Gladbeck. Hannelore Eisenberg ist Gladbecks Fledermaus-Retterin. Sie nimmt unterernährte Tiere auf. So macht sie sie wieder fit für ein Leben in Freiheit.

Schon in jungen Jahren begeisterte sich Hannelore Eisenberg für eher ungewöhnliche Tiere. „Als die meisten Mädchen in der Schule von Pferden nicht genug kriegen konnten, interessierte ich mich mehr für Kängurus. Diese Denkweise habe ich mir wohl bis heute beibehalten“, sagt die Tierschützerin. Denn heute päppelt sie in ihrer Wohnung Fledermäuse auf.

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„Mein Job ist es, diese oft unterernährten Tiere wieder fit zu machen, um sie im Frühling auszuwildern“, so Hannelore Eisenberg. Um die Tiere überhaupt zu finden, sei sie auf die Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen, und telefonisch fast immer erreichbar, sollte eine Fledermaus gefunden werden.

Parasiten und Krankheitserreger sind für Menschen ungefährlich

Kommt eine Fledermaus bei ihr unter, werde diese zunächst unter Quarantäne gestellt, um zu verhindern, dass mögliche Krankheiten auf andere Tiere übergreifen. „Uns Menschen können diese Parasiten und Erreger nicht gefährlich werden, was mir die Arbeit sehr erleichtert. Ich kümmere mich gerne um jedes Tier einzeln, um die Genesung zu sichern.“

Hannelore Eisenberg päppelt Fledermäuse auf.
Hannelore Eisenberg päppelt Fledermäuse auf. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Ihre Auswilderungsquote sei sehr hoch, was neben der Erfahrung der Pflegerin auch an der guten medizinischen Ausstattung liegt. „Es gibt typische Krankheitsbilder und Verletzungen, auf die ich schon vorbereitet bin. Viele Tiere werden von Autos erfasst oder sind schlicht zu schwach und unterernährt, um zu überleben. Speziellere Fälle sieht sich zunächst der Tierarzt an“, erläutert die Expertin.

Fledermaus hat sich in der Lüftung eines Autos versteckt

Für sie ist jeder Besuch beim Veterinär kostspielig, da die gesamte Versorgung und Unterbringung neben einigen Spenden zunächst privat finanziert sei. Ein besonders spezieller Fall kam ihr unter, als eine Frau eine Fledermaus in einem Schuhkarton bei Eisenberg abliefern wollte. Der Karton sei bei Ankunft leer gewesen, weil das Tier sich während der Fahrt durch die winzigen Luftlöcher gequetscht hatte. Auf der Suche nach einem Versteck sei die Fledermaus in die Lüftung des Autos geklettert. In der Werkstatt konnte das Tier lebendig aus dem mittlerweile zerlegten Wagen befreit werden.

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„Tatsächlich hat die Fledermaus überlebt, und ich habe sie einige Wochen später gesund in die Wildnis entlassen“, erinnert sich Hannelore Eisenberg. Sogar einen Kaiserschnitt an einem schwangeren Weibchen habe sie schon miterlebt. Das Wichtigste seien allerdings die ersten paar Stunden nach dem Fund: „Ich rate immer, die Tiere je nach Größe vorsichtig in einen kleinen Schuhkarton oder andere Schachteln zu legen. Diese Boxen sollten mit Küchenpapier ausgelegt und mit kleinen Luftlöchern am Deckel versehen werden. Hierzu eignet sich eine Gabel am besten. Fledermäuse vertragen keine Milch und sollten, wenn überhaupt, nur mit kleinen Insekten gefüttert werden.“ Jungtiere seien nicht an der Größe, sondern an dem fehlenden Fell zu erkennen.

Gladbeckerin ist über die Hamsterhilfe zum Tierschutz gekommen

Die studierte Geologin machte ihre ersten Schritte als Tierschützerin allerdings auf einem anderen Gebiet: „Ich hatte seit meiner Kindheit schon Hamster als Haustiere. Die kleinen Wesen faszinieren mich schon lange. Da war der Schritt zum Beitritt in die Hamsterhilfe NRW nicht weit.“

Die Gladbeckerin füttert die Fledermäuse mit Insekten, Milch vertragen die Tiere nicht.
Die Gladbeckerin füttert die Fledermäuse mit Insekten, Milch vertragen die Tiere nicht. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

In der Tierschutzorganisation sei sie für die Pflege der geretteten Tiere verantwortlich gewesen und habe ihre Wohnung als Zwischenstation für die Hamster bereitgestellt. Sobald die Haustiere aufgrund schlechter Haltung oder aus anderen Gründen beschlagnahmt wurden oder Hamsterhalter durch ungeplante Würfe zu viele Tiere besaßen, kamen diese zunächst bei Hannelore Eisenberg unter.

Gladbeckerin machte eine Ausbildung zur Fledermausbotschafterin

„Mittlerweile bin ich auf einen Rollstuhl angewiesen und konnte deshalb Hamster, die in meinem Wohnzimmer frei herumgelaufen sind, nicht mehr guten Gewissens bei mir unterbringen“, erklärt sie. „Durch den Nabu Gladbeck bin ich zu Fledermäusen gekommen.“ Als sich eines Tages eine Fledermaus in ihre Wohnung verirrt hatte, setzte sie sich mit dem Naturschutzbund Deutschland in Verbindung: „Ich war sofort fasziniert und lernte beim Nabu Michael Korn kennen, der sich auf Fledermäuse spezialisiert hatte. Zusammen besuchten wir viele Treffen und Veranstaltungen zu dem Thema.“

Eisenberg trat eine kleine Ausbildung zur Fledermausbotschafterin an, um so beispielsweise an Baustellen oder bei Waldarbeiten für den Schutz der Fledermauslebensräume zu sorgen. Die Tiere können auf ungenutzten Dachböden nisten, in Spalten zwischen Hauswänden oder extra gefertigten Fledermauskästen, die an jeder Hauswand angebracht werden könnten. Wird an einer Baustelle ein Fledermausnest entdeckt, können Eisenberg und ihre Kollegen im Zweifel sogar einen temporären Baustopp verhängen.

Lichtverschmutzung und Insektensterben setzt den Fledermäusen zu

Obwohl sie nur noch selten selbst Gutachten erstellt und sich mehr auf die Pflege der Tiere fokussiert, kennt Eisenberg die Probleme und Ursachen gut: „Gerade durch Lichtverschmutzung, beispielsweise in Parks, Dörfern und auf Feldern, sind Fledermäuse extrem gefährdet. Die Tiere halten das Licht aus ihren Verstecken heraus für Tageslicht und verlassen diese bis zum Hungertod nicht. Außerdem finden sie gerade in Neubauten keine Rückzugsorte mehr.

Hinzu kommt das massenhafte Insektensterben, wodurch den Fledermäusen Nahrungsquellen fehlen. Ein einzelnes Tier muss nämlich pro Nacht ein Drittel des eigenen Körpergewichtes erjagen. Das sind umgerechnet selbst bei Zwergfledermäusen, den kleinsten Vertretern, über 1000 Mücken pro Nacht. Durch die warmen Winter sei zusätzlich der Biorhythmus gestört, weshalb die Fledermäuse oft aus dem Winterschlaf erwachen.

Hier gibt es beim Fund einer Fledermaus Hilfe: www.fledermausschutz-kreisrecklinghausen.de oder 02043 44354.