Gladbeck. Den Traum vom Eigenheim träumen auch viele Gladbecker. Banker und Bauträger sagen, was vor Ort und zu welchen Konditionen zu haben ist.

Die Coronapandemie, die weiter anhaltende Energiekrise und Inflation führen dazu, dass die Immobilienverkäufe einerseits in Gladbeck stagnieren. Dies ist das Ergebnis des jetzt veröffentlichen aktualisierten Marktberichtes 2022 des Gutachterausschusses. Lokale Immobilienprofis der Sparkasse und Volksbank sind trotz derzeit verhaltenerer Kaufabschlüsse andererseits von Gladbeck als begehrtem Wohnort und gutem Immobilienmarkt überzeugt. Sie sagen, „die Nachfrage von Kaufinteressenten übersteigt das Angebot“ und geben Einblicke, was derzeit vor Ort zu haben ist.

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Die Vorsitzende des gemeinsamen Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Gladbeck, Dorsten und Marl, Dörthe Schmidt, berichtet, dass der Verkaufsrückgang in der Region „besonders stark die Teilmärkte für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen betrifft“. Die Gladbecker Immobilienverkäufe waren zwar im Vergleich zu 2021 stabil, sie sind aber bereits im Jahr davor um rund 20 Prozent gesunken. Besonders deutlich war der Rückgang in Dorsten. Bis zu 30 Prozent weniger Immobilienverkäufe wurden hier im Kalenderjahr 2022 gehandelt als im Vorjahr. In Marl ist die Anzahl der registrierten Kauffälle um 14 Prozent zurückgegangen. Diese Zahlen seien noch vorläufig, so Schmidt, „da im Laufe des Januars noch Verträge aus dem Vorjahr bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für die Kaufpreissammlung eingehen werden“.

Die hohen Immobilienpreise schrecken viele Interessenten ab

Nicht nur die steigenden Finanzierungskosten, „auch die nach wie vor hohen Immobilienpreise schrecken viele Interessenten ab“, sagt Markus Krebs, Leiter der Baufinanzierung der Volksbank Ruhr Mitte. Gleichermaßen negativ auf die Immobiliennachfrage würden sich die hohe Inflation sowie Störungen der Lieferketten im Bauhandwerk auswirken. Zudem, so ergänzt Volksbank-Marketingleiter Wilhelm Uhlenbruch, werde das aktuelle Angebot an neu gebauten Wohnungen oder Eigenheimen auch durch die veränderten Förderungsmöglichkeiten und neue gesetzlichen Auflagen beeinflusst. Denn das neue Förderprogramm für Neubauten sehe jetzt eine verschärfte Energieeffizienz vor. Der EH-40-Standard (zuvor EH-50) bedinge in der Regel höhere Baukosten für die zusätzliche Dämmung und somit „werden die Eigenheime dadurch erst einmal deutlich teurer“.

Der Markt habe sich komplett gewandelt, stellt Christoph Kraemer, Leiter des Immobilien-Centers der Sparkasse Gladbeck fest. Neubauabschlüsse seien eingebrochen, da sich die Baukosten durch Energiekrise und Inflation „derzeit schwer kalkulieren lassen“ würden. Das Interesse an Bestandsimmobilien, also gebrauchten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen, sowie für Modernisierungskredite sei so im Gegenzug „deutlich gestiegen“. Kaufinteressiert würden aufgrund der Unsicherheiten durch die Energiekrise und Inflation verhaltener investieren, zudem sei durch die derzeitige Vervierfachung der Kreditzinsen seit Anfang 2021 im Vergleich die Masse der Interessenten nicht mehr da. Dies bedeute für Verkäufer, „deren gebrauchte Immobilie im Vorjahresvergleich in der Regel innerhalb einer Woche vergeben war, dass sie derzeit mit mehreren Monaten rechnen müssen“, so Sparkasse-Immobilienmakler Marc Kontor. Die Kaufzurückhaltung habe für Käufer wiederum den Vorteil, so Markus Krebs, dass Verkäufer Abstriche bei ihren Preisvorstellungen machen müssten, „denn eine sinkende Nachfrage drückt in funktionierenden Märkten regelmäßig auf die Preise“. Analysten Deutscher Großbanken würden davon ausgehen, dass diese im Jahr 2023 „sogar um vier bis sechs Prozent sinken“ könnten.

