Gladbeck. Im Reparaturcafé tauschen sich Elektriker aus, um kostenfrei Geräte zu reparieren. Nachhaltigkeit und Geselligkeit spielen hier wichtige Rolle.

Etwas unsicher betritt ein junger Mann die AWO-Begegnungsstätte in Rentfort, unter seinem Arm trägt er eine rote Kaffeemaschine. „Na, haben Sie die kaputtgemacht?“, wird er mit einem herzlichen Lachen von Friedhelm Horbach, Vorsitzender des Seniorenbeirats Gladbeck, begrüßt. Zwei Minuten später versammeln sich bereits drei Männer um die Kaffeemaschine, die nicht mehr so will wie ihr Besitzer, und fangen an zu tüfteln. Ganz normaler Alltag im Reparaturcafé – hier treffen sich an jedem ersten Donnerstag im Monat rund 15 Helfer und tauschen ihr Wissen aus, um kaputte Geräte wieder zum Laufen zu bekommen.

Lesen Sie auch andere Texte zu unserer Ehrenamtsaktion:

Ob Staubsauger, Kettensägen, Lampen oder Videorekorder: Im Reparaturcafé an der Enfieldstraße 243 vereinen die Helfer seit September 2017 ihr Wissen, um elektronische Geräte vor dem Wegwerfen zu bewahren. Die Idee dazu hatte Horbach gemeinsam mit Norbert Dyhringer von der AWO. Dyhringer erinnert sich: „Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, in Gladbeck gibt es kaum noch Reparaturmöglichkeiten für alte Geräte, sobald die Garantie abgelaufen ist. Gleichzeitig ist vielen Menschen Nachhaltigkeit wichtig. Mit dem Reparaturcafé haben die Menschen in Gladbeck die Möglichkeit, kostenfrei nachschauen zu lassen, ob ihre Geräte noch zu retten sind – und wenn nicht, dann können sie diese wenigstens mit gutem Gewissen wegwerfen.“

In Gladbecker Reparaturcafé spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle

Mal ist ein Schalter kaputt, mal muss ein Kabel ausgetauscht werden: Oft sind es nur Kleinigkeiten, die im Café schnell repariert werden können. Hin und wieder müssen allerdings auch Ersatzteile bestellt werden, sodass die Besucher im kommenden Monat wieder vorbeikommen müssen. Während die Reparatur selbst kostenfrei ist, müssen die Besucher die Kosten für Ersatzteile selbst tragen. Und bei einigen Geräten können auch die Ehrenamtler des Cafés nicht mehr helfen.

Ihr Urteil ist gefragt: Stimmen Sie ab

Für die Ehrenamtsaktion „Menschen machen’s möglich“ stellen wir in unserer Zeitung zwischen Ende Juni und Mitte Juli sieben verschiedene ehrenamtliche Projekte in Gladbeck vor. In Kooperation mit der Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) und der Stadt können diese Projekte im Anschluss insgesamt 3000 Euro an Fördermitteln gewinnen – dafür ist ihre Stimme gefragt!

Nachdem wir alle Projekte vorgestellt haben, wird es eine Übersichtsseite geben und die Abstimmungsphase startet.

Ab Mitte Juli können Sie per Mail oder per Post für das Projekt abstimmen, was Ihrer Meinung nach das Gewinnerpreisgeld in Höhe von 1000 Euro am meisten verdient hat.

Geld gewinnen können auch die vorgestellten Projekte, die nicht den ersten Platz erreichen – damit soll die ehrenamtliche Arbeit unterstützt werden. Die Gewinner werden dann am „Tag des Ehrenamtes“ bekannt gegeben – am 12. August.

Dirk Pryczak sitzt an einem langen Tisch, gemeinsam mit drei weiteren Männern schaut er gespannt auf einen Receiver vor ihm, der gerade allerdings kaum als solcher zu erkennen ist – Helfer und Elektronikspezialist Michael Misia hat das Gerät in viele Einzelteile zerlegt. Misia, der seit circa vier Jahren im Café ehrenamtlich repariert, hebt vorsichtig ein grünes Kabel hoch und zeigt auf eine kleine schwarze Platte. „Dieses Teil da wird die Ursache sein, warum das Gerät nicht mehr läuft. Da habe ich keine Chance mehr. Schauen Sie, ich zeige Ihnen, was ich meine“, sagt Misia und erklärt Pryczak allerlei elektronisches Hintergrundwissen.

Pryczak kann da nur mit den Schultern zucken und meint: „Wenn ich das Ding auseinandergebaut hätte, wüsste ich gar nicht wohin mit den ganzen Schrauben, geschweige denn, wie ich das reparieren soll. Schade, dass es heute nicht geklappt hat, bei meinen letzten Besuchen waren wir erfolgreicher.“ Dyhringer kommt zur Gruppe dazu und erzählt: „Wenn selbst Michael nicht mehr weiterweiß, dann kann auch kein anderer mehr helfen.“

Rund zwei Drittel aller Geräte können im Café repariert werden

Rund 60 Prozent aller Geräte konnten laut Dyhringer seit der Eröffnung des Cafés vor fast sechs Jahren repariert werden, das Angebot sorgt an manchen Tagen für viel Andrang. Horbach erklärt: „Manchmal ist hier so viel los, dass die Leute bis zu einer Stunde warten müssen, bis sich jemand ihr Gerät anschauen kann. Aber das findet niemand schlimm, schließlich geht es uns hier ja auch um Geselligkeit.“

Die ehrenamtlichen Helfer Dietmar Achtmann und Michael Misia (v.l.) reparieren einen Receiver im Gladbecker Reparaturcafé.
Die ehrenamtlichen Helfer Dietmar Achtmann und Michael Misia (v.l.) reparieren einen Receiver im Gladbecker Reparaturcafé. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Das Zusammensein ist neben dem Nachhaltigkeitsaspekt bei den Helfern des Reparaturcafés ein wichtiger Punkt. Dyhringer merkt an: Kaffee und Kekse sind hier ein ebenso wichtiger Bestandteil wie Schraubendreher und Lötkolben.“ Immer wieder kämen Leute vorbei, die gar nichts zu reparieren hätten, sondern sich einfach gerne unterhalten wollten. Die Arbeit im Café schweißt zusammen: Rund 90 Prozent aller Helfer seien seit der ersten Eröffnung 2017 dabei.

++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook ++

Dennoch werden dringend neue Leute gesucht, die sich mit Technik und Elektronik auskennen und ihr Wissen für einen guten Zweck teilen möchten. Auch über weibliche Verstärkung würden sich die Helfer sehr freuen, bisher habe sich allerdings leider nie eine Frau gemeldet. „Wir sind für jeden offen hier – sowohl als Helfer, als auch als Person, die etwas repariert haben möchte. Egal welches Alter, egal welches Geschlecht, wir freuen uns über jeden, der bei uns vorbeischaut“, so Horbach.