Gladbeck. „Nein!“ Seit einem Jahr sensibilisiert die „Starke Kinder Kiste“ Gladbecker Kinder gegen sexualisierte Gewalt. Erzieher berichten von der Arbeit.
Kinder vor sexuellen Übergriffen zu schützen gehört zu den größten Anliegen des Kinderschutzbundes Gladbeck. Unter dem Kinderschutzschirm haben Präventionsprojekte wie „Mein Körper gehört mir“ und die „Große Nein Tonne“, beide in Kooperation mit der Theaterpädagogischen Werkstatt Osnabrück, schon seit Jahren ihren festen Platz. Im Sommer 2022 ist die „Starke Kinder Kiste“ dazugekommen, ein Programm für Mädchen und Jungen im Vorschulalter.
Mit Ausnahme des Waldorfkindergartens nehmen – trotz Personalmangels – alle Kindertagesstätten in Gladbeck daran teil. Dr. Peter Fischer, der Vorsitzende des örtlichen Kinderschutzbundes, freut sich sehr über dieses Engagement: „Es ist wichtig, so früh wie möglich mit der Prävention zu beginnen. Kleine Kinder sind Übergriffen besonders schutzlos ausgeliefert.“ Nach gut einem Jahr sind die zehn roten „Schatzkisten“ erstmals in allen 39 Kitas zum Einsatz gekommen.
Mehrarbeit für Gladbecker Erzieher: „Die nehmen wir gerne auf uns“
Die Erzieherinnen Sandra Kühnast-Schmidt und Tatjana Klußmann sowie ihr Kollege Florian Nienerza arbeiten in der Kindertagesstätte Ringeldorfer Straße. Sie sind begeistert von diesem sechswöchigen Präventionsprogramm – obwohl es mit viel Arbeit verbunden ist: Online-Schulung und -Austausch mit dem Team des Kinderschutzschirms, Weitergabe des Gelernten an das Kita-Team, regelmäßiger Kontakt zu Koordinatorin Olga Malerwein vom Kinderschutzbund, Informationsabend für Eltern, Studium des dicken Handbuchs mit ausführlichen Beschreibungen und vielen Arbeitsmaterialien.
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„Die Mehrarbeit nehmen wir gerne auf uns, weil uns das Thema so wichtig ist“, sagt die stellvertretende Kita-Leiterin Sandra Kühnast-Schmidt. „In jeder Woche bearbeiten wir mit den Mädchen und Jungen kindgerecht ein anderes Thema“, erzählt Florian Nienerza. So stecken in der Kiste Symbole wie ein Megafon, um Hilfe rufen zu können, ein leichter und ein schwerer Sack mit guten, beziehungsweise schlechten Geheimnissen, eine Stoppkelle, um in unangenehmen Situationen „Nein“ zu sagen.
Erste Erfolge: Gladbecker Kinder sprechen mehr und öfter über ihre Gefühle
Auf Tafeln können die Kinder auf einem abgebildeten Körper mit roten und grünen Magneten die Stellen markieren, an denen sie gern oder nicht gern berührt werden. „Sechs Präventionsbotschaften werden den Kindern mit Hilfe zahlreicher Materialien wie Bilderbücher, Schablonen und Lieder-CDs vermittelt“, erklärt Koordinatorin Olga Malerwein. „Auf diese Weise werden Fragen wie diese beantwortet: Sind alle Gefühle gut? Wie gehe ich mit einem schlechten Gewissen um? Petze ich, wenn ich Hilfe hole, oder ist es mutig? Wie sage ich Nein? Habe ich Schuld, wenn mein Nein nicht wahrgenommen wird?“
Das Präventionsprogramm stärke Kinder in ihrer Persönlichkeit und in der positiven Körperwahrnehmung und fördere ihr Selbstwertgefühl. Sie würden ermutigt, Grenzverletzungen zu erkennen und Wege zu finden, sich einer Person ihres Vertrauens mitzuteilen. Sandra Kühnast-Schmidt, Tatjana Klußmann und Florian Nienerza haben genau das bei den 20 Vorschulkindern beobachtet. „Sie sind sensibilisiert worden, haben richtig reagiert, wenn ihnen im Alltag etwas nicht gefallen hat, viel mehr als zuvor über Gefühle geredet. Von Eltern wissen wir, dass sie zu Hause von dem Projekt erzählt haben, und auch mit den jüngeren Kindern haben sie darüber gesprochen.“
Die „Starke Kinder Kiste“ geht in die nächste Gladbecker Runde
Tatjana Klußmann fällt spontan ein Beispiel ein: „Ein kleineres Mädchen, das mit einem Vorschulkind befreundet ist, hat zu einem Jungen, der es küssen wollte, gesagt: Ich will das nicht, mein Körper gehört mir.“
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Das Team aus der Kita Ringeldorfer Straße freut sich schon, wenn die „Starke Kinder Kiste“ wieder in ihrer Einrichtung landet und hat dafür – auch im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Kindertagesstätten – schon neue Ideen im Kopf. Auch im Kita-Alltag soll das wichtige Thema Prävention gegen sexualisierte Gewalt in allen Altersgruppen noch mehr Raum bekommen als bisher, denn, so Florian Nienerza, „die Mädchen und Jungen nehmen das, was sie gelernt haben, in ihren Portfoliomappen und in ihren Köpfen mit in die Schule, werden so zu Multiplikatoren“.
>> FÖRDERMITTEL FÜR DEN GLADBECKER KINDERSCHUTZBUND
- Am 1. Juni 2022 startete das Präventionsprogramm in Gladbeck mit der feierlichen Übergabe der zehn „Starke Kinder Kisten“ vor dem Rathaus.
- Jede der vom Petze-Institut entwickelten Boxen kostet 1822,43 Euro. Fördermittel bekam der Gladbecker Kinderschutzbund vom Land NRW.
- Die restlichen Kosten übernahm die Deutsche Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel.