Gladbeck. Längst nicht immer ist die Stadt für Baustellen verantwortlich. Auch andere Unternehmen dürfen Straßen aufreißen. Doch es gelten Regeln.

Die Voßstraße zumindest ist inzwischen wieder dicht und befahrbar. Doch gefühlt gibt es in Gladbeck zahlreiche Baustellen. Das steht aber im Kontrast zur Übersicht auf der städtischen Internetseite. Denn danach gibt es im Stadtgebiet gerade einmal vier Baumaßnahmen, Stand Mittwoch. Das liegt jedoch daran, dass die Stadt dort nur über eigene Baumaßnahmen informiert. Deshalb finden sich auf der Seite Informationen zur Kanalsanierung und zum Straßenbau an der Allensteiner Straße, zum Straßenausbau Buschfortweg, zur Kanalsanierung an Eggebrecht- und Talstraße sowie zu der Kanalsanierung Meerstraße.

Die Allensteiner Straße in Gladbeck, hier baut die Stadt demnächst selbst, die Erneuerung der Kanalisation steht an.
Die Allensteiner Straße in Gladbeck, hier baut die Stadt demnächst selbst, die Erneuerung der Kanalisation steht an. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Klar ist aber auch: Es gibt in Gladbeck derzeit sehr viel mehr Baustellen. Das liegt daran, dass die Stadt nicht die einzige ist, die Straßen aufreißen darf. Denn sämtliche Versorgungsunternehmen dürfen das auch, wenn sie an ihre Rohre oder Leitungen müssen oder neue verlegen müssen.

Rechnerisch an fast jedem Arbeitstag eine Aufbruchgenehmigung in Gladbeck

Und das sind mehr, als man womöglich beim ersten Mal denkt: Stromversorger, Wasserwerk oder auch Gasversorger fallen einem bestimmt sofort ein. Auch der Fernwärmeanbieter. Aber auch Telekommunikationsanbieter haben ihre Kabel unterhalb der Gehwege und Straßen verlegt. Und es wird immer mehr. Aktuell plant Westconnect in den ersten Stadtteilen die Verlegung von Glasfaserkabeln. Ein weiterer Versorger also, den es in den Gladbecker Untergrund zieht.

„Alle, die ein berechtigtes Interesse haben, Versorgungsleitungen zu verlegen, dürfen die Straße aufreißen.“
Frank Restemeyer - Leiter des städtischen Ingenieuramts

Grundsätzlich bräuchten Unternehmen, die in Gladbecks Straßen buddeln, eine sogenannte Aufbruchgenehmigung, erläutert Frank Restemeyer, Leiter des Ingenieuramts der Stadt. Und zunächst einmal gelte, dass alle, die ein berechtigtes Interesse hätten, Versorgungsleitungen zu legen, das auch dürfen. Das führte dazu, dass die Stadt im vergangenen Jahr rund 200 Aufbruchgenehmigungen erteilt hat. Geht man jetzt von 250 Arbeitstagen aus, so war es rein rechnerisch fast jeden Tag eine.

Schaut man auf die Vielzahl der Versorger, so kann man sich auch gut vorstellen, dass es an einigen Stellen im Untergrund ganz schön eng zugeht. Eigentlich gebe es Regeln, wie sich die einzelnen Versorger im Untergrund einzuordnen hätten, doch klaffen zwischen Theorie und Praxis manchmal Unterschiede. Das sei aber völlig normal, sagt Frank Restemeyer.

Es gibt zwei Gründe für Versorger, um die Straßen aufzureißen

Gladbeck sei schließlich keine Stadt, die am Reißbrett entstanden sei. Vielmehr sei die Stadtentwicklung ja heterogen. Sprich, die Versorgungsleitungen sind nach und nach in den Boden gekommen. Wenn man eine Straße komplett erneuere, dann freilich könne man sich an die geltenden technischen Regeln halten. An der Meerstraße geschehe das aktuell, sagt Restemeyer, dort werden sämtliche Leitungen neu verlegt.

Es gebe in der Regel zwei Gründe, warum Versorger eine Straße aufreißen lassen, sagt der Fachmann. Entweder wollen sie etwas Neues verlegen, das sind dann geplante Maßnahmen, oder sie müssen etwas reparieren. Das sind dann plötzlich aufgetretene Schäden, die auch sofort repariert werden müssen. Für solche Fälle hätten die Versorger alle Vertragsunternehmen an der Hand, die diese Arbeiten dann durchführen.

Straßenbegeher laufen das Gladbecker Straßennetz regelmäßig ab

Dazu brauche es auch keine Aufbruchgenehmgung, stellt Restemeyer klar, denn in solchen Fälle sei Eile geboten, etwa wenn eine Wasserleitung beschädigt ist. Allerdings müssen diese Vertragsfirmen bestimmte Vorgaben erfüllen, müssen etwa in der Handwerksrolle eingetragen sein und auch einen Meister für Straßenbau haben. Bedingungen, die ebenfalls gelten, wenn Aufbruchgenehmigungen erteilt werden.

So soll sichergestellt sein, dass die Arbeiten fachgerecht ausgeführt werden und Folgeschäden möglichst gering ausfallen. Denn klar sei auch: Egal wie gut man die Fahrbahndecke wiederherstellt, es ist immer erkennbar. Restemeyer: „Man kann es vielleicht mit einer Narbe vergleichen, die bleibt auch für immer.“ Die Straßenbegeher, die regelmäßig in der Stadt unterwegs sind, haben auch darauf ein Auge. Alle 14 Tage haben sie das gesamte Stadtgebiet einmal durchquert. Die Straßenbegeher prüfen im Zweifel auch, ob eine Baustelle rechtmäßig eingerichtet wurde.

„Ich kann das gut nachvollziehen, diese Auflagen haben Gründe und Arbeitssicherheit geht nun einmal vor.“
Gregor Wirgs - Leiter des städtischen Ordnungsamts

Denn dabei geht es nicht nur um die Aufbruchgenehmigung. Die Straßenbauer, die an Gladbecks Straßen wollen, müssen auch Sperrgenehmigungen haben. Dafür ist das Ordnungsamt zuständig, dort müssen die Unternehmen entsprechende Verkehrspläne vorlegen. Es gibt Firmen, die darauf spezialisiert sind, die sich darum kümmern. Das seien in der Regel immer wieder dieselben, die hier in der Region tätig seien. Entsprechend liefen da auch die Absprachen, sagt Ordnungsamtsleiter Gregor Wirgs. Die Unternehmen kennen auch die entsprechenden Regeln. „Da arbeiten Profis mit Profis“, beschreibt Wirgs die Zusammenarbeit. Dort werde auch darauf geachtet, dass nicht die Umleitungsstrecke von einer Baustelle wegen einer anderen gesperrt sei. „Da stimmen sich die Unternehmen aber teils auch schon im Vorfeld ab.“

Zweimal im Jahr tagt zudem die „Versorgerkonferenz“, da sitzen die Verantwortlichen der Unternehmen und der Stadtverwaltung zusammen und besprechen die Vorhaben. Denn wenn die Stadt selbst Straßen erneuert, gibt es auch Anfragen an die Versorger, inwieweit die im Vorfeld ihr Leitungen prüfen und erneuern wollen. Falls eine Straße neu gemacht wurde, darf sie zunächst nicht mehr wieder aufgerissen werden. Es gilt eine Sperrfrist.

In der letzten Zeit würden aber vor allem Vollsperrungen beantragt, weiß Wirgs. Dadurch ist der Verdruss bei Autofahrern meist besonders groß, aber dahinter stecke vielfach die Berufsgenossenschaft. Die Vorschriften zum Arbeitsschutz hätten sich in den vergangenen Jahren verschärft, sagt Wirgs. Die Folge: Wo sich bis vor einigen Jahren der Verkehr noch auf einer Spur an der Baustelle vorbeiquetschen durfte, gibt es nun kein Durchkommen mehr. „Ich kann das gut nachvollziehen, diese Auflagen haben Gründe und Arbeitssicherheit geht nun einmal vor“, sagt Gregor Wirgs.

Das gilt für Kreis- und Landesstraßen

Nun gibt es in Gladbeck ja nicht nur Straßen und Wege, für die die Stadt verantwortlich ist. Einige fallen auch in die Verantwortung des Kreises, andere in die des Landes. Sie sind es dann auch, die die entsprechenden Aufbruchgenehmigungen erteilen, erläutert Frank Restemeyer. Für diese Genehmigung ist nämlich immer der jeweilige Straßenbaulastträger verantwortlich.

Anders sieht es dagegen bei den Sperrgenehmigungen, also den verkehrsrechtlichen Anordnungen, aus. Die erteilt – auch bei Landes- und Kreisstraßen – das hiesige Ordnungsamt.