Hattingen. Rücksichtslosigkeit von Autofahrern und anderen Radfahrern ist nur ein Teil des Problems. Bei Radwegen gibt es Nachholbedarf - und Vorschläge.
Radfahren ist in Hattingen an einigen Stellen schon länger ein Streitthema. Jetzt melden sich auch die Kinder und Eltern zu Wort: Bei der Kidical Mass Fahrraddemonstration. Ihr Fazit ist ernüchternd. Die berichten von gefährlichen Situationen, die ihnen Angst machen und warum auch ein eigentlich optimaler Radweg kaum nutzbar ist.
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Die elfjährige Anna erlebt die Probleme täglich, denn sie fährt sehr gerne Rad: „Zur Schule kann ich zwar gehen, auch zur Musikschule. Zum Geigenunterricht muss ich aber mit dem Rad fahren. Ich wünsche mir Straßen, auf denen nur Fahrräder fahren dürfen, und wo Autos neben Radfahrern fahren, sollte der Radweg durch Poller von der Autostraße abgetrennt werden“, schlägt sie vor. Angst macht es ihr oftmals, dass die Autos den Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einhalten.
Für ihren Bruder Felix (9 Jahre) sieht die Situation nicht anders aus: „Ich fahre total gerne Rad, fahre zum Judotraining und mit Papa an der Ruhr. Neulich war auf beiden Straßenseiten alles zugeparkt, und plötzlich kam mir ein großes Auto entgegen. Das war total eng und wacklig“, beschreibt Felix eine gefährliche Situation.
Rücksichtslosigkeit an der Ruhr
Nein, Hattingen sei nun wirklich keine Fahrradstadt, wie sich die Radler sie wünschen, erklärten auch Mareike und Tobias Heinrich, die mir ihren Grundschulkindern an der Fahrraddemo teilnahmen. Ich fahre oft Umwege zum Musikunterricht, weil meine sechsjährige Tochter gerade erst das Radfahren lernt und noch nicht so sicher ist“, erläuterte Mareike Heinrich. Zum Lernen führen sie am Wochenende gerne auf den großen Parkplatz vor dem Finanzamt: Hier kann man in Ruhe mit den Kindern üben.“
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Den Radweg entlang der Ruhr beispielsweise fahren die Heinrichs mit ihren Kindern vorläufig nicht: „Hier fahren andere sehr schnell und oft auch rücksichtslos,“ begründet Mareike Heinrich, warum die an sich schöne und gerade Strecke, die eigentlich für kleinere Kinder gut geeignet ist, vorläufig nicht in Betracht kommt.
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Radwege enden im Nichts
Ein weiteres Ärgernis liegt gleich um die Ecke: „Beispielsweise auf der August-Bebel-Straße ist sporadisch ein Radweg aufgemalt, der endet aber im Nirgendwo und verläuft mal auf dem Bürgersteig, mal auf der Straße. Das können Kinder, insbesondere, wenn sie noch nicht sicher sind, gar nicht leisten“, so Familie Heinrich.
Fahrradstraßen in Hattingen
Hattingen will fahrradfreundlicher werden und plant deshalb drei weitere Fahrradstraßen auszuweisen. Es handelt sich um die Oststraße, den Pottacker und die Talstraße. Die Lindstockstraße, Pannhütter Straße und Im Heggerfeld sind bereits Fahrradstraßen. Ebenso die Schleusenstraße und Am Stade.
Fahrradstraßen sind ausdrücklich für den Radverkehr vorgesehen und entsprechend gekennzeichnet. Radfahrende haben Vorrang und dürfen sogar nebeneinander fahren. Mit dem Zusatzschild „Kraftfahrzeugverkehr frei“ beziehungsweise „Anlieger frei“ dürfen Autos und sonstige Kraftfahrzeuge die Straße befahren. Der Radverkehr darf dabei weder gefährdet noch behindert werden – der Auto- und Motorradverkehr wird hier nur geduldet und muss sich dem Tempo des Radverkehrs anpassen. Autos, Motorräder und Fahrräder dürfen maximal 30 Kilometer pro Stunde fahren.
Für Franka Bindernagel ist die gute Erreichbarkeit der Schulen per Rad ein entscheidendes Kriterium für die Schulwahl: „Zum Gymnasium in Holthausen führt kein Radweg“, fordert sie, dass gerade Schülerinnen und Schüler ihre Schulen auf gesicherten Radwegen erreichen können. Sie sieht Aufholbedarf bei der Stadt Hattingen. Auch an den Ennepe-Ruhr-Kreis appellierte Bindernagel, für eine verbesserte Radfahrer-Infrastruktur zu sorgen.
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Als Lastenrad-Fahrerin hat Mareike Heinrich noch ein spezielles Problem: „Die wenigen Teilradwege, die für uns überhaupt verfügbar sind, sind zu schmal. Ich rage mit dem Lastenrad, in dem ich auch meine Tochter transportiere, in die Fahrbahn hinein“, macht sie auf eine Gefahrenquelle aufmerksam, mit der Radfahrer generell zu kämpfen haben: „Wir müssen uns die Straße mit den Autos teilen.“