Gladbeck. Chiara Rasche ist die neue Appeltatenmajestät – nur ein Jahr, nachdem sie nach Gladbeck gezogen ist. Der Wettkampf um die Krone war dramatisch.
Es mutet ein wenig an wie die heiratspolitischen Schachzüge der Könige im Mittelalter. Die Nachkommen mit den Sprösslingen anderer Blaublüter verheiratet, fertig ist die Allianz. So gesehen hat Gladbeck am Appeltaten-Samstag eine inoffizielle Städtepartnerschaft mit Jena unterschrieben, denn die neue Appeltatenmajestät für die Saison 2023/2024 heißt: Chiara Rasche.
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Die 21-Jährige, übrigens die jüngste Kandidatin unter den sechs Anwärterinnen auf die Krone beim Appeltatenfest, lebte vor einem Jahr noch in Jena, ihrer Heimat. Die Liebe trieb sie nach Gladbeck, beruflich ist die gelernte Gestaltungsassistentin in der Rathaus-Druckerei untergekommen. Da dürfte sie in den nächsten zwölf Monaten wohl öfter mal fehlen, die Äpfelchen-Krone bringt entsprechend repräsentative Pflichten mit sich. Wie Chiara Rasche die Krone errungen hat? Einmal ganz von vorne:
Appeltatenfest in Gladbeck: Spannung, Freibier und schlechte Witze
Das Appeltatenfest, wenn auch noch nicht offiziell eröffnet, beginnt mit einem schlechten Witz von Moderator Manni Breuckmann, für den er sich vorsichtshalber vorher schonmal entschuldigt, so richtig krumm nimmt ihm den Kalauer aber keiner der vielen Besucher auf dem Willy-Brandt-Platz. Spannung liegt ohne Zweifel in der Luft vor dem Gladbecker Rathaus, vorfreudiges Murmeln zwischen Bierwagen und Bühne: Wer ist in den kommenden zwölf Monaten das repräsentative Gesicht Gladbecks?
Gegen die Anspannung gibt es deswegen erstmal Freibier, zwei Hammerschläge braucht Bürgermeisterin Bettina Weist, bis das Pils fließt. Manni Breuckmann kriegt auch ein Glas, „wie üblich“, sagt er, muss dann aber feststellen, dass das Gebräu alkoholfrei den Rachen herunterrinnt – mit ein wenig Enttäuschung in der Stimme. Dann geht’s ans Eingemachte, also fast, Breuckmann hält ein kurzes Quätschken mit den sechs Kandidatinnen, inklusive Fußballexpertise („Ist Gladbeck immer noch Schalke-Town?“) und investigativen Nachfragen („Stimmt das, dass bei der Freiwilligen Feuerwehr so viel gesoffen wird?“).
Beeindruckende Schalen und bröckelnde Träume
Dann geht es zur ersten Disziplin, ein Klassiker: Wer schält die längste Apfelschale. Die spätere Königin Chiara Rasche landet da noch auf dem letzten Platz, 73 Zentimeter, beste Grundlage für eine echte Cinderella-Story. Die vorläufige Krone heimst Eva Öney-Gökkaya ein, 3,21 Meter misst die Schale, Platz zwei liegt weit abgeschlagen bei 1,99 Metern.
Disziplin Nummer zwei, die Apfelpyramide. Wer stapelt die meisten Äpfel zu einem Türmchen zusammen? Die ersten dramatischen Szenen auf der Bühne, hier und da stürzen Apfeltürme und Träume in sich zusammen, am Ende triumphiert die künftige Königin: Insgesamt 19 Äpfel bilden das fruchtige Bauwerk, das Chiara Rasche stapelt.
Spannung bis zum Schluss: Stechen um die Majestätswürde
Die dritte, bis zur Apfelolympiade geheime, Disziplin ist dann eine Schätzaufgabe, wie viele Äpfel liegen im Glaszylinder, den Manni Breuckmann für 15 Sekunden enthüllt. Die ganz korrekte Antwort lautet „48“, am nächsten dran ist Chiara Rasche, der zweite Sieg. Doch ihre kurze Apfelschale wird ihr zum Verhängnis, gemeinsam mit Bettina Kaiser und Eva Öney-Gökkaya liegt sie punktgleich, ein Stechen muss die Königinnenwürde entscheiden.
Es wird ganz still im eigentlich applaudierfreudigen Publikum, die Spannung fordert ihren Tribut. Und auch wenn es hier ja irgendwie nur um Obst geht – Gladbeck hält den Atem an. Es gilt, das Gewicht eines Korbs inklusive Äpfel zu schätzen, die Kandidatinnen zählen, heben, spekulieren. Das tatsächliche Gewicht schrammt knapp an den fünf Kilogramm vorbei, gute Nachrichten für Chiara Rasche, ihre Schätzung liegt am nächsten dran, und die eben-noch-Jenenserin und jetzt-Gladbeckerin ist Appeltatenmajestät.
Krone auf dem Kopf und ein privater Triumph
Unter dem Jubel der Gladbecker und der Delegationen der Gladbecker Partnerstädte Alanya, Enfield, Marcq-en-Barœul, Schwechat und mehr darf Manni Breuckmann der sichtbar aufgelösten Chiara Rasche die Mutter aller Sportreporterfragen stellen: „Wie fühlst du dich jetzt?“ Sie habe überhaupt nicht damit gerechnet, sagt die Majestät, auch wie beim Fußball, spätestens wenn sie am Sonntag ihre Krone aufs Haupt gesetzt bekommt, dürfte die Überraschung der Glückseligkeit weichen.
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Einen privaten Triumph kann die neue Appeltatenmajestät aber schon am Samstag feiern. Wie sie dieser Zeitung im Vorfeld verriet, war ihr Freund, immerhin der Grund für ihren Umzug nach Gladbeck, nicht vom Erfolg seiner Liebsten überzeugt – und ließ es sie auch immer wieder wissen. „Ich denke mir dann immer, jetzt erst recht!“, war damals ihre Antwort. Es liegt auf der Hand, wer in den kommenden zwölf Monaten den Abwasch im Hause Rasche macht.