Gladbeck. Die Staatsanwaltschaft warf einem Gladbecker gefährliche Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener vor. Im Prozess kamen Zweifel auf.
Die Vorwürfe waren gravierend. Schwere Körperverletzung, Misshandlung Schutzbefohlener und Bedrohung im Zeitraum zwischen September und Dezember 2018 warf die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor. Doch am Ende sprach das Schöffengericht den 36-Jährigen frei. „In dubio pro reo“, sagte Vorsitzender Richter Markus Bley. Im Zweifel für den Angeklagten.
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2013 hatten R. und die acht Jahre jüngere S. in Indien geheiratet. Ein Jahr später kamen sie nach Deutschland, 2016 wurde die gemeinsame Tochter geboren. Streit gab es nicht selten in der Familie, aber gewalttätig sei er nie geworden, versicherte der Angeklagte. Nur einmal habe er seiner Tochter einen Klaps gegeben.
Vorwurf: Kleine Tochter mit einer Gardinenstange geschlagen
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Ganz anders hatte es seine inzwischen von ihm geschiedene Frau dargestellt, als sie bei der Polizei Anzeige erstattete. Er habe die kleine Tochter, weil sie nicht in den Kindergarten wollte, mit einer Gardinenstange auf den Po, auf die Arme und ins Gesicht geschlagen. Auch sie selbst habe Schläge abbekommen. Als sie nach einer Panikattacke ohnmächtig wurde, habe er sie mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen, und als sie mit ihm über die Scheidung sprechen wollte, habe er ihr einen Stuhl auf den Kopf geschlagen und sie mit dem Tode bedroht.
Ihre Zeugenaussage vor Gericht klang deutlich abgeschwächter. Den Schlag mit dem Stuhl habe ihr Schwager verhindert, Schläge mit der Gardinenstange habe ausschließlich das Kind abgekriegt, und ihr Ex-Mann habe auch nicht gedroht, sie umzubringen. Geschlagen allerdings habe er sie mehrfach. Warum sie nach der Misshandlung der Tochter nicht zum Arzt, zur Polizei oder zum Jugendamt gegangen sei, wollte der Vorsitzende Richter wissen. „Ich hatte Angst, dass mir mein Kind weggenommen wird, weil ich das nicht verhindert habe“, lautete die Antwort.
„Ich habe bis zuletzt versucht, die Ehe zu retten“
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Auch mit der Anzeige gegen ihren Mann ließ sie sich Zeit, brachte ihn Anfang Dezember, kurz nach der letzten angeblichen Attacke auf sie, noch zum Essener Hauptbahnhof, weil er zu seinem kranken Vater fliegen wollte. Erst einige Wochen später ging sie zur Polizei. Ihr Mann habe ihr bei einem Anruf aus Indien gesagt, er werde sich von ihr trennen, erklärte sie dieses Verhalten. „Ich habe bis zuletzt versucht, die Ehe zu retten. So sind wir indischen Frauen. Aber da wusste ich, dass unsere Beziehung gescheitert ist.“
„Ein unübersichtliches Bild“, befand der Staatsanwalt. Er halte die Hauptbelastungszeugin dennoch für glaubwürdig, zumal sie in ihrer Aussage keine Belastungstendenzen gezeigt habe. Er forderte eine Haftstrafe von sieben Monaten mit Bewährung. Der Verteidiger kam zu einem anderen Schluss. Schwester und Schwägerin der Frau, die auch als Zeugen gehört wurden, hätten weder Schläge noch Verletzungen gesehen, von den angeblichen Attacken auf sie und das Kind nur von der Frau gehört. Die Hauptbelastungszeugin halte er für nicht glaubwürdig und plädiere deshalb auf Freispruch.
Die vorgeworfenