Gladbeck. Was dürfen Besitzer von Häusern in Gladbecker Gartensiedlungen verändern? Was nicht? Offene Workshops mit Fachleuten sollen Klarheit schaffen.

Das Problem erinnert an die Quadratur des Kreises: Mit der Zeit gehen und dabei doch Bestehendes in seiner lokalhistorischen Bedeutung bewahren. Wobei es statt „gewachsen“ korrekterweise „Gebautes“ heißen müsste. Denn die Diskussion dreht sich um Siedlungshäuser in Gladbeck. Für sie geltende Bebauungspläne stehen in vielen Fällen entgegen den Modernisierungs- und Bebauungswünschen der Besitzer. Was ist erlaubt? Was funktioniert laut Behörden überhaupt nicht? Workshops sollen den Weg zwischen beiden Seiten ebnen und öffnen, um letztendlich die verschiedenen Standpunkte berücksichtigen zu können.

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Für Klaus Rottmann stellen diese Runden einen – lang ersehnten - Fortschritt dar. Der Vorsitzende des Siedlervereins Moltkesiedlung erzählt, dass es „vor langer Zeit“ erste Bemühungen gegeben habe, die Beteiligten an einen Tisch zu bekommen: „Wir wollten schon jahrelang, dass man miteinander redet.“ Das sei nun gelungen. Initiatoren der Abende: die Siedlungsverbände, der Verein für Orts- und Heimatkunde Gladbeck, die Stadtverwaltung – Fachleute aus Gebieten wie Bauen, Planen,Umwelt – und das Aachener Stadtplanungsbüro RHA.

Die verschiedenen Standpunkte aller Beteiligten in Gladbeck sollen in gemeinsame Lösungen münden

„Die Menschen haben für ihre Häuser bestimmte Wünsche, aber der Bebauungsplan gibt das nicht her“, weiß der 76-Jährige aus drei Jahrzehnten Vereinsarbeit als Vorsitzender. Deswegen freut er sich über die Workshops, in denen Anliegen auf den Tisch kommen sollen. Angesprochen ist die Bewohnerschaft ausgewählter Gartensiedlungen (siehe Termine im Info-Kasten). „Man muss kein Mitglied in einem Siedlerverein sein“, betont Rottmann. Denn die Schwierigkeiten, persönliche Pläne unter Dach und Fach zu bringen, sind allgegenwärtig. Im Kern lässt sich das Problem auf die Formel bringen: das Siedlungshaus mit seinen speziellen Charakteristika erhalten, gleichzeitig mit der Zeit und ihren veränderten Anforderungen gehen. Eingedenk dieses Spannungsfelds gilt: mit Fingerspitzengefühl handeln.

Der Charakter der Gartensiedlungen in Gladbeck, zum Beispiel in der Moltkesiedlung, soll trotz Anpassung an moderne Ansprüche erhalten bleiben.
Der Charakter der Gartensiedlungen in Gladbeck, zum Beispiel in der Moltkesiedlung, soll trotz Anpassung an moderne Ansprüche erhalten bleiben. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

So schön die Gartensiedlungen nämlich auf den ersten Blick auch sind: Sie bergen hinter ihren Mauern so manchen Haken. Rottmann geht gedanklich zurück an die Anfänge: „Früher wurden die Siedlungen so gebaut, dass sich die Leute selbst versorgen konnten. Die Häuser haben einen Grundriss, der heutigen Ansprüchen nicht genügt.“ Einst lebten „unten die Besitzer, oben Einlieger“. Heutzutage undenkbar: „Die Ansprüche an Lebensqualität sind enorm gestiegen.“

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Viel Grünfläche, um zum Beispiel Gemüse zu ziehen, aber Enge im Gebäude. Stellen wir uns beispielsweise die Lage junger Menschen vor, die vielleicht eine Familie gründen wollen. Ein Kinderzimmer geben die Siedlungshäuschen nicht her, warum also nicht auf der Gartenfläche erweitern?

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Und wie sieht’s aus mit einem größeren Bad? Der Errichtung einer Garage? Der Installation einer Photovoltaik-Anlage? – Was ist erlaubt und machbar? Rottmann: „Da hat man als Anwohner kaum einen Durchblick.“ Antworten sollen die Fachleute in den Workshops geben. „Das Büro RHA hat die Häuser in den Siedlungen fotografiert“, erzählt Rottmann.

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Die Häuser an der Krugstraße im Gladbecker Stadtteil Zweckel stehen seit mehr als 100 Jahren und ergeben ein einheitliches Bild.
Die Häuser an der Krugstraße im Gladbecker Stadtteil Zweckel stehen seit mehr als 100 Jahren und ergeben ein einheitliches Bild. © Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Allerdings, und daraus macht der Gladbecker Vereinsvorsitzende keinen Hehl: „Die Wünsche stehen unter der Prämisse, dass der Siedlungscharakter mit Gärten erhalten bleiben muss.“Schließlich sollen ja die Grünflächen nicht zugepflastert werden, um nur einen Baustein zu nennen. Ebenfalls wichtig: die Absprache und das Einverständnis der Nachbarschaft, damit keine Fronten entstehen. Ob und wie dann tatsächlich Nägel mit Köpfen gemacht werden können, müsse die Stadtverwaltung sagen.

Termine für Workshops

Es gibt demnächst zwei Workshop-Termine. Am Montag, 5. Juni, geht’s um Zweckeler Siedlungen, Uechtmannstraße, Schultendorf. Das Gebiet Köhnestraße, Brauck A, Brauck B steht am Mittwoch, 21. Juni, auf der Agenda.

Die Veranstaltungen beginnen um 17.30 Uhr im Lesecafé der Stadtbücherei, Friedrich-Ebert-Straße 8. Weitere Informationen sind erhältlich über oder unter 02043 99 27 45.

Schließlich bleibt Angelpunkt für Veränderungen jedweder Art der betreffende Bebauungsplan. Eventuell, so Rottmann, müsse dieser geändert werden. Er blickt schon in die Zukunft: Nach einer Abschlussrunde „sollen alle Beteiligten in eine Richtung gehen“. Worauf kann sich die Stadtverwaltung einlassen? Auch das sollen die Workshops beantworten.

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Dass am Ende keine Luftschlösser stehen, liegt Rottmann aus einem ganz greifbaren Grund am Herzen. Er sagt nachdrücklich: „Wir wollen junge Leute in den Häusern haben.“ Auf der aktuellen Basis seien die Wohnungen schlichtweg zu klein. Ohne die Chance auf bauliche Anpassungen, das befürchtet der 76-Jährige, kommen diese Objekte irgendwann unter den Hammer – sowohl finanziell wie auch wortwörtlich. Ein Abriss wäre das Ende der Gartensiedlungen in Gladbeck.

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