Gladbeck. Kein „Project Germany“ in Gladbeck: Der Veranstalter wirft der Stadt vor, das Festival verhindert zu haben – und macht Mailverkehr öffentlich.
Nun steht es fest: Die Festivalshows von „Project Germany“, die vom 11. bis zum 13. August in Gladbeck auf dem Gelände der Adler Ellinghorst zu Gast sein sollten, finden nicht statt. Das bestätigten Veranstalter Dominik von Falkenhausen und Tobias Gerhold von der beauftragten Agentur DBZ Consulting im Gespräch mit der Redaktion. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen die Stadt Gladbeck, die, so die Veranstalter, die Festivalshows mit Absicht verhindert habe – nachdem sie sich noch Anfang 2023 für die Veranstaltung eingesetzt hat.
Doch von vorne: Die Adler Ellinghorst wurden aus 800 Bewerbern ausgewählt, um Gastgeber des Projects Germany zu sein, das potenziell viel Geld in die Vereinskasse gespült hätte. Dabei bekamen die Sportler Unterstützung von der Stadtverwaltung. Bei einem Treffen mit Dominik von Falkenhausen, dem Vorstand des Vereins, und Rathaus-Vertretern stellte von Falkenhausen ein Vorabkonzept vor, inklusive Bildern und Videos vergangener Shows – ein Knackpunkt im Drama um die Veranstaltung und die Reaktionen der Stadt.
Stadt Gladbeck weist Vorwürfe der Veranstalter entschieden zurück
Am 17. März sei den Veranstaltern dann das „Okay“ der Stadt für die Veranstaltung gegeben worden, damit begannen der Kartenvorverkauf und der Prozess für von Falkenhausen und seine Kollegen, die nötigen Anträge einzureichen. Änderungen am Vorabkonzept, so von Falkenhausen, seien von diesem Zeitpunkt an ausgeschlossen gewesen.
Stadtsprecherin Christiane Schmidt schildert die Lage nach dem ersten Treffen im Januar anders: „Ein generelles Okay oder eine Zusage hat es natürlich, vor dem Hintergrund der erforderlichen Genehmigungen und den Erfahrungen unter anderem mit dem Loveparade-Unglück, nicht gegeben. Im Februar gab es eine detaillierte Mail mit den Erfordernissen und Ansprechpartnern. Diese Anträge liegen zum Teil bis heute gar nicht beziehungsweise unzureichend vor.“
Zum Okay am 17. März sagt die Stadtsprecherin: „Es gab zu keinem Zeitpunkt eine Zusage zu der Veranstaltung, sondern nur den Hinweis, dass wir gerne unterstützen, wenn sich der Veranstalter um die erforderlichen Anträge kümmert. Im März gab es eine erneute Mail, diesmal vom Amt für öffentliche Ordnung, mit dem Hinweis, welche Anträge an wen im Ordnungsamt zu stellen seien. Die anderen erforderlichen Anträge und Ansprechpartner wurden bereits im Februar genannt.“
Stadt Gladbeck: „Bis heute liegt kein Bauantrag vor“
Alle Fachkonzepte, die Anmeldung und weitere Unterlagen seien am 2. Juni eingereicht worden, sagt der Veranstalter, bis Ende Juni habe es dann keine Antwort der Stadt gegeben. Eine Koordinationsbeauftragte habe sich „tot gestellt“, bemängelt Dominik von Falkenhausen. In den folgenden Wochen sei es dann immer wieder zu Kontakten mit der Stadt Gladbeck gekommen, von Fehlern in den eingereichten Fachkonzepten sei keine Rede gewesen.
Stadtsprecherin Schmidt entgegnet: „Bis heute liegt, trotz mehrfacher Erinnerung, kein Bauantrag vor. Es hat immer wieder Kontakte zu unterschiedlichen Stellen der Verwaltung gegeben. Am 11. Juli hat es ein etwa einstündiges Gespräch des Stadtbaurates mit dem Veranstalter gegeben. Dort wurde darauf hingewiesen, dass der Bauantrag immer noch fehle, aufgrund der Kürze der Zeit und wegen der anderen zu beteiligten Stellen eine rechtzeitige Genehmigung nicht mehr als realistisch angesehen werden kann. Im gesamten Verfahren gab es ständige Kontakte zur Verwaltung.“
Veranstalter bemängeln ständig neue Konzept-Wünsche
Die Stadt, so Falkenhausen, habe sich ein spezielles Brandschutzkonzept gewünscht, ein staatlich anerkannter Brandschutzsachverständiger erstellte dieses Konzept, das der Redaktion vorliegt. Die Stadt habe dann einen fehlenden Bauantrag erwähnt, es seien aber keine Hinweise zu möglichen Mängeln an den Konzepten genannt worden.
