Herne. Unbekannte tauschen in Herne ein Tempo-50-Schild gegen 30 aus. Die Polizei fällt drauf rein und blitzt. Nur ein Fahrer bekommt sein Geld zurück.

Mehr als 100 vermeintliche Raserinnen und Raser sind in Herne offensichtlich komplett unberechtigt in eine Radarfalle getappt. Die Polizei fiel nach heutigem Stand selbst auf ein falsches Tempo-30-Schild herein, das Unbekannte anstelle eines Tempo-50-Schildes aufgestellt hatten. Was die Posse perfekt macht: Ein Großteil der falschen Temposünder wird sein Geld voraussichtlich nicht zurückbekommen.

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Herne: Unter 528 Fahrzeugen sind 104 Temposünder

Der Dorstener Jörg Hochstrat war offensichtlich als einziger Betroffener vor Gericht gegen den Bußgeldbescheid vorgegangen und hat nun nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens nach mehr als einem Jahr endgültig Recht bekommen. Stadtverwaltung, der für die Schilder zuständige Landesbetrieb Straßen und nun auch das Gericht zeigten sich überzeugt, dass das Tempo-30-Schild an der Emscherbrücke nicht offiziell war und durch Dritte aufgestellt wurde. Jörg Hochstrat muss das Bußgeld nicht bezahlen und erhält kein Fahrverbot. „Aber ich bin ja nicht der einzige Betroffene, der zahlen sollte“, sagt Hochstrat. Hier geht’s zu den Details der Odyssee, die Jörg Hochstrat erlebte! +++

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Die Polizei hatte am 15. Juni 2022 auf der Wiedehopfstraße zwischen Gelsenkirchen und Herne 528 Fahrzeuge gemessen. Davon wurden 73 Halterinnen und Halter verwarnt, 31 erhielten Ordnungswidrigkeitenanzeigen, weil sie massiv zu schnell waren. Sechs Menschen bekamen ein Fahrverbot auferlegt.

Die Geschwindigkeitsmessanlage ESO. Damit kontrollierte die Polizei an der Emscherbrücke (Archivfoto).
Die Geschwindigkeitsmessanlage ESO. Damit kontrollierte die Polizei an der Emscherbrücke (Archivfoto). © Viktor Dobek | Viktor Dobek

Polizei: Werden die Schilder vor dem Blitzen kontrolliert?

Wer das alte Schild abgeschraubt hat und das neue Schild professionell aufgestellt hat, ist bis heute nicht klar. Dem oder der Verantwortlichen droht selbst eine Strafanzeige. Das Aufstellen von Schildern ist nur den Straßenverkehrsbehörden gestattet.

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Die Polizei war damals zu der Stelle ausgerückt, weil sie Hinweise auf regelmäßige Geschwindigkeitsüberschreitungen von Bürgerinnen und Bürgern erhalten hatte. Zum konkreten Sachverhalt könne man sich wegen des juristischen Verfahrens aktuell nicht äußern, erklärt Polizeisprecher Jens Artschwager auf Nachfrage.

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Generell sei es aber so, dass sich die Beamten vor Ort nicht auf Höchstgeschwindigkeiten verlassen, die in Unterlagen verzeichnet sind, sondern die Beschilderung vor Ort kontrollieren. „Durch Baustellen zum Beispiel kann sich vor Ort immer etwas ändern“, sagt Artschwager. Den Schildern entsprechend werde die Messung dann eingestellt. Und die falschen Schilder waren wohl so perfekt, dass selbst die Polizei keine Zweifel hatte.

Stadt Herne: Gibt es die Bußgelder zurück? Was passiert mit dem Geld?

Die Bußgeldverfahren gingen wie üblich an die Stadt Herne. Bekommen jetzt alle zu Unrecht belangten Temposünder ihr Geld zurück? Für die Stadtverwaltung ist das Verfahren abgeschlossen. „Die Bescheide haben Rechtskraft. Die Bußgelder bleiben bestehen“, erklärt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Nachfrage. Alle Fristen für Einsprüche seien abgelaufen. Der Stadtverwaltung bleibe gar nichts anderes übrig, als das Geld zu behalten.

Stadtsprecher Christoph Hüsken hat schlechte Nachrichten für die falschen Temposünder: Aus Sicht der Stadt gibt’s das Geld nicht zurück.
Stadtsprecher Christoph Hüsken hat schlechte Nachrichten für die falschen Temposünder: Aus Sicht der Stadt gibt’s das Geld nicht zurück. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Wenn man Einspruch eingelegt hätte, wäre das anders gewesen, erklärt Hüsken. Allerdings habe bei den gut 30 Bußgeldverfahren jeder bis auf Jörg Hochstrat sein Geld letztlich freiwillig überwiesen. Das könne nun aus rechtlichen Gründen nicht mehr rückgängig gemacht werden. Das Geld geht wie bei Bußgeldern üblich „nicht zweckgebunden“ in den städtischen Haushalt. Zusammen mit den 73 Verwarnungen der Polizei handelt es sich um einen gut fünfstelligen Euro-Betrag. Wie viele der sechs Betroffenen tatsächlich einen Monat lang ihren Führerschein abgeben mussten, kann die Stadt aktuell nicht sagen.

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Jörg Hochstrat zeigt sich zufrieden, dass er wenigstens juristisch Gerechtigkeit erfahren hat. „Wenn ich etwas falsch gemacht habe, ist das in Ordnung.“ Für einen schlechten Scherz wolle er aber nicht büßen. Die ausführliche Geschichte des Falls steht hier!