Gladbeck. In der katholischen Kirche Gladbeck fehlen zunehmend junge Messdiener. Das sagen der Propst und Aktive zu Gründen und Lösungen.
Sie waren fester Bestandteil einer jeden Messfeier, an Sonntagen zumindest vier Jungen und Mädchen und zumeist Dutzende an den kirchlichen Hochfesten Ostern, Weihnachten und bei Prozessionen an Fronleichnam. Die Messdiener assistierten den Geistlichen bei der Feier der heiligen Eucharistie. Der frühere Ausnahmefall, der Zelebrant allein im Talar am Altar, scheint zur Regel geworden zu sein. Immer häufiger muss der Seelsorger auf die hilfreichen Dienste junger Ministranten verzichten. In der Katholischen KircheGladbeck herrscht Messdiener-Mangel.
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Laut Liste beläuft sich die Gesamtzahl der Altardiener im Dekanat Gladbeck auf etwas mehr als 100 Jungen, Mädchen und Jugendliche. Doch wie verlässlich sind solche Zahlen angesichts zweier Corona-Jahre, die zum Ausfall von Messfeiern führte und in denen ausdrücklich helfendes Altarpersonal zum Wegbleiben aufgefordert wurde?
Der Gladbecker Propst André Müller: „Nach Corona stehen wir vor der Notwendigkeit eines Neuaufbaus, gerade auch in der Messdiener-Arbeit“
Propst André Müller nimmt in der Diagnose kein Blatt vor den Mund. „Nach Corona stehen wir vor der Notwendigkeit eines Neuaufbaus, gerade auch in der Messdiener-Arbeit. Angesichts der ,Großwetterlage’ in der Kirche ist es sehr schwer, verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen und zurückzugewinnen.“ Er selbst schätze es als Priester sehr, mit Messdienern am Altar zu stehen. „Man hat dann zum Beispiel mit dem Einsatz von Weihrauch viel mehr liturgische Gestaltungsmöglichkeiten“, findet der Propst.
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Seit dem 1. Juni dieses Jahres will sich Thomas Halagan, seines Zeichens neuer Pastoralassistentin der Propsteipfarrei, der Messdiener-Problematik in besonderem Maße annehmen. „Es ist schwierig geworden, Jungen und Mädchen für diesen Dienst zu gewinnen“, so seine Einschätzung. Neben der Pandemie sei auch der Zeitfaktor von Bedeutung. Der 35-Jährige nennt hier den zunehmenden Ganztagsbetrieb der Schulen sowie das Buhlen von Vereinen, Musikschule und anderen Organisationen um eine im Unterschied zu früher kleiner gewordene Anzahl von Kindern.
„Laut Listen scheint die Lage gar nicht so ernst, aber wichtig ist es jetzt, an den einzelnen Kirchorten zu ermitteln, wie viele Jungen und Mädchen de facto noch zum Dienst am Altar bereit sind. Die fehlende Praxis hat zur Verunsicherung beigetragen. Für mich wichtig ist es, vor allem nach Corona, dass wir neu zusammenfinden und Gemeinschaft erleben durch Unternehmungen wie gemeinsame Fahrten und Feiern.“ Die Automatismen, dass aus einem Kommunionkind per se ein Messdiener wird, die greifen nicht mehr. „Ich möchte die vor Ort Aktiven unterstützen im Rahmen eines Netzwerkes in der Großgemeinde.“
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Immer müsse das übergeordnete Ziel im Auge behalten werden, „die Stärkung der Kirche generell und der Jugendlichen im Besonderen im Sinne des Evangeliums – angesichts allgemein sinkender Bereitschaft zu Verbindlichkeit ein nicht einfaches Unterfangen.“ Der „Neue“ im Pastoralteam bleibt jedoch zuversichtlich: „Ich habe eine Menge Ideen, mir fehlen nur noch die Menschen“, sagt er lachend, ein Umstand, den er schnell zu ändern gedenkt.
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Für Gabi Siebert und Claudia Landmesser, beide als Moderatorinnen in Herz-Jesu Zweckel aktiv, ist die „persönliche Ansprache das Allerwichtigste. Zwei Mädchen sind gerade zur Erstkommunion gekommen, ihr sehnlichster Wunsch war es schon lange, einmal den Dienst am Altar auszuüben“, so Landmesser. Von einem Erwachsenen-Messdiener werden die beiden jetzt auf den Dienst vorbereitet. „Insgesamt haben wir jetzt in Zweckel zwölf Ministranten.“
Ein paar Kommunionkinder haben Interesse signalisiert
Bei nur einem Gottesdienst, der Vorabend-Messe am Samstag, scheint da die Anwesenheit festlich gekleideter Jungen und Mädchen im Altarraum von Gladbecks größter Kirche garantiert zu sein. Mit seinen gerade mal 20 Jahren ist Hendrik Ollesch doch schon so etwas wie ein „alter Hase“, bereits seit zwölf Jahren verrichtet er den liturgischen Dienst – immer noch mit Herzblut. „Seit einem halben Jahr gehöre ich jetzt zur Leiterrunde“, erzählt er. Und redet Klartext: „Laut Liste sind wir hier in Stadtmitte noch 30 Messdiener, aber Corona hat viel kaputt gemacht.“ Er sei aber zuversichtlich, dass alles wieder anläuft und Fahrt aufnimmt: „Durch Fahrten, Filmabende und andere Unternehmungen wollen wir wieder eine richtige Gemeinschaft werden, bei den Kommunionkindern haben auch schon einige Interesse signalisiert.“
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Ylva Schmidt bringt die Messdiener-Lage in St. Josef Rentfort gelassen auf den Punkt: „Die Situation hier ist eigentlich schon wie vor Corona.“ Die 18-Jährige, die schon knapp zehn Jahre den Dienst am Altar verrichtet, ist „Chefin“ von etwa 30 Jungen, Mädchen und Jugendlichen im Alter von zehn bis 23 Jahren. Sie erzählt: „Wir haben nur eine Sonntagsmesse. Wenn ich auf dem Plan sechs Leute einteile, stehen mindestens vier davon auch sonntags vorn am Altar. Zudem haben wir eine Whatsapp-Gruppe, so dass jeder schnell signalisieren kann, dass er nicht kann und für Ersatz sorgt.“ Drei Neue seien in der Ausbildung, „auch deswegen sind wir zuversichtlich, was die Messdienerarbeit in Rentfort angeht“.