Hattingen. Firmenchefs aus Hattingen finden keine Fachkräfte mehr. Vor allem Arbeitskräfte aus Osteuropa wollen nicht mehr kommen. Das hat Folgen für alle.

„Außer Asylbewerbern will keiner mehr nach Deutschland.“

Diese Antwort auf die Frage nach rumänischen Facharbeitern hat Unternehmer Hubert Finkeldey aus Hattingen von einer Vermittlungsagentur erhalten. Das bestätige, „was wir als Unternehmer täglich erleben“, erklärt der Geschäftsführer der HF Beton Stein GmbH. Bauhandwerker und Fachkräfte in der Industrie sind Mangelware - mit Folgen für Kunden.

„Als Gründe in dem Schreiben der Vermittler werden die hohen Abzüge in Deutschland, die Steuern, die hohen Mieten genannt“, berichtet Finkeldey. Da blieben die Menschen lieber daheim. Im September bekam er diese E-Mail-Antwort. Bislang hat er immer noch keine Mitarbeitenden gefunden. Dabei sind es zwei bis drei, die er noch braucht.

Hohe Mieten, hohe Abzüge: Arbeiten in Hattingen für Osteuropäer nicht attraktiv

„Wenn ich will, dass Menschen kommen, um hier zu arbeiten, muss ich ihnen ein tolles Angebot machen“, sagt Finkeldey. Er würde sogar bei der Wohnungssuche unterstützen, „aber es gibt ja kaum Wohnungen“. Und die, die da sind, seien teuer. Er hat schon in der Vergangenheit Sprachkurse für Arbeitnehmende aus dem europäischen Ausland bezahlt. Aber inzwischen könne er gar nicht mehr so viel zahlen, um die steuerlichen Abzüge und die hohen Mieten auszugleichen. Auch aus Polen würden nicht mehr so viele Menschen zum Arbeiten im Baugewerbe nach Deutschland kommen.

Menschen außerhalb Europas anzuwerben, lohne sich für Mittelständler nicht, sagt nicht nur Finkeldey, sondern auch Friedrich-Wilhelm Wengeler, Geschäftsführer der Wengeler & Kalthoff Hammerwerke GmbH & Co. KG. Weil er keinen Härterei-Facharbeiter mehr findet, versucht er inzwischen, seinen ehemaligen Mitarbeiter aus dem Versand selbst fit zu machen für den Job.

Die Unternehmer Friedrich-Wilhelm Wengeler (l.) und Hubert Finkeldey vor der Darstellung eines Schmiedes bei der Arbeit. Fachkräfte aus dem europäischen Ausland wollen nicht mehr in Hattingen arbeiten, sagen sie.
Die Unternehmer Friedrich-Wilhelm Wengeler (l.) und Hubert Finkeldey vor der Darstellung eines Schmiedes bei der Arbeit. Fachkräfte aus dem europäischen Ausland wollen nicht mehr in Hattingen arbeiten, sagen sie. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Den Beruf des Bauhandwerkers wollen viele nicht ausüben

Das Problem, dass Fachkräfte aus dem Ausland nicht mehr kommen wollten, sei zwar nicht neu, sagt Finkeldey. Es zeichne sich seit zehn Jahren ab, würde aber kontinuierlich gravierender, zumal jetzt Mitarbeitende mit 60 und mehr Jahren nach und nach ausschieden. Gefragt nach innerdeutschen Fachkräften, winkt er ab: „Das ist abgefrühstückt.“ Zudem wollten viele nicht mehr im Baugewerbe arbeiten.

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„Viele haben auch keine Lust mehr zu arbeiten. Weil das, wovon sie träumen, was sie in der Werbung sehen, für sie mit einem normalen Lohn sowieso nicht mehr erreichbar ist. Sie können sich nicht viel leisten mit dem Geld“, bemängelt er die Situation in Deutschland. Er spricht wie Wengeler von Frustverhalten hinter der Arbeitsverweigerung. „Wir machen uns selber fertig“, meint Finkeldey. Wengeler formuliert drastischer: „Wir bringen uns sehenden Auges um in Deutschland.“

Ein Arbeitsplatz kostet bis zu 100.000 Euro

Finkeldey ist seit 25 Jahren selbstständig, der Fachkräftemangel hat zur Folge, dass er Kunden teils lange Wartezeiten ankündigen muss. Er sucht ausschließlich ausgebildete Mitarbeitende. „Wir haben teure Werkzeugmaschinensysteme, da kann man sonst viel kaputtmachen. So ein Arbeitsplatz kostet schon mal 100.000 Euro.“

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Der Arbeitgeberservice Hagen und auch Eures (European Employment Services) seien auf ihn zukommen, um ihn bei der Suche nach Fachkräften zu unterstützen. „Geändert hat sich nichts.“ Er selbst hat die Stellen wieder und wieder auf unterschiedliche Weise ausgeschrieben. Alles ohne Erfolg.