Gladbeck. Die Mathias-Jakobs-Stadthalle ist Gladbecks große Bühne. Was dort fernab des Rampenlichts geschieht: spannende Einblicke hinter den Vorhang.

Konzerte, Dramen, Komödien: In der Mathias-Jakobs-Stadthalle spielt sich vieles ab. Doch wer macht sich schon eine Vorstellung davon, was hinter den Kulissen und in den Katakomben der Stätte abgeht? Hier, vor den Augen des Publikums verborgen, schlägt das Herz der Stadthalle in Gladbeck; ohne dieses Innenleben bliebe es hier an der Friedrichstraße zappenduster, mucksmäuschenstill und bewegungslos.

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Die Mitglieder des Kulturausschusses kamen am Montagabend in den seltenen Genuss, einmal dorthin zu schauen, wo Außenstehende sonst keinen Zutritt haben. Gabi Stegemann, Leiterin des Gladbecker Kulturamtes, sagte über das Gebäude mit dem markanten Glasdach-Foyer: „Es ist nicht mehr wegzudenken als Ort der Bildung, Begegnung und Unterhaltung.“

Das Gladbecker Stadthallen-Team betreibt viel Aufwand

Wieviel Aufwand das Stadthallen-Team mit Kopf Dagmar Wollschläger-Musiol betreiben muss, wieviel Technik notwendig ist, damit die Gäste eine gute Zeit haben, das erfuhr das Gremium bei einem Rundgang. Bühnenmeister Dennis Riesener führte dem Kulturausschuss durchaus beeindruckende Details und Zahlen vor Augen.

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Schließlich soll für die mehr als 100 Veranstaltungen – für dieses Jahr sind gut 130 geplant – alles wie am Schnürchen laufen. Die Chefin betonte: „Wir sind acht Leute, die den ganzen Betrieb wuppen.“

Wir haben jedes Jahr den Tüv im Haus.
Dennis Riesener - Bühnenmeister

Riesener rief in Erinnerung: „Die Stadthalle wurde 1987 als Teil des Kulturzentrums gebaut.“ Maximal können 719 Stühle fürs Publikum per Aufzug aus der „Unterwelt“ ans Licht des Geschehens transportiert werden. Diese absolute Höchstgrenze wurde jüngst bei Jörg Hartmanns Buchvorstellung erreicht. „Es gibt verschiedene Varianten der Bestuhlung. Die Pläne dazu müssen genehmigt werden. Wir dürfen nicht einen einzigen Stuhl mehr aufstellen“, so Rieseners Erklärung.

Arbeiten in der Stadthalle Gladbeck

Die Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik dauert drei Jahre. Dennis Riesener: „Wir machen auch einen so genannten kleinen Elektrikschein.“ Diese Kenntnisse ermöglichen es, auch mal überschaubare Reparaturen selbst in die Hand zu nehmen.

In der hauseigenen Werkstatt können auch kleinere Holzarbeiten erledigt werden. So wird zum Beispiel ein kaputter Stuhl wieder hergerichtet.

„Im Theater ist immer etwas zu tun“, so der 43-jährige Fachmann. Boden abschleifen, Scheinwerfer instand setzen, das sind nur zwei von vielen Arbeiten. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie, erinnert sich Riesener, habe das undichte Foyer-Dach erneuert werden müssen.

Es besteht die Option, die Gladbecker Stadthalle mit vollausgestatteter Küche anzumieten. Chefin Dagmar Wollschläger-Musiol dämpft jedoch allzu optimistische Erwartungen: „Wir sind sehr ausgebucht.“

Das sei auch Sicherheitsaspekten geschuldet: „Wir haben jedes Jahr den Tüv im Haus.“ Und diese Fachleute werfen einen scharfen Blick in wohl alle Winkel des Hauses.

Stichwort „Sicherheit“: „Zwei Kollegen der Feuerwehr halten immer Wache während der Veranstaltungen.“ Wenn Not am Menschen ist, übernehmen die Wehrleute auch den Sanitätsdienst. Überhaupt, so Riesener: „Bei mehr als 50 Prozent geht‘s hier um Sicherheit.“

Die Stadthalle ist in Gladbeck nicht mehr wegzudenken als Ort der Bildung, Begegnung und Unterhaltung.
Gabi Stegemann - Leiterin des Kulturamtes in Gladbeck

Da wäre beispielsweise der „Eiserne Vorhang“. Hat nichts mit der Grenze im Kalten Krieg zu tun, der einst Europa gespalten hat, witzelte der Bühnenmeister. Vielmehr senkt sich diese Wand im Schadensfall innerhalb 30 Sekunden herab. Ersichtlich ist diese Absperrung durch eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf, wenn‘s brenzlig wird.

Der Regieraum bietet einen Überblick über den Saal der Mathias-Jakobs-Stadthalle in Gladbeck.
Der Regieraum bietet einen Überblick über den Saal der Mathias-Jakobs-Stadthalle in Gladbeck. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Den Mitgliedern des Ausschusses war es bei der Führung erlaubt, weiter in die Innenwelt der Stadthalle vorzudringen. So erfuhren sie denn, dass das Haus eine Großbühne mit Ober- und Untermaschinerie besitzt. Erstgenannte bietet 45 Menschen in einem Orchestergraben Platz. Die Szenefläche auf der Bühne, so Experte Riesener, misst neun mal elf Meter.

300 bis 500 Kilogramm können die Prospektzüge tragen

Darüber schweben die so genannten Prospektzüge. An ihnen können beispielsweise Scheinwerfer – gut 50 stehen insgesamt zur Verfügung – und Stoffe aufgehängt werden. Wie es zur Bezeichnung „Prospekt“ kommt? „Das geht zurück auf den Begriff ,gemaltes Bild‘.“

Zehn elektrisch betriebene Prospektzüge, die jeweils 300 Kilogramm tragen können, gibt‘s. Plus elf Exemplare, die per Hand betrieben werden. Nicht zu vergessen zwei Beleuchtungszüge, ausgelegt für eine maximale Tragkraft von 500 Kilo.

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Die Scheinwerfer im stadthalleneigenen Equipment sind umgerüstet worden auf LED. Ebenfalls modernisiert: die Lautsprecher. Waren früher acht im Saal verteilt, verbergen sie sich nunmehr in bananenförmigen Line Arrays, wie es in der Fachsprache heißt: zweimal vier Einheiten.

Philip Hoymann, Fachkraft für Veranstaltungstechnik, hat es im Regieraum der Stadthalle Gladbeck mit digitaler Technik zu tun.
Philip Hoymann, Fachkraft für Veranstaltungstechnik, hat es im Regieraum der Stadthalle Gladbeck mit digitaler Technik zu tun. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Und wenn wir einmal beim Kapitel „neue Technik“ sind: Sie hat auch beim Herzstück, im Regieraum droben über dem Saal mit einer Fläche von 26 mal 25 Metern, Einzug gehalten. Dennis Riesener: „Licht und Ton laufen jetzt über digitale Leitungen.“ Die Beschallungsanlage wurde im Jahr 2006 flott gemacht.

Bühnenmeister Dennis Riesener (links) erläuterte den Gästen die Technik im „Bauch“ der Gladbecker Stadthalle.
Bühnenmeister Dennis Riesener (links) erläuterte den Gästen die Technik im „Bauch“ der Gladbecker Stadthalle. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Im „Bauch“ der Stadthalle befindet sich ein eher unscheinbarer Schrank. Darin steckt die digitale Technik, die beispielsweise das Dimmen des Lichts ermöglicht. Was die Anlage gekostet hat, will Dagmar Wollschläger-Musiol nicht verraten: „Das war schon ein bisschen teurer.“ Nur soviel: „Das Programmieren erleichtert die Arbeit.“

Das Programmieren erleichtert die Arbeit
Dagmar Wollschläger-Musiol - Chefin der Mathias-Jakobs-Stadthalle in Gladbeck

Verwirrend wirken die Gänge mit Heizungs- und Klimaanlage. Wie Bütterken in Alufolie verpackt, schauen die Geräte aus. Rieseners Begründung: „Das dient der Dämmung und somit der Effizienzsteigerung.“ Außerdem wäre es ohne diese silbrige Isolation laut Stadthallen-Chefin auch wesentlich lauter hier unten, wo – wer hätte es nicht geahnt – der Sicherheit erneut eine wichtige Aufgabe zukommt.

Stars und Sternchen haben ihr Refugium in Sammel- und Sologarderoben

Die Springler-Anlage könne rund 30.000 Liter Wasser abgeben, informierte der 43-jährige Experte die Gäste: „Dann ist hier Land unter!“ Die Sicherheitsbeleuchtung wird ebenfalls im Keller geregelt. Der Meister für Veranstaltungstechnik, ein Synonym für Bühnenmeister, erläuterte: „Sie leuchtet in Bereitschaft für drei Stunden. Flucht- und Rettungswegbeleuchtung sind angekoppelt.“

Diejenigen, die ins Gladbecker Rampenlicht treten, haben ebenfalls ihr Refugium in der Stadthalle. Die Gäste können sich in einer der drei Sammelgarderoben stylen und vorbereiten. Oder eine der vier Solo-Garderoben beziehen, bevor es heißt: Bühne frei für die Stars und Sternchen!