Dazu die Stadt: „Bis heute hat es keine Abstimmung mit der Gladbecker Feuerwehr gegeben. Dort ist bis heute kein qualifiziertes Brandschutzkonzept bekannt. Bis heute behauptet der Veranstalter, dass es Abstimmungen mit der Feuerwehr gegeben habe, dies ist nicht der Fall.“
Das nächste Kapitel: In einem Gespräch mit dem Bauamt sei Dominik von Falkenhausen mitgeteilt worden, dass es für die Einreichung des Bauantrags einen Architekten brauche. Eine Fehlannahme, wie sich herausstellte, auf die Tobias Gerhold die Stadt aufmerksam machte. In einer Mail der Bauaufsicht an den Event-Profi, die der Redaktion vorliegt, räumt eine Mitarbeiterin das auch ein.
Streitpunkt Artenschutzkonzept
In derselben Mail allerdings, verschickt am 6. Juli, also gut einen Monat vor der Veranstaltung, fordert die Stadt ein Artenschutzkonzept vom Veranstalter – davon sei zum ersten Mal die Rede gewesen, so von Falkenhausen. Was die Veranstalter aber noch härter trifft: Die Mail, in der das Artenschutzgutachten gefordert wird, endet mit dem Satz: „An dieser Stelle mache ich Ihnen noch mal deutlich, dass eine abschließende Bearbeitung Ihres Antrages aufgrund der Kürze der verbleibenden Bearbeitungszeit bis zur Veranstaltung ausgeschlossen werden muss.“
Die Stadt reagiert auch auf diese Punkte: „Ein Bauantrag kann unter Umständen auch weitere Anträge nach sich ziehen, es kann immer Nachforderungen geben. Die Veranstaltung ist nicht am fehlenden Artenschutzgutachten gescheitert, dies ist lediglich einer von vielen fehlenden Anträgen (Bauantrag, zulässiges Brandschutzkonzept, ein an die Gegebenheiten des Sportplatzes angepasstes Sicherheitskonzept, Antrag auf Alkoholausschank und LImSchg, Landes-Immisionsschutzgesetz, Anm. d. Red.).“
Dass die Stadt Gladbeck nun auf die Pyrotechnik verweist und in einer Pressemitteilung davon spricht, dass sich der „Charakter der Veranstaltung“ im Vergleich zur ersten Vorstellung des Konzepts geändert habe, empört von Falkenhausen. „Man hat auf Bildern und Videos die Feuersäulen gesehen, und bei extremer Trockenheit nutzen wir ohnehin Kalt-Pyrotechnik.“ Dazu Pressesprecherin Christiane Schmidt: „In den Erstgesprächen war von einer reinen Lasershow die Rede. Eine genauere Prüfung des Veranstaltungscharakters war wegen aller fehlenden Unterlagen bis heute nicht möglich.“
Project Germany in Gladbeck absichtlich verhindert? Stadt widerspricht
Für von Falkenhausen, Gerhold und ihre Mitstreiter ist mittlerweile klar: Die Stadt Gladbeck habe Project Germany mit all diesen Dingen absichtlich Steine in den Weg gelegt, um die Veranstaltung zu verhindern – erfolgreich, könnte man sagen, denn letztendlich hat der Veranstalter selbst die Reißleine gezogen. „So kann ich die Stadt nicht in Regress nehmen“, mutmaßt von Falkenhausen über die Hintergründe.
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Im Hinblick auf diesen Vorwurf wird die Stadt in Person von Sprecherin Christiane Schmidt sehr deutlich: „Ein Veranstalter, der Tickets ohne gültige Veranstaltungsgenehmigung verkauft, sollte sich sehr deutlich fragen, wie seriös er arbeitet oder ob er nicht vielleicht selbst regresspflichtig ist. Scheinbar warten viele Kunden derzeit auf ihre Rückerstattung. Auch wir sind wegen der vielen Falschaussagen bereits in einer rechtlichen Prüfung.“ Veranstalter von Falkenhausen betont indes, dass den Käufern die Ticketpreise zurückerstattet werden, der Prozess aber einige Wochen dauern kann.
Naturschutz-Aktion des BUND als Absagegrund für Project Germany?
Aber warum sollte die Stadt Gladbeck das tun? Die Veranstalter vermuten eine Kampagne von Naturschützern, die bei einer Ausgabe von Project Germany in Karlsruhe ihren Anfang nahm. Eine Aktivistin, die Mitglied im Naturschutzverein BUND und zugleich Beamtin sei, habe über ihre Kontakte die mutmaßliche Lichtverschmutzung durch die Shows öffentlich gemacht. Das war im Juni 2023. Mehrere Veranstalterstädte hätten von Falkenhausen darauf angesprochen, der Fachdienst Umwelt prüfte und bestätigte in einer Mail, die der Redaktion vorliegt, „dass die Veranstaltung ordnungsgemäß und den Auflagen entsprechend verlaufen sei“.
Von der Stadt Gladbeck hingegen sei keine Nachfrage gekommen, allerdings habe sich die Kommunikation mit dem Erscheinen eines BUND-Artikels zum Thema im Juni drastisch geändert. Die Stadt weist den Vorwurf zurück, dass die Aktivitäten des BUND zu irgendeiner Form des Umdenkens mit Blick auf Project Germany geführt habe, wortwörtlich auf die Frage, ob sich die Sicht auf die Veranstaltung geändert habe: „Nein, dies ist nicht der Fall.“