Hattingen. Die Sparkasse Hattingen und Volksbank Sprockhövel erklären, wer von Zinsen profitiert und warum der Immobilien für viele unbezahlbar werden.

Das Sprichwort „Des einen Freud’, des andern Leid“ wird selten so anschaulich wie bei den Zinssenkungen der vergangenen Jahre und Zinserhöhungen in 2022. Die Banken und Sparkassen sind erleichtert, dass die Zinsen endlich wieder „im vernünftigen Bereich liegen“ und die verhassten Negativzinsen vom Tisch sind. Für Menschen, die den Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses im Blick haben, wird es aber definitiv deutlich teurer. Für manchen sogar unerschwinglich. Das gilt auch für Privatkredite jeder Art.

Die Bankinstitute blicken auf ein herausforderndes Jahr 2023. Die absehbaren Schwierigkeiten seien zu bewältigen, allerdings gebe es hohen Beratungsbedarf.

>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

Dass man Strafzinsen zahlen musste, weil man Erspartes auf dem Konto hatte, sei ja völlig abstrus. Da sind sich alle einig. „Jetzt gibt es wenigstens wieder Habenzinsen. Wir freuen uns, dass das Zinsniveau wieder im normalen Rahmen liegt“, sagt Rudolf Hermanns, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Sprockhövel Hattingen. „Aber wir haben natürlich nach wie vor schwierige Rahmenbedingungen. Die Inflation ist hoch, die Energiepreise werden auch in naher Zukunft so schnell nicht sinken und wir haben einen Zinsanstieg für Kredite, natürlich auch bei der Baufinanzierung. Und die Inflation frisst einen Teil des Ersparten auch wieder auf.“

Er gibt ein anschauliches Rechenbeispiel. Wer sich 2021 eine Immobilie angeschafft hat und eine Gesamtbelastung von 300.000 Euro hatte, der hat im Normalfall ein Prozent Zinsen gezahlt und zwei Prozent Tilgung. Zusammen also drei Prozent. Das heißt, er hat eine Belastung im Jahr von 9000 Euro, also 750 Euro pro Monat.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Wer unter denselben Bedingungen 2022 abgeschlossen hat, zahlt vier Prozent Zinsen und zwei Prozent Tilgung, er liegt also bei sechs Prozent. Das ergibt eine Jahresbelastung von 18.000 Euro, monatlich macht das 1500 Euro. „Durch die Zinsanhebung haben jetzt diejenigen, die sich für ein Haus oder eine Eigentumswohnung interessieren, das Nachsehen.“

Auch interessant

Auch für die Sparkasse bleibt das Thema hoch aktuell. Die Immobilienpreise seien angesichts der niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre stark gestiegen. Häufig hätten Verkäufer Preise oberhalb des eigentlichen Marktwertes erzielen können. „Nun sinken die Preise vielerorts wieder.“ Auch in Hattingen sei die Tendenz spürbar. „Umgekehrt steigen die Material- und Handwerkerkosten und auch die Zinsen für die Immobilienfinanzierung. Eigentlich handelt es sich dabei eher um eine Normalisierung des Marktes“, ist auch die Analyse von Udo Schnieders, Leiter Marketing und Vertrieb bei der Sparkasse.

>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns

Die Probleme, die daraus entstehen, schätzen Sparkasse und Volksbank gleichermaßen ein. „Aber, wer sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen will, sollte sich nicht entmutigen, sondern beraten lassen“, betont Schnieders.

Mehr Insolvenzen erwartet

Bei den Firmenkunden wird bundesweit mit mehr Insolvenzen gerechnet, sagt Udo Schnieders, Leiter Marketing und Vertrieb bei der Sparkasse. Diese würden wiederum wesentlich davon beeinflusst, wie die Politik auf die sich ständig verändernden Verhältnisse reagieren würde. Die hätten im Bereich Hattingen zum Glück nicht so geblutet, wie andernorts, sagt auch Rudolf Hermanns, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Sprockhövel Hattingen.

Nach Vogelgrippe, Schweinepest und Rinderwahnsinn in der Vergangenheit, so Schnieders, habe allerdings niemand damit gerechnet, dass ein einzelnes Virus die Weltwirtschaft mit ihren eng verknüpften Lieferketten so massiv beeinflussen würde und die Auswirkungen auch noch in diesem Jahr spürbar bleibe.

Grundsätzlich seien die gewerblichen Kunden mehrheitlich gut durch die schwierigen Zeiten gekommen, erklärten beide Hattinger Institute. Bei den Privatvermögen konnte die Sparkasse in 2022 weitere Zuwächse feststellen. Nicht nur Menschen mit höheren Einkommen hätten Geld zurückgelegt. „Viele Bürger sind zurückhaltender geworden und sparen. Die zu erwartenden Lohn- und Gehaltsabschlüsse in diesem Jahr können die Inflation nicht ausgleichen, schaffen aber wieder Handlungsspielräume“, erklärt Udo Schnieders.