Gladbeck. Kaputte Geräte müssen nicht gleich im Abfall landen. Im Reparaturcafé in Gladbeck bieten Ehrenamtliche Hilfe an. Darum ist es ein Erfolgsmodell.
Staubsauger, Föhn oder Toaster funktionieren nicht mehr – doch im Müll müssen die Geräte daher noch lange nicht landen. Denn im Reparaturcafé in Gladbeck können sie wieder fit gemacht werden – und die Ehrenamtlichen, die dafür alles geben, leisten so einen Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Sie hatten Werbung für sich gemacht – über Mundpropaganda, auf ihrer Internetseite und auch die WAZ hatte in einem Artikel darauf hingewiesen, jeder sei herzlich eingeladen, einmal vorbeizukommen. Rainer Mocnik fühlte sich angesprochen und hat sich auf den Weg gemacht, um den Tüftlern vom Reparaturcafé über die Schulter zu schauen und seine Dienste anzubieten. Jeden ersten Donnerstag im Monat öffnen sie jetzt wieder – seit August hoffentlich regelmäßig – die Türen ihrer temporären Werkstatt in der Awo-Begegnungsstätte Rentfort. Und – als hätte es niemals den Coronastillstand gegeben – schon vor dem offiziellen Beginn um 16 Uhr, finden sich zahlreiche Interessenten vor Ort ein, „bewaffnet“ mit Staubsaugern, die nicht mehr saugen, Küchenmixern, die nicht mehr mixen, Stehlampen ohne Licht oder Wanduhren, die nicht mehr richtig ticken.
„Heinzelmännchendienst“ geplant
Das Reparaturcafé öffnet wieder jeden ersten Donnerstag im Monat von 16 bis 18 Uhr in der Begegnungsstätte Rentfort (Eingang Berliner Straße 31).
Im kommenden Jahr soll ein „Heinzelmännchendienst“ eingerichtet werden für solche Menschen, denen der Weg zur Werkstatt zu beschwerlich ist. Hierfür werden noch Ehrenamtliche gesucht. Interessierte können sich in der Geschäftsstelle des Seniorenbeirats melden unter 02043/992775.
Das Reparaturcafé soll auch ein Ort der Kommunikation sein
„Ich bin jetzt Pensionär und habe viel Zeit“, sagt Rainer Mocnik. Außerdem verfüge er über ein solides „elektrotechnisches Grundwissen“, das er gerne einsetzen würde. Sein Werkzeug hat er gleich dabei. „Genau solche Leute wollten wir ansprechen, aktive Senioren“, bestätigt Friedhelm Horbach, Vorsitzender des Seniorenbeirates Gladbeck, der gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Gladbeck vor vier Jahren das Projekt ins Leben rief. „Es geht uns auch darum, einen Ort der Kommunikation zu schaffen“, erläutert Horbach. Deshalb habe es natürlich zu „normalen Zeiten“ stets Kaffee und Kuchen gegeben. Darauf müsse zurzeit verzichtet werden, aber viel wichtiger sei es für die Kunden, ihr technisches Problem im persönlichen Kontakt erklären zu können. „So haben beide Seiten etwas davon“, sagt Horbach, „unsere Senioren, die ihr Wissen einbringen können, und die Kunden, die hier immer zufrieden weggehen, auch wenn wir nicht helfen konnten, aber es wenigstens versucht wurde.“
Dieser Fall scheint aber eher selten einzutreten, denn die Ehrenamtlichen sind äußerst konzentriert und hartnäckig bei der Sache. Allerdings zwingt jetzt der große Baukran der Firma Playmobil Reparateur Dietmar Achtmann zum Aufgeben: „Das kriegen wir nicht hin“, sagt er nach eingehender Prüfung, auch mit Hilfe eines weiteren Mitstreiters. Ein Wagen am Arm des Baukrans will sich nicht mehr auf Knopfdruck bewegen. „Vielleicht hilft eine Wäscheklammer aus Plastik“, sinniert das Tüftlerteam, das nicht aufgeben will.
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Nur was wirklich nicht mehr zu retten ist, wird entsorgt
Die Kundin, die für ihren Enkel da ist, kommt vielleicht noch einmal wieder, dann mit einer Wäscheklammer im Gepäck. Denn die Regeln seien ganz klar, erläutert Norbert Dyhringer, Vorsitzender der Awo Gladbeck: „Entweder wir reparieren sofort oder wir finden, was kaputt ist. Dann muss der Kunde bis zum nächsten Mal ein Ersatzteil besorgen und wir bauen es ein. Wir helfen dabei auch mit Adressen“, sagt Dyhringer. Nur, wenn die Reparatur aussichtslos oder zu teuer sei, könne nur noch entsorgt werden.
Ein Staubsauger bringt Michael Misia an seine Grenzen: „Das ist knifflig“, beurteilt er den Fall, schraubt aber immer weiter. Interessiert sitzt Joachim Gotter dabei, der Besitzer des gerade zwei Jahre alten Gerätes: „Das ist es ja“, sagt er, „wäre der Staubsauger älter, wäre er sicher noch intakt.“ Die jüngeren Geräte seien auf kurze Lebenszeit hin konzipiert, so die Erfahrung von Besitzern und Reparateuren. Nebenan freut sich eine Kundin: Ihre Wanduhr war heruntergefallen, jetzt wandert der Sekundenzeiger wieder, wie er soll. Viel Wartezeit muss Hannelore Bleidick heute aufbringen, so viel ist hier los. Sie ist mit ihrem Röhrenradio aus dem Jahr 1952 da, eine echte Rarität der Firma Graetz. „Es hat nur noch zwei Sender, aber der Klang ist toll.“ Seit 30 Jahren steht das gute Stück in ihrer Küche. Aber jetzt sagt es keinen Pieps mehr. Die nächste Herausforderung wartet schon auf das Reparaturteam, der sie sich gerne stellen.