Herne. Die erste Stadtterrasse in Herne sorgt weiter für Zoff: Die CDU schimpft, die SPD lobt. Was die Paten sagen, und wie es 2024 weitergeht.
Wie geht es mit den Stadtterrassen in Herne weiter? Jetzt, im Herbst, schaut die Stadt ins kommende Jahr und kündigt an, dass 2024 vier weitere dieser hölzernen Plattformen mit Bänken auf Parkplätzen aufgestellt werden sollen. Unterdessen geht in der Politik der Streit um die Stadtterrassen weiter. Die Premiere in diesem Jahr auf dem Eickeler Markt sei krachend gescheitert, bilanziert die CDU. Der Koalitionspartner SPD sieht das völlig anders – ebenso die Eickeler Grünfinken, die sich als „Paten“ um die erste Stadtterrasse in Herne kümmern.
Stadtterrasse? Das ist ein 15.000 Euro teures Holzdeck zum Verweilen, auf dem etwa Bänke, Tische oder Beete installiert werden können. Außerdem sollen darauf Veranstaltungen stattfinden. Dafür fallen für einige Monate Parkplätze weg. Die Idee dahinter, die schon in mehreren Städten ausprobiert wurde: Den Menschen soll auf diese Weise Raum zurückgegeben werden, der sonst nur für geparkte Autos genutzt wird. Nachdem sich die Politik kurz vor dem Sommer nicht auf einen Standort einigen konnte, rief die Stadt einen Wettbewerb aus. Jeder, der wollte, konnte einen Vorschlag bei der Stadt einreichen. Das Rennen machten die Herner Grünfinken, eine Gruppe, die sich um Eickel kümmert, dort etwa Beete pflegt.
CDU Herne ernüchtert über Modellversuch
Die CDU, die das Thema in der Sitzung des Ausschusses für Digitales, Infrastruktur und Mobilität auf die Tagesordnung setzen ließ, zeigt sich ernüchtert von dem ersten Modellversuch. Eine deutliche Mehrheit der Eickeler Bürgerinnen und Bürger, so CDU-Ratsherr Andreas Barzik, beschwere sich über das Aussehen der Stadtterrasse; sie sehe aus wie zusammengeschraubte Holzkisten. Schlimmer noch sei der Ort: Parkplätze würden blockiert, obwohl auf dem Eickeler Markt daneben Platz genug für eine Stadtterrasse wäre.
Vor allem aber gebe es seit dem Start „keinerlei Aktivitäten von Belang“. „Das so gelobte ,Gemeinschaftsgefühl’, die Kulturprogramme oder die Nachbarschaftstreffs fanden nie oder zumindest nicht zählbar und ohne Beteiligung einer Vielzahl von Eickelern statt“, so Barzik. Kurzum: „Die Bürger schäumen“, sagte er im Ausschuss, und kritisierte zugleich die Stadt: Sie habe den Modellversuch übers Knie gebrochen.
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Ruth Gerth von den Eickeler Grünfinken zog eine ganz andere Bilanz. Zwar habe die Gruppe kurzfristig den Zuschlag bekommen, sie habe aber dennoch etwas in Bewegung setzen können. So habe es in den vergangenen zwei Monaten auf der Stadtterrasse viele nette Gespräche gegeben, Bezirksbürgermeister Adi Plickert und SPD-Chef Hendrik Bollmann hätten dort Sprechstunden abgehalten, außerdem habe es einen Nachmittag mit Musik gegeben. Nicht zuletzt säßen dort regelmäßig Menschen. Kurz: „Stadtterrassen bieten tatsächlich mehr als nur eine Bank, die da steht“, sagte sie im Ausschuss. Und: „Menschen brauchen so was, um sich zu treffen.“
Der „große Protestmarsch“, antwortete sie in Richtung CDU, sei übrigens ausgeblieben. Auch sei die Stadtterrasse nicht vermüllt worden, und gerade mal zwei Blumen seien in den zwei Monaten gestohlen worden. „Das empfinden wir als große Auszeichnung.“ Und was die verlorenen Stellplätze angeht, stellt sie fest: „Auch mit ein paar weniger Parkplätzen bricht nichts zusammen.“
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Dass die Stadtterrassen dennoch mehr Potenzial haben, wollte sie nicht verhehlen. Mehr Gruppen sollten künftig eingebunden werden, denkbar seien viel mehr Veranstaltungen, zum Beispiel Kinderflohmärkte oder Pflanzentauschbörsen. „Unsere Bitte an die Stadt: Lasst euch was einfallen“, so Gerth.
Hernes Bezirksbürgermeister sollen Vorschläge machen
Die Stadt hat zunächst einen Fahrplan für das kommende Jahr aufgestellt. Die vier Bezirksbürgermeister sollen Vorschläge machen, wo eine Stadtterrasse in ihrem Bezirk aufgestellt werden soll, kündigte Michaela Bonan von der Stadt im Ausschuss an. Die Stadt wolle diese Standorte dann prüfen. Eingebunden werden soll auch die Wewole, die ehemalige Werkstatt für Behinderte. So könnte aus den Stadtterrassen „auch ein sozialpolitisches Projekt gemacht werden.
Auch hier gibt es Bedenken von der CDU. Wo die Stadtterrassen im nächsten Jahr hinsollen, dürften „nicht einsam die Bezirksbürgermeister entscheiden“, sagte Andreas Barzik. Die Politik müsse eingebunden werden, forderte er. Keine Bedenken hat dagegen der Kooperationspartner SPD. Die Stadtterrassen seien „eine schöne Option für die Zukunft“, so Ratsherr Michael Zyweck. Es sei aber „mehr Kommunikation nötig“, um den Modellversuch zu erklären. Auch müsse er weitergeführt werden.
Deutlicher wurde am Ende der Diskussion Roberto Gentilini, der Ausschussvorsitzende. Der SPD-Ratsherr warnte davor, das Thema zu zerreden. Durch die Stadtterrasse, so seine Bilanz, habe sich am Eickeler Markt „die Aufenthalts- und Lebensqualität deutlich erhöht“. Im Übrigen, sagte auch er in Richtung CDU, habe er dort „noch nie eine Parkplatz-Not gehabt“. Für die Zukunft, forderte er, müssten weitere Akteure eingebunden werden, darunter Stadtmarketing, das Kulturbüro und der städtische Fachbereich Kinder-Jugend-Familie. Die Idee, nun die Bezirksbürgermeister einzubinden, sei ein „gutes Vorgehen“.