Hattingen. Verbrechen sind für ihn nicht nur Film-Plot: Joe Bausch ist Gefängnis-Arzt und Schauspieler zugleich. In Hattingen schildert er unfassbare Morde.
Klare Aussage von Knastarzt und Schauspieler Joe Bausch: „Das Böse ist männlich“. Trotzdem ist es der Fall zweier Frauen, der ihm nachhängt und von dem er jetzt berichtet. Einen Blick tief in die Abgründe menschlicher Charaktere gewährt der 71-Jährige voller Power in Henrichs. Über toxische Männer und bestialische Frauen spricht er vor vollem Haus. Unvorstellbare Verbrechen schildert er ungeschönt.
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Über drei Jahrzehnte hat er als Knast-Arzt gearbeitet, hat mit so vielen Gefangenen gesprochen, die irgendwann im Leben falsch abgebogen sind oder offenbar kaum eine Chance hatten, ein erfolgreiches Leben zu führen. Er hat mit erfahrenen Staatsanwälten geredet, für die es selbst oft kaum erträglich ist, sich Details über fürchterliche Verbrechen anzusehen und anzuhören. Und trotzdem ist der 71-Jährige ein empathischer Mensch geblieben. Auf der Bühne und im Interview lässt Joe Bausch Einblicke in seine Seele zu. Denn vieles scheint so schwer zusammenzufügen zu sein.
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Ja, sagt er, man brauche eine stabile Grundkonstitution, um mit so grausamer Realität umzugehen. „Man muss das Leben aushalten können. Ich bin wie ein Maler, der Landschaften auf sich wirken lässt und skizziere sie dann, bin vielschichtig und kann einordnen. Es braucht schon eine Robustheit, aber ich bin sensitiv und sensibel und kann damit umgehen.“ Zum Beispiel mit dem Mord, den zwei Frauen 1997 verübten.
Bestialische Verbrechen einer Frau und ihrer ergebenen Assistentin
Obwohl 95 Prozent der schweren Verbrechen von Männern begangen werden, finden sich in der jüngeren Krimilnalgeschichte auch Täterinnen, die nicht weniger kompromisslos und gewaltbereit vorgehen. So steht Monika S. (ihren wahren Namen hat er abgeändert) 1998 im Fokus eines viel beachteten Mordprozesses zusammen mit einer ihr bedingungslos ergebenen Assistentin.
Die beiden Frauen kommen aus der Drückerszene, in der damals Abos für Zeitungen und Zeitschriften an Land gezogen werden. Klares Prinzip der Chefin: Wer viele Abos macht, wird belohnt, Versager bestraft. So kommt es irgendwann zu einer Gewaltorgie gegen den erfolglosen Oliver, der sich im Wald auf dem Weg zu seinem Grab, vollständig entkleiden muss. Mit Rübenstecher und Wurfmesser wird er zu Tode gefoltert, bevor er in das Loch geschmissen wird, das er sich selbst schaufeln musste. Die 21-jährige Assistentin führt die unbegreifliche Tat aus, Monika, immer in Begleitung eines bulligen Mastino, knabbert Schokolade und nimmt die Tat auf Polaroid auf.
Ein zweites Verbrechen führt auch zum ersten
„Das Ganze wäre wohl nie aufgeflogen, hätten die Frauen nicht kurze Zeit nach der ersten Hinrichtung eine zweite Tat folgen lassen“, erzählt Joe Bausch. Monika braucht Geld, denn durch die Drückerkolonne klingelt die Kasse schon lange nicht mehr. Also steuert Monika ihre beste Mitarbeiterin wieder fern, die zu einem Bekannten fährt und ihn – als er ihr den Rücken zudreht – mit einem verchromten Revolver erschießt. Vier Schüsse feuert sie ab. Drei Kugeln treffen ihn im Kopf. „Mit einem Filetiermesser schneidet die junge Frau ihm anschließend die Kehle durch.“ Dann packt sie alle Wertgegenstände ein, einschließlich drei Handys – für die Polizei wohl der Schlüssel, die Mörderin schnell zu finden.
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Über Joe Bausch
Viele Bestseller hat Joe Bausch geschrieben – zum Beispiel Knast, Gangsterblues oder Maxima Culpa – das nächste Werk kommt bald auf den Markt. Über dreißig Jahre war er als Leitender Regierungsmedizinaldirektor in der Justizvollzugsanstalt Werl tätig, in vielen Filmen hat der heute 71-jährige Arzt und Schauspieler mitgewirkt, im Fernsehen ist er vertreten und hat einen erfolgreichen, eigenen Podcast „Im Kopf des Verbrechers“.
Aber er trennt klar die Genres, in denen er tätig ist. Die Schauspielerei sei kein Ausgleich zum Arztsein (in dem Metier ist er auch immer noch tätig), sondern eine Ergänzung, sagt er. Beide Berufe müsse man seriös ausüben, das sei zwingend notwendig. Das sagt und lebt er. Die Schauspielerei gefällt ihm so gut, „weil da auch mal jemand fragt, wie es einem geht.“ Als Arzt werde man das fast nie gefragt, bedauert er..
Das kriminelle Duo wird wenige Tage nach der Tag aufgespürt. Noch vor Ort nehmen die Ermittler Monika, der Auftraggeberin einen Koffer mit Zahlenschloss ab. Darin befinden sich einige Abo-Scheine, die Tatwaffe und eine Reihe von Polaroid-Fotos, die die Folter und Exekution eines entkleideten jungen Mannes zeigen und eine Frau, die mit einem Riesenhund zu ihren Füßen auf einem Baumstumpf sitzt. So löst die Mordkommission sofort zwei unglaubliche Fälle.
Schon in der Kindheit eingreifen
Faszinierend: Der Mann, der ohne jede Arroganz daherkommt, rutscht nie ins Triviale ab, spricht über unvorstellbar grausame Verbrechen - aber nicht sensationslüstern. Er analysiert ohne in abgehobene Sprache zu verfallen - und gibt ergreifende Einblicke ins Böse.
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Er ist Schauspieler, aber nicht theatralisch, er ist Arzt, aber kein Gott in Weiß. Er weiß so viel, aber längst nicht alles. Das sagt er auch. Ja, es gibt viele Gründe, warum ein Mensch fähig ist, unglaubliche Verbrechen zu begehen, vieles lässt sich erklären, Fragen bleiben dennoch.
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Es sei erwiesen, so Bausch, dass 48 Prozent der Täter, die sich in Sicherungsverwahrung befinden, selbst in ihrer Kindheit Vernachlässigung und Demütigungen in vielfältiger Form erfahren hätten. Eine Forderung des Arztes: „Kinder, die schon im Alter von zehn oder elf Jahren schwerste Verbrechen begehen, müssen sofort therapiert werden. Da lohnt sich jeder Euro. Denn es ist ein Verhältnis von 1:8 - jedes Opfer kostet in der späteren Betreuung und Behandlung eine Million Euro. Aber man lässt selbst Schwerstauffällige vor die Wand laufen.“ Zusammenhalten, aufpassen und sich einmischen, wenn Gewalt passiert, ist seine Forderung.