. Die wenigen SPD-Fraktionsmitglieder, die diese „Intrigen gegen mich losgetreten haben, beschädigten damit nicht nur das Amt des Oberbürgermeisters. Sie vergifteten die politische Kultur in unserer Stadt – und sie belasteten auch den Ruf unserer Kommune über ihre Grenzen hinaus“, zieht Scholten sein Fazit.
Die Arbeit gern und mit Engagement gemacht
Dennoch blicke er „ohne Groll“ zurück. „Meine Arbeit für die Stadt habe ich sehr gern - und mit großem Engagement - machen dürfen.“ Er habe von Bürgerinnen und Bürgern „große Unterstützung für das Erreichen meiner politischen Ziele“ erfahren. Sehr beeindruckend seien viele Begegnungen während „meiner Bürgergespräche“ im letzten Jahr gewesen. „Diese hätte ich gerne fortgesetzt.“
Scholten bedankt sich bei den Mülheimern „für Ihre Loyalität, Ihre Solidarität und auch Ihren persönlichen Zuspruch in schweren Stunden. Hoffen wir gemeinsam, dass die Stadt nach den Kommunalwahlen zu einem besseren Miteinander, zu mehr Fairness und weniger Misstrauen im Umgang findet“, sagt Scholten.
Die SPD unter Führung von Rodion Bakum und ihrer Oberbürgermeisterkandidatin Monika Griefahn „sehe ich hier auf einem guten Weg. Ich bedauere es sehr, dass ich an diesem notwendigen Prozess nun nicht mehr in einem politischen Amt mitwirken kann. Für diese so dringend notwendige Veränderung der politischen Kultur in Mülheim, müssen möglichst viele Menschen die Demokratie in unserer Stadt unterstützen.“ Scholten appelliert an die Bürger: „Gehen Sie zur Wahl.“
Nach eigenen Aussagen ist der Oberbürgermeister seit Ende 2018 gesundheitlich beeinträchtigt. Seine Lage verschlimmerte sich massiv im Oktober 2019 mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Im Januar musste Ulrich Scholten am Herzen operiert werden. Nach seinem Krankenhausaufenthalt begann er im Februar die Reha. Danach war er weiter arbeitsunfähig.
Scholten nahm noch vereinzeltTermine wahr
Obwohl Scholten bereits vor seiner Operation arbeitsunfähig war, nahm er in unregelmäßigen Abständen Termine wahr. Das kritisierten Mitglieder der SPD sowie anderer Parteien. Während Scholtens Dienstunfähigkeit übernehmen die Bürgermeisterinnen Margarete Wietelmann (SPD) und Ursula Schröder (CDU) die repräsentativen Aufgaben. Die Stadtverwaltung führt Stadtdirektor Frank Steinfort.