Heiligenhaus. Was passiert alles auf der Heiligenhauser Polizeiwache? Einen Einblick haben WAZ-Leser erhalten. Wachleiter bestätigt zunehmende Aggressivität.
Zum 75. Geburtstag Ihrer WAZ gibt es – verteilt über das ganze Jahr und das Verbreitungsgebiet – 75 exklusive Aktionen vor Ort, an denen Sie als Leserin bzw. als Leser teilnehmen können. In Velbert beispielsweise konnte die Kruppsche Nachtscheinanlage besichtigt werden, für Freizeitparkfans ist sicherlich eine Aktion, die die Kollegen in Bottrop organisiert haben, ein Highlight – dort nämlich gewährt der Movie Park Blicke hinter die Kulissen. Alle Aktionen sind unter www.waz.de/75jahre zu finden.
In Heiligenhaus konnten interessierte WAZ-Leserinnen und Leser erfahren, wie die Polizei vor Ort arbeitet. Der Heiligenhauser Wachleiter Michael Bruzinski und seine Kollegen gewährten dabei nicht nur Einblicke in ihren Arbeitsplatz – die 2021 nach aufwändiger Modernisierung wiedereröffnete Wache an der Heiligenhauser Straße –, sondern sprachen auch über ihren Arbeitsalltag, Kriminalität in Heiligenhaus und auch über Gewalt gegenüber Einsatzkräften.
Oberhausener besucht seine ehemalige Heiligenhauser Dienststelle
Ein Leser war extra aus Oberhausen angereist – und das aus einem ganz besonderen Grund: Siegfried Lohmann hatte Anfang der 1970er-Jahre seine Polizeilaufbahn in Heiligenhaus begonnen. „Damals allerdings noch auf der alten Wache in der Nähe des Rathauses“, erzählt er und schaut sich interessiert in der früheren Kiekert-Villa, wo nun die Heiligenhauser Polizei samt Verkehrsdienst untergebracht ist, um.
Die Unterschiede werden schnell sichtbar: Möchte man heute eine Anzeige in der Wache aufgeben, muss eine Sicherheitsschleuse passiert werden. Die erste Tür muss erst geschlossen sein, bevor sich die zweite öffnet. Und natürlich handele es sich in den Türen auch nicht um einfaches Glas, erzählt Wachleiter Bruzinski. „Damals hatten wir so etwas nicht“, erinnert sich Siegfried Lohmann. „Die Wache war klein und schnuckelig. Am Tisch saß der Wachhabende, ein älterer Herr, dem man dann seine Anliegen schildern konnte.“
Welche Notrufe in Heiligenhaus auflaufen
Auch heute haben Bürgerinnen und Bürger, die während der Öffnungszeiten (montags bis samstags 8 bis 16 Uhr) zur Wache kommen, einen Ansprechpartner – den sogenannten „AP“. Eine von vielen Abkürzungen, die bei der Polizei verwendet werden: „Anzeigenaufnahme Publikumsverkehr“, erklärt Bruzinski. Heute ist das Lars Wilkening. „Anrufe über den Notruf 110 landen nicht hier bei mir, sondern in der Leitstelle in Mettmann“, erklärt er. Diese koordiniere dann auch die Einsatzmittel. Dafür stehen häufiger aufgelöste Menschen in der Wache – beispielsweise wenn das Portemonnaie plötzlich weg ist oder sie feststellen, dass sie Opfer eines Betrugs geworden sind. „Dann muss ich auch schon mal trösten“, sagt Wilkening. „Wir sind ja alles auch Menschen und können uns in die Opfer hineinversetzen.“
Neben dem AP sind auch die drei Bezirksdienstbeamten Stefan Holtei (Innenstadt/Nordost),, Holger Müller (West, Isenbügel) und Heinz Keller (Innenstadt/Südost) ab und zu in der Wache – „allerdings sind sie meistens irgendwo in der Stadt unterwegs“, sagt Bruzinski. „Es sind halt die Dorfsheriffs.“
Holtei hat die Aufgabe erst vor wenigen Monaten übernommen – und fühlt sich sichtlich wohl. Den WAZ-Leserinnen und Lesern zeigt er die schusssichere Weste, die Schutzweste, die alle Beamten tragen: Rund vier Kilo ist sie schwer, ausgestattet mit Taschenlampe, Pfefferspray, GPS-Ortungsmöglichkeit, Funkgerät und natürlich zahlreichen Kugelschreibern. Schülerin Sarah Axmann, die zusammen mit ihrer Mutter Martina an der WAZ-Aktion teilnimmt, stellt bei der Anprobe schnell fest: „Ganz schön schwer – vor allem, wenn man die länger tragen muss.“
Wachleiter bestätigt zunehmende Aggressivität
Ja – die Aggressivität sei gestiegen, vor allem unter Jugendlichen, sagt Wachleiter Bruzinski. Vor einigen Tagen erst seien zwei seiner Kollegen in der Selbeck von einem 18-Jährigen mit Faustschlägen angegriffen worden.
Der Angriff auf Feuerwehrleute und Polizeibeamte in Ratingen mache wohl allen Einsatzkräften einmal mehr bewusst, wie gefährlich der Beruf sein kann, sagt der Wachleiter. „Vor allem: Die Situation war in keinster Weise vorhersehbar. Jedem von uns wäre in dieser Situation das Gleiche passiert“, so Bruzinski. Eine Kollegin liege nach wie vor im Koma, berichtet er. Aber eine solche Tat sei einmalig in der Geschichte NRWs – „es ist nicht der Alltag und darum bin ich jetzt auch nicht ängstlicher, wenn ich vor einer Haustür stehe – vielleicht noch etwas sensibler.“
Vor der Polizeiwache erwartet André Gernand die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der WAZ-Aktion. Er gehört zur Fahrradstaffel der Polizei und ist bereits von Mettmann nach Heiligenhaus geradelt, um dort auf dem Panoramaradweg Präsenz zu zeigen. „Richtig so“, ist aus der Runde zu hören. Da gebe es immer wieder gefährliche Situationen.
Polizeibeamte brauchen für ihre Einsätze viel Ausrüstung
Letzte Station ist der Streifenwagen, in dem die Leserinnen und Leser Platz nehmen dürfen. „Mit diesem Modell, einem S-Max, sind wir zufrieden“, sagt Bruzinski – der Vorgänger, ein Dreier-BMW, sei einfach zu eng geworden. Allerdings ist der Ford ein Auslaufmodell: Er wird mit Diesel-Motor nicht mehr hergestellt. „Wir sind gespannt, was neben dem Vito dann kommt“, so der Wachleiter, der auf ein alltagstaugliches Modell hofft. Schließlich muss neben den Beamten auch viel Ausrüstung Platz finden: Hütchen, Lampen, schwere Schutzwesten, Helme, Decken, verschiedene Formulare – in vielen Fällen auch zusätzlich zur normalen Dienstwaffe auch Maschinenpistolen.
Auch interessant
„Es hat sich schon viel geändert“, sagt Siegfried Lohmann, der seit knapp 15 Jahren im Ruhestand ist. Auf jeden Fall sei der Ausflug nach Heiligenhaus eine spannende Zeitreise gewesen, bedankt er sich bei der Polizei und der WAZ. Und wer weiß: Vielleicht entscheidet sich Schülerin Sarah – trotz der schweren Weste – nach diesem Besuch ja sogar, Polizistin zu werden.