Neubaugebiet in Rentfort – die Banken bieten Gebrauchtimmobilien an

Der anhaltende Regen hat die Kellerausschachtungen im Neubaugebiet an der Johowstraße gestoppt.
Der anhaltende Regen hat die Kellerausschachtungen im Neubaugebiet an der Johowstraße gestoppt. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Auf ihren Onlineportalen bieten die Sparkasse Gladbeck derzeit Immobilien von der 64 qm-Dachgeschosswohnung für 155.000 Euro bis zum frei stehenden 240 qm-Mehrfamilienhaus für 500.000 Euro an. Die Volksbank Ruhr-Mitte hat das modernisierte Reihenmittelhaus mit 72 qm für 219.00 Euro bis zum Wohn- und Geschäftshaus mit 350 qm Wohnfläche für 749.000 Euro im Portfolio. Für Neubauinteressierte gibt es in Gladbeck derzeit nur in der Neubausiedlung an der Johowstraße in Alt-Rentfort ein größeres Angebot. Für die geplanten Neubaugebiete am Bramsfeld in Butendorf und an der Schulstraße in Zweckel werden noch die Bebauungspläne aufgestellt.

Stichwort Gutachterausschuss

Das neutrale Kollegialgremium des Gutachterausschusses besteht aus ehrenamtlichen Sachverständigen, die von der Bezirksregierung bestellt werden. Die zentrale Aufgabe des Gutachterausschusses ist es, für Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu sorgen.

Zu den wesentlichen Aufgaben gehören die Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung, die Ermittlung von Bodenrichtwerten und sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten sowie die Erstellung von Verkehrswertgutachten für gerichtliche und private Zwecke.

Amtliche Richtwerte und ein Grundstücksmarktbericht werden jährlich auf www.boris.nrw.de veröffentlicht. Weitere Infos auf www.dorsten.de/gutachterausschuss

In Alt-Rentfort werden 41 Neubauten durch den Investor Alfert & Bockhold Innovativbau erstellt und vermarktet. Die im Vorjahr angelaufenen ersten Kellerausschachtungen sind durch die anhaltende Schlechtwetterphase verzögert worden, „der matschige Boden stoppt die schweren Baumaschinen“, so Christoph Alfert. Der Geschäftsführer informiert, dass von den geplanten 34 unterkellerten Doppelhaushälften noch acht zu haben seien (sie kosten schlüsselfertig rund 535.000 Euro). Von den sieben frei stehenden Einfamilienhäusern sind drei verkauft und zwei reserviert, sie kosten ohne Keller rund 650.000 Euro. In einem Mehrfamilienhaus entstehen zwölf Eigentumswohnungen (80-90 qm) mit Tiefgaragenplatz. Sie kosten rund 4000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche.

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Um sich den Traum vom eigenen Haus erfüllen zu können, bieten die Gladbecker Geldinstitute Beratung und Finanzierungspläne an. Das Zinsangebot der Bank hänge von vielen Faktoren ab, erklärt Markus Krebs. So gebe es häufig für selbst genutzte Immobilien günstigere Bauzinsen als für vermietete. Oder sogar eine Förderung: „Die Bundesregierung unterstützt ab Anfang 2023 junge Familien mit dem KfW-Wohneigentumsprogramm 124.“ Auch die Lage der Immobilie fließe freilich in die Preisfindung für den Bauzins mit ein. Für das Zinsangebot sei auch der Kreditbedarf ausschlaggebend, so Christoph Kraemer. Mit der Faustregel, „je mehr Eigenkapital der Kreditnehmer in die Finanzierung einbringen kann, desto günstiger wird der Zinssatz“.

Der Immobilienprofi weist an einem Beispiel auf, mit welcher monatlichen Belastung bei einem Darlehensbetrag von 300.000 Euro für eine zu diesem Preis angebotene Immobilie zu rechnen ist. Derzeit gelte für Kreditnehmer bei zehnjähriger Finanzierung „ein Zinssatz von 3,9 Prozent“. Das ergebe bei einer einzurechnenden Tilgung von 1,5 Prozent eine monatliche Belastung von 1350 Euro (5,4 Prozent von 300.000 Euro). Für den genannten Kaufpreis würden zudem Gebühren für Notar, Grundbucheintrag, Gericht und Grunderwerbsteuer fällig, aktuell etwa 8,5 Prozent. Diese sollten mindestens aus Eigenkapital getragen werden, empfiehlt Kraemer. Zudem könnten Neubau, oder Sanierungskosten „durch handwerkliche Eigenleistungen um einige 1000 Euro gedrückt werden“. Wilhelm Uhlenbruch warnt aber davor, „sich und die körperliche Belastung zu überschätzen“. Er rechnet vor: „Um beispielsweise 10.000 Euro einzusparen müssen rund 250 private Arbeitsstunden, in der Regel zusätzlich zur normalen beruflichen Belastung, geleistet werden.“ Ergänzend sei zu berücksichtigen, „dass die Gewerke mit der notwendigen fachlichen Qualifikation umgesetzt werden sollten, um etwa Bauschäden zu vermeiden“.