Hattingen/Sprockhövel. Ein Unfall mit einem lebensgefährlich Verletzten, einer mit Todesfolge: Hattingens Wodantal ist in der Diskussion – Gespräche mit Bikern.

Ein Holzkreuz, Grablichter, Abschiedsbotschaften flattern im Wind: An einem der ersten schönen Tage starten Motorradfahrer in ihre lang ersehnte Biker-Saison. In einer Linkskurve im Wodantal endet für einen die Fahrt – und sein Leben. Die Diskussion um die Landstraße, die sich von Sprockhövel weit über Hattingens Hügelland bis nach Nierenhof erstreckt, nimmt kein Ende.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Dieser tödliche Motorradunfall ist nur einer von vielen, die es schon im Wodantal gegeben hat. Auf Spurensuche bei Motorradfahrern, die die WAZ nach dem jüngsten Vorfall gesprochen hat.

Gedenken an den verstorbenen Motorradfahrer Robin an der Unglücksstelle im Wodantal.
Gedenken an den verstorbenen Motorradfahrer Robin an der Unglücksstelle im Wodantal. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

„Gerade Strecken sind für Biker langweilig“, sagt etwa Peter Klein, der einen Großteil der Welt auf zwei Rädern erkundet hat. Seit 51 Jahren fährt der ehemalige Polizist Motorrad. Er hat eine Krad-Gruppe bei der Polizei geleitet, kennt die Elfringhauser Schweiz wie seine Westentasche. Die Navigationsgeräte der modernen Motorräder hätten Optionen wie „kurvenreiche Strecke“, erläutert er. Das seien die Touren, die Biker liebten. „Das Kurvenfahren ist eine echte Herausforderung, alles andere ist langweilig“, beschreibt Klein den Kick, den Biker lieben.

Auch interessant

Mehr zum Thema:

Diesen Nervenkitzel bestätigt auch der erfahrene Biker Jens Decker. Er fährt seit knapp 30 Jahren Motorrad, hat eine Zeitlang die Hightech-Maschinen verkauft. Auch Biker-Touren, etwa auf Sardinien, das für seine kurvenreichen Straßen beliebt ist, hat er geplant und begleitet.

>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

Er setzt beim Motorradfahren auf Sicherheit, für ihn ist die Schutzkleidung wichtig: „Jogginghose und Kapuzenpulli, dazu ein Helm – so fahren viele junge Leute heute Motorrad“, beschreibt Decker seine Beobachtungen. Er selbst benutzt das Motorrad häufig auch als tägliches Verkehrsmittel, fährt aber niemals ohne Schutzkleidung. „Man wird von Autos übersehen oder die Maschine fällt beim Bremsen vor einer Ampel um. 280 Kilo Gewicht, brühend heiße Auspuffrohre – die Verletzungen sind schlimm, wenn einem so etwas passiert“, erläutert Decker.

Die Diskussion um das Wodantal reißt nicht ab.
Die Diskussion um das Wodantal reißt nicht ab. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Für ihn sind deshalb Motorradkleidung und eine qualifizierte Ausbildung eine wichtige Voraussetzung für eine sichere Ausübung dieses Hobbys. Das liege, so beobachtet er, auch bei jungen Leuten im Trend. „Früher war eher die Gruppe der ab 40-Jährigen stark unfallgefährdet“, weiß Jens Decker. Das seien häufig Wiedereinsteiger gewesen. Heute seien es gerade bei jungen Leuten eher Selbstüberschätzung und fehlende Erfahrung. Gerade am Beginn der Saison komme Übermut hinzu.

Lesen Sie auch:

Peter Klein beschreibt die Herausforderungen und die Gefahren des Kurvenfahrens, die das Motorradfahren gleichermaßen für die Biker hat: „Jede Kurve hat ihre eigene Dynamik. Der Radius, der Straßenbelag, Witterung, Sand, Laub oder Feuchtigkeit … der Biker muss die Straße lesen“, formuliert er als wichtigste Voraussetzung für Sicherheit auf zwei hochmotorisierten Rädern. Hier kombinieren sich Erfahrung mit Sachkunde und Einfühlungsvermögen. Die erfahrenen Biker sind sich einig: „Regelmäßige Fahr- und Sicherheitstrainings sind ein absolutes Muss für alle Biker!“

Geschwindigkeiten bis 300 km/h sind möglich

Die Motorräder würden immer leichter, die Motorleistung werde immer größer, erläutert Peter Klein. Geschwindigkeiten von 300 km/h sind möglich. Allerdings seien die Assistenzsysteme inzwischen auch differenziert: Antiblockier- und Spurhaltesysteme oder Traktionskontrolle unterstützten den Fahrer heute und seien in der Lage, bei der Unfallvermeidung zu unterstützen.

>>> Folgen Sie unserer Redaktion hier auf Instagram unter auf Facebook – hier finden Sie uns.

Auch die Ausbildung beim Motorradführerschein sei inzwischen wesentlich differenzierter: Nacht-, Autobahnfahrten und über-Land-Strecken gehörten heute zum Standard der Biker-Ausbildung. Aber auch er plädiert für regelmäßige Sicherheitstrainings. „In Schräglage zu bremsen ist extrem riskant“, erläutert Jens Decker mit Hinweis auf die Fliehkräfte und den Umstand, dass sich die Maschine dann aufrichtet. Gerade aber im ländlichen Bereich komme es ja häufiger vor, dass Wildtiere die Fahrbahn kreuzen. Kontrolliertes Verhalten in Gefahrensituationen werde in den Trainings geübt.