Gladbeck. Mit der nahenden EU-Wahl kommt die Zeit der Wahlplakate. Doch in Gladbeck gelten klare Vorgaben, an die Parteien sich halten müssen.
Die Europäer dürfen ein neues Parlament wählen, am 9. Juni können sie ihre Stimme dafür abgeben. Erfahrungsgemäß wird in den letzten Wochen vor der Wahl noch ordentlich die Werbetrommel gerührt. Das heißt in den meisten Fällen, dass Plakate aufgehängt werden. Die sorgen bei Bürgerinnen und Bürgern nicht selten für Verdruss, gewinnt doch das Stadtbild durch die großformatigen Köpfe und mehr oder weniger eingängigen Slogans nicht unbedingt. Deshalb müssen die Parteien bei ihrer Werbung auch einiges beachten. Denn längst nicht alles ist erlaubt.
Zunächst einmal gibt es ein vorgeschriebenes Zeitfenster, in dem überhaupt nur plakatiert werden darf. Das beginnt drei Monate vor der Wahl. Wer jetzt fix gerechnet hat, dem wird aufgefallen sein, dass theoretisch seit dem 9. März die ersten Plakate hätten hängen dürfen. Doch bis jetzt hat keine Partei den Auftakt gemacht. Das lässt möglicherweise Rückschlüsse darauf zu, welche Bedeutung man dieser Wahl beimisst. Denn bei Bundestags- oder Kommunalwahlen ist es oft genug so, dass Parteien gar nicht schnell genug sein können, um sich die vermeintlich besten Plätze an Laternen und sonstigen Masten zu sichern. Innerhalb von zehn Tagen nach der Wahl müssen sie entfernt werden.
In Gladbeck gibt es zwei Möglichkeiten zu plakatieren
Allerdings gibt es in Gladbeck zwei Arten zu plakatieren: Zum einen mietet das Wahlbüro der Stadt große Außenwerbeflächen von Ströer an, die dann von den Parteien genutzt werden können. „Parteien, die im Bundestag vertreten sind, wurden bereits über die Verteilung der möglichen Standorte informiert. Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind, müssen sich aktiv an das Wahlbüro wenden“, sagt Stadtsprecher David Hennig. Denn selbstverständlich dürfen alle Parteien, die zur Europawahl antreten, in Gladbeck werben. Diese Flächen werden am 10. Mai und 21. Mai bestückt, so der Stadtsprecher. Die zweite Möglichkeit ist das klassische Plakat im Straßenraum, über das Amt für öffentliche Ordnung könne eine entsprechende „Sondernutzungserlaubnis für Plakate im öffentlichen Straßenraum“, beantragt werden.
Dabei gilt es aber zu beachten, dass nicht jeder Mast an den Straßen genutzt werden darf. Das regelt eine entsprechende Anlage zur Sondernutzungserlaubnis. An Ampelmasten und Pfosten von Schildern dürfen keine Plakate befestigt werden. Auch das Plakatieren an Bäumen ist verboten. Ferner dürfen die Plakate den Verkehr nur möglichst wenig beeinträchtigen, es muss eine Gehwegbreite von zwei Metern für Fußgänger bleiben, ein gemeinsamer Geh- und Radweg muss sogar eine Restbreite von 2,50 Meter haben. „In einem Abstand von mindestens 80 Meter vor Bahnübergängen sowie am Innenrand von Kurven muss die Plakatierung unterbleiben“, heißt es weiter, gleiches gilt im Bereich von zehn Metern vor Einmündungen und Kreuzungen, gleiches gilt übrigens für Haltestellen – um nur einige der vielen Vorschriften zu nennen.
Gladbecker Innenstadt muss frei bleiben von Plakaten
Hinzu kommt, dass in Gladbeck auch gar nicht an allen Straßen um Stimmen geworben werden darf. So heißt es in der Anlage: „Von Plakatierungen freizuhalten sind: die Fußgängerzonen der Innenstadt, einschließlich des Marktplatzes, der Willy-Brandt-Platz, die Postallee zwischen Kreisverkehr Humboldtstraße und Willy-Brandt-Platz, die Friedrich-Ebert-Straße der Marktplatz an der Tunnelstraße, der Marktplatz an der Münsterländer Straße in Rosenhügel sowie der Mittelstreifen der Europabrücke.“ Und wer Plakate anbringt, der muss auch dafür sorgen, dass sie mindestens in einer Höhe von 2,25 m hängen.
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Es darf auch nicht jeder so viele Plakate kleben, wie die Parteikasse hergibt. David Hennig: „Den Parteien wird eine Straßenliste als Anlage zur Verfügung gestellt, wo zu jeder Straße, in der plakatiert werden darf, die genaue Anzahl der erlaubten Plakate deklariert ist.“ Auf den Außenwerbeflächen gelte ähnliches. Hier werde die Anzahl der Plakate auf Grundlage der sogenannten abgestuften Chancengleichheit berechnet. Dahinter verbirgt sich im Prinzip eine Kategorisierung der Parteien abhängig von den voraussichtlichen Chancen bei der Wahl. Die wiederum werden aus den vergangenen Wahlen abgeleitet. Das ist so im Parteiengesetz verankert. Außerdem gilt für die Außenwerbeflächen: „Die Plakate sind vorab zur Überprüfung auf sensible Inhalte der Werbefirma zuzusenden.“
Das gleiche prinzip gilt auch für die 1736 Standorte für Wahlplakatierungen im Stadtgebiet. Der Verteilungsschlüssel geht auf das Ergebnis der letzten Europawahl in Gladbeck zurück. Aus dem damaligen Stimmenanteil von 25,9 Prozent für die SPD ergibt sich, dass sie 451 Plakate hängen darf, die CDU (22,5 Prozent) 334, erläutert Hennig. „Jede Partei, die bei der letzten Europawahl keine Sitze errungen hat oder zum ersten Mal bei der Europawahl antritt, erhält nach dem erwähnten Prinzip 5 % der zur Verfügung stehenden Standorte.“
Er hat auch ein Beispiel parat. Demnach dürfen an der Arnebergstraße maximal 53 Plakate gehängt werden. Die SPD dürfte dort dann maximal 14 Werbebanner platzieren, die CDU 12, die FDP acht. Jeder weiteren Partei, die bei der vergangenen EU-Wahl Sitze in Brüssel errungen hat, mindestens 11,7 Prozent der zur Verfügung stehenden Standorte plakatieren darf. Wer neu antritt oder bisher nicht vertreten war, hat ein Anrecht auf fünf Prozent der Standorte. Hennig: „Deshalb kann es auch vorkommen, dass mehr als 100 % Plakatierungsfläche vergeben wird und deshalb auch hier und da mehrere Plakate an einem Standort hängen.“
Bei Verstößen gegen die Vorgaben drohen den Parteien Bußgelder
Bei dieser Vielzahl von Regeln und Vorschriften drängt sich die Frage auf: Wer kontrolliert die Einhaltung? Darum kümmert sich der Außendienst des Amtes für öffentliche Ordnung. „Wird mehrfach gegen die Regeln verstoßen, oder nicht auf die Hinweise der Ordnungsbehörde reagiert, müssen die Parteien mit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens rechnen“, stellt Hennig klar.
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Und es komme durchaus vor, dass die Stadt da eingeschritten sei, sagt Hennig mit Blick in die Vergangenheit, etwa wenn Bürger sich beschwert hätten. „Es kommen insbesondere Hinweise zur mangelhaften Anbringung von Plakaten und zur Überschreitung des zulässigen Zeitraums, in dem die Plakate noch hängen dürfen.“ In solchen Fällen schreite man natürlich ein, „in Einzelfällen kommt es dann auch zur Verhängung von Bußgeldern“.
Und wenn mir das Plakat vor meiner Haustür nicht passt, weil es vielleicht nicht meiner politischen Richtung entspricht? Dann hat man Pech gehabt, um es plump zu formulieren. Denn die Plakate sind Teil der politischen Meinungsbildung und werden im öffentlichen Straßenraum aufgehängt. „Hier haben private Interessen von Anwohnern im Rahmen einer Sondernutzung zurückzustehen“, so Hennig. Selbstverständlich immer vorausgesetzt, dass alle anderen Regeln eingehalten wurden.