Gladbeck. Aus Kerala nach Gladbeck: Wie indische Pflegerinnen im St.-Barbara-Hospital helfen – und wie sie sich in Deutschland einleben.
Die Pommes waren dann doch zu salzig. In Indien isst man nicht so viel Salz, erzählen die drei, aber Pommes hin oder her, in Gladbeck gefällt es ihnen. Vrinda Wilson (29), Anjumol Aji (27) und Anu Joseph (27) leben seit Dezember 2023 in der Stadt, sie stammen aus dem südindischen Bundesstaat Kerala. Seit zwei Monaten arbeiten die studierten Krankenpflegerinnen im St.-Barbara-Hospital, als ausländische Fachkräfte aus einem Drittland, um dem Fachkräftemangel in Deutschland Herr zu werden.
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Über die Defa, die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe, kam der Kontakt zustande. Anu Joseph erinnert sich: „Ich habe in der Zeitung eine Anzeige gesehen und mich darauf beworben.“ Warum? „Wir wollten außerhalb Indiens arbeiten, in Europa, in Deutschland“, erklärt Vrinda Wilson, die anderen beiden nicken. Nicht selbstverständlich übrigens. Sebastian Finke, Ausbildungsbeauftragter im Hospital, lacht. „Das ist in Indien nämlich andersrum. Kopfschütteln heißt ,Ja‘, Nicken heißt ,Nein‘.“
Deutschkurs in Indien für neue Pflegekräfte in Gladbeck
Noch in Indien konnten die drei Fachkräfte von dem Angebot profitieren, „während des Deutschkurses wurde ein landestypisches Gehalt gezahlt, damit die drei nicht parallel arbeiten mussten“, erklärt Nicole Paeßens, Integrationsbeauftragte im Leistungsverbund, zu dem auch das St.-Barbara-Hospital gehört.
Wilson, Aji und Joseph sehen aber noch mehr Vorteile ihrer knapp 8000 Kilometer langen Reise. „Hier in Deutschland gibt es tolle Freizeitmöglichkeiten“, lächelt Anjumol Aji. Dem 49-Euro-Ticket sei Dank. Köln stand schon auf dem Reiseplan, die Niederlande auch. Trotzdem bleibt noch Geld übrig, um es der Familie in der Heimat zu schicken, das machen alle drei Inderinnen.
Neue Pflegekräfte kommen bei Gladbecker Patienten gut an
Die Arbeit selbst, das berichtet das Trio, sei anders, aber schön. „Es ist eine neue Erfahrung“, sagt Anu Joseph, „die Pflege am Bett, das Waschen der Patienten zum Beispiel, das ist in Indien nicht so.“ Dort, ergänzt Finke, sei es eher so, dass die Angehörigen die Patienten pflegen und die Fachkräfte sich nur um medizinische Angelegenheiten kümmern.
Wundern sich die Gladbecker Patienten da nicht ein wenig, wenn sie von Frauen gepflegt werden, die zwar sehr gut, aber deutlich hörbar mit Akzent Deutsch sprechen? „Die Patienten fragen schon“, sagt Vrinda Wilson und lächelt, „sie sind generell sehr interessiert und stellen viele Fragen.“ Und den einen oder anderen Heiratsantrag habe es wohl auch schon gegeben, zwinkert Pflegedirektorin Sabine Erberich.
Indische Pflegekräfte in Gladbeck: Currywurst, Kälte und zu viel Salz
Und auch kollegial läuft es, „es gibt durchweg gutes Feedback der Kollegen“, sagt Erberich, Anjumol Aji ergänzt: „Wir sind hier super aufgenommen worden, die Kollegen unterstützen uns sehr.“ Nicht nur auf der Arbeit wohlgemerkt. Sebastian Finke erinnert sich an die Weihnachtsfeier aller ausländischen Fachkräfte des Leistungsverbunds. „Das war eine ganz spannende Erfahrung. Erst haben wir Weihnachtslieder aus den Heimatländern gesungen, und auf einmal, fragen Sie mich nicht wie, haben wir alle getanzt, den ganzen Abend lang.“
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Aber Deutschland wären nicht Deutschland, hinge nicht noch ein bürokratischer Rattenschwanz am Erfolgskonzept. Bis zu 24 Monate dürfen die Fachkräfte im Land bleiben, spätestens dann muss die Kenntnisprüfung abgelegt werden, um die Qualifikationen und die Sprache zu testen. „Dann dürfen sie aber unbefristet hier bleiben und sich ihr Leben aufbauen“, sagt Sebastian Finke.
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Vrinda, Anjumol und Anu haben damit schon einmal angefangen und sich gut in Deutschland akklimatisiert. Passendes Stichwort, das kalte Wetter, der erste Schnee, das sei schon ein kleiner Kulturschock gewesen. Die erste Currywurst kam dafür äußerst gut an, „und wir haben McDonalds und Einkaufszentren, das ist schön“, lächelt Anu. Gefragt nach dem gemeinsamen Besuch in einem indischen Restaurant grinsen die drei etwas verlegen. Schön scharf sei es gewesen, aber etwas hätte dann doch gestört. Na was wohl? Zu salzig war‘s.