Gladbeck. Der Wochenmarkt in der Gladbecker Innenstadt leidet seit Jahren unter schwindenden Besucherzahlen. Auch die Händler bleiben zunehmend weg.
Auf dem Wochenmarkt in der Stadtmitte ist wenig los. Jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag stehen die Händler vormittags und mittags, von acht bis 13 Uhr auf dem Marktplatz in Gladbeck. Vor nicht allzu langer Zeit bevölkerten viele Stände und Besucher die gesamte Fläche des Platzes. Mittlerweile sind nur noch knapp ein Dutzend Stände übrig, die jede Woche ihre Waren zum Verkauf anbieten.
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Die Gründe für den Händler- und Besucherrückgang sind vielfältig. Neben den Faktoren, die die gesamte Wirtschaft lähmen, Inflation und eine damit verbundene schwindende Kaufkraft, steht auch das Modell des Wochenmarktes als solches unter Druck. Das Kaufverhalten der jüngeren Generationen und das sich wandelnde Stadtleben trügen ebenfalls zur Krise des Wochenmarktes bei.
„Der Markt sieht aus wie kahlgeschlagen“
Samstags ist es auf dem Gladbecker Wochenmarkt noch tendenziell am belebtesten. Doch selbst bei frischer Frühlingskühle und Sonnenschein wirken die Stände und Straßen nicht sonderlich frequentiert. „Früher war der Markt mindestens doppelt so groß. Und es waren auch mehr Besucher da“, erinnert sich eine Kundin, die nicht namentlich genannt werden möchte, „Jetzt sieht es aus wie ein Kahlschlag“.
„Damals stand der ganze Marktplatz inklusive der Parkplätze voll mit Marktständen und Händlern. Es herrschte einfach eine angenehme Atmosphäre. Die Leute trafen sich zum Kaffeetrinken und quatschen“, so Besucherin Doris Achtmann. Mittlerweile wirke alles gehetzter. Doris Achtmann geht nach wie vor leidenschaftlich gerne über den Wochenmarkt. Sie lebt, erzählt sie, seit 1960 in Gladbeck und besuche die Wochenmärkte jeden Samstag.
Schlechtere Auswahl und fehlende Spezialitäten
Die gestiegenen Preise seien für sie kein Grund, auf den Wochenmarkt zu verzichten: „Alles ist überall teurer geworden. Im Verhältnis ist es auf dem Wochenmarkt immer noch etwas günstiger als beim Discounter oder im Supermarkt“, sagt Achtmann. Sie schätzt vor allem die Regionalität und Frische der Produkte, mit denen jene aus dem Supermarkt nur schwer mithalten könnten.
Besonders vermisse sie einen bestimmten Blumenhändler, der neben einer Auswahl an Schnittblumen auch Topfpflanzen im Angebot hatte. „Ich habe dort besonders gerne Blumen gekauft, die ich auf dem Friedhof oder in meiner Wohnung einpflanzte“, so die Marktkundin. Man kannte sich gut, und es seien stets nette Gespräche aufgekommen.
Auch Marktgänger Axel Morwach vermisst spezialisierte Stände und Händler auf dem Markt: „Ein oder zwei fahrende Feinkosthändler finden sich hier schon noch. Es gab dennoch Zeiten, an denen hier eine Vielzahl an Köstlichkeiten angeboten wurde, die es sonst nirgends in der Stadt zu kaufen gab.“ Er gehe jede Woche auf den Markt und finde grundsätzlich auch alles für den täglichen Bedarf. Die Auswahl und Produktvielfalt lasse aber gegenüber Supermärkten stark nach.
Wim Smit ist mit seinem Käse-Feinkoststand eine Ausnahme. Der Holländer ist seit 35 Jahren auf den Wochenmärkten verschiedener Städte vertreten und eine Institution in Gladbeck. „Wir haben über hundert Sorten Käse aus ganz Europa. Eine solche Auswahl können Supermärkte nicht bieten, und für stationäre Fachgeschäfte ist die Sparte zu nischig“, so Smit. Er habe eine starke Stammkundschaft in Gladbeck. Neben Smit gibt es aktuell auf dem Wochenmarkt nur noch einen weiteren Händler mit Spezialitäten.
Wochenmarkt ist für junge Leute und Familien unattraktiv geworden
Blumenhändler Erhard Heimann ist mit seinem Stand seit Jahren in Gladbeck vertreten. „Richtig voll war es hier zuletzt während der Pandemie. Als die Leute Innenräumen fern blieben und nur eine gewisse Zahl Kunden gleichzeitig in die Geschäfte durften, kamen viele auf den Markt, um ihren Wocheneinkauf unter freiem Himmel zu tätigen“, so Heimann. Das hätte dem Markt langfristig aber nichts gebracht.
Wie gut der Wochenmarkt besucht sei, hinge auch von der Stadt und dem Wochentag ab. „Generell ist in Gladbeck besonders wenig los. In anderen Städten wie Bottrop oder Marl sind die Märkte noch größer und belebter“, so Heimann. Unter der Woche hätten zusätzlich viele Arbeitende keine Zeit, um morgens oder mittags auf dem Markt einzukaufen. Dann blieben nur Senioren und Arbeitslose als Kunden übrig. Heimanns Mitarbeiterin, Iris Hesse, ergänzt: „Auch die Märkte der einzelnen Stadtteile leiden. In Rentfort gibt es mittlerweile keinen Markt mehr“.
Monika Bone verkauft an ihrem Stand Bio-Gemüse und ist seit 35 Jahren Teil des Gladbecker Wochenmarktes. Vor einigen Jahren übertrug sie die Geschäftsleitung ihrem Sohn, der den Marktstand und zwei Bio-Läden weiterführt, was eine Seltenheit in der nachwuchs schwachen Branche darstellt. „Gerade für Kinder stellt der Wochenmarkt eine gute Lernmöglichkeit dar. Früher kamen regelmäßig Schulklassen und Kita-Gruppen her, um zu lernen, woher Lebensmittel kommen und welche Vielfalt die Esskultur bietet“, so Bone.
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Sie sehe auch die Stadt in der Verantwortung, mit Spielgeräten und Aufenthaltsmöglichkeiten, den Markt wieder familienfreundlicher zu gestalten. „Fressbuden gibt es überall. Damit können Kinder nur nichts anfangen. Es gab ja Zeiten, in denen auch Hüpfburgen und Spieleecken auf dem Markt Platz fanden. Dahin möchte ich zurück“, so Bone. Generell hätte der Markt Probleme in Ballungszentren. Ohnehin kenne noch kaum jemand in Großstädten seine Nachbarn oder Mitmenschen gut.