Gladbeck. Wenn die B224 zur A52 wird und in den Tunnel verlegt wird, hat Gladbeck wieder viel Freifläche. Wie die aussehen soll, zeigt jetzt ein Entwurf.

Nicht weniger als ein Jahrhundertprojekt ist es für Gladbeck, wenn die B224 sich aus ihrem Kokon schält und sich – zur A52 herangewachsen – in den Untergrund verlegt. Das sagt zumindest Bürgermeisterin Bettina Weist am Donnerstag, als sie den Siegerentwurf für den Planungswettbewerb "37 Grad Nordost" vorstellt. Sonst meist ein Euphemismus, könnte die erste Bürgerin mit ihrer Wortwahl ob der Fallhöhe des Projekts ziemlich richtig liegen. Denn wenn der Deckel einmal auf dem Tunnel ist, gewinnt Gladbeck auf einen Schlag 30 Hektar Planungsfläche. Und was macht die Stadt dann damit?

Mit dieser Frage haben sich insgesamt zehn Planungsteams auseinandergesetzt, die neunköpfige Jury entschied in dieser Woche, und übrig blieb ein Sieger: Der Düsseldorfer Architekt Thomas Schüler gemeinsam mit dem Hamburger Planungsbüro „arbos“. Arbos, das heißt Bäume, und das passt, denn der Siegerentwurf ist vor allem: grün. „Neben Wohnen waren Klima und Klimaresilienz wichtige Vorgaben für die Planungsteams“, erklärt Weist.

Drei große Teile machen „37° Nordost“ in Gladbeck aus

Ganz grob kann man den Plan auf drei große Teile herunterbrechen. Da ist zum einen die neue Stadtstraße, die sich von der Vestischen Kampfbahn im Süden bis zur Tunnel-Ein- und Ausfahrt im Nordosten erstreckt. Eine Allee, unschwer zu erkennen, unterbrochen von einigen Kreisverkehren und einem kleinen Park am historischen Freibadgebäude. Auf der Straße dürfen auch Autos fahren, doch Martin Ritscherle vom Wettbewerbsmanagement macht deutlich: „Die Autos sollen nicht die Hauptrolle spielen. Menschen sind der Maßstab.“

Wie es aussehen könnte: Der Siegerentwurf für das Gladbecker Projekt auf dem Deckel des A52-Tunnels.
Wie es aussehen könnte: Der Siegerentwurf für das Gladbecker Projekt auf dem Deckel des A52-Tunnels. © funkegrafik nrw | Anna Stais

Teil zwei ist für den Untertitel des Wettbewerbs, „Gladbeck wächst zusammen“, vielleicht das wichtigste Element. Im Norden des Projektgebiets entstehen, je nach Lesart, zwei oder drei Wohnblöcke links und rechts der neuen Stadtstraße. Im PR-Sprech sind sie „urbane Quartiere“ mit Parkgaragen, die die Autos aus dem Quartier raushalten sollen. Viel wichtiger aber: Es wäre diese Stelle, an der Mitte und Butendorf stellvertretend für ganz Gladbeck tatsächlich zusammenwachsen würden und der Hadrianswall B224 tatsächlich verschwände.

Teil drei ist das „Campusquartier“ östlich der Vestischen Kampfbahn und des Freibads. Campus deswegen, weil sich die Planer in der ersten Reihe entlang der neuen Stadtstraße Gebäude für Forschungsunternehmen und andere Player im Wissenschaftssektor vorstellen, die gleichzeitig Schallschlucker wären, für die Wohnbebauung dahinter. Ein Mini-Bebauungsgebiet kommt noch dazu: Entlang des Wurmfortsatzes der Harsewinkelstraße sollen fünf Wohngebäude entstehen.

B224 wird zur A52: Es bleiben viele „abers“

Das klingt alles schön und sieht super aus – es wird Zeit für ein „aber“. „Was Sie hier sehen, ist nicht der definitive Bebauungsplan, sondern die Basis, auf der wir jetzt arbeiten“, sagt Martin Ritscherle, heißt: Es kann sich noch eine Menge ändern. Zwar ginge es nun auch noch mit den zwei Drittplatzierten (einen Zweitplatzierten gibt es nicht) in die Verhandlungen, „aber es ist sehr wahrscheinlich, dass wir mit dem Erstplatzierten arbeiten. Das ist bei öffentlichen Vergabeverfahren in der Regel so.“ Und selbstredend muss der Stadtrat die Planung auch noch absegnen.

Blick in die Zukunft: So könnte die neue Stadtstraße auf dem A52-Deckel in Gladbeck aussehen. Hier ein Blick auf das „urbane Quartier“, in dem Mitte und Butendorf zusammenwachsen.
Blick in die Zukunft: So könnte die neue Stadtstraße auf dem A52-Deckel in Gladbeck aussehen. Hier ein Blick auf das „urbane Quartier“, in dem Mitte und Butendorf zusammenwachsen. © Thomas Schüler Architekten Stadtplaner, Düsseldorf, zusammen mit arbos Freiraumplanung GmbH, Hamburg | Thomas Schüler Architekten Stadtplaner, Düsseldorf, zusammen mit arbos Freiraumplanung GmbH, Hamburg

Bis der Plan, wie auch immer er dann aussehen mag, mal Gestalt annimmt, ist es außerdem noch ein Weilchen hin. Die ehrgeizige Unternehmung A52-Tunnel ist noch nicht in trockenen Tüchern, und selbst wenn, müssten die Bauarbeiten ja erstmal anfangen. „In zehn bis 15 Jahren könnte das realistisch werden“, so Ritscherle. Aber immerhin hat die Stadt Gladbeck jetzt ihren Ariadnefaden, der hoffentlich aus dem Abgrund der hässlichen B224-Furche mitten in der Stadt herausführt. Ein bisschen etwas gekostet hat der auch, insgesamt 155.000 Euro Preisgeld werden an den Erstplatzierten, die beiden Drittplatzierten und einen „Sonderpreisträger“ ausgeschüttet.

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Bürgermeister Bettina Weist jedenfalls freut sich. Wie gesagt, ein „Jahrhundertprojekt“ sei diese Unternehmung, und ein wichtiger Schritt, „um die Stadt zukunftsweisend zu planen“, ein „wichtiger Gamechanger“. Wie man es auch nennen mag, woran es der Bürgermeisterin am meisten gelegen ist: „Im Herzen der Stadt richtig was auf die Beine stellen.“

>> BÜRGER KÖNNEN DEN SIEGERENTWURF SELBST UNTER DIE LUPE NEHMEN

  • Der Siegerentwurf und die drei anderen, topplatzierten Entwürfe sind ab sofort für 14 Tage im Lichthof des Neuen Rathauses ausgestellt.
  • Die Pläne können zu den regulären Öffnungszeiten besichtigt werden: Montags bis mittwochs, 8 bis 15.30 Uhr, donnerstags, 8 bis 17.30 Uhr und freitags, 8 bis 12 Uhr.
  • Das Projektteam bietet außerdem geführte Rundgänge an. Die fünf Termine (ab dem 14. November) und der Link zum Anmeldeformular gibt es im Internet unter 37gradnordost.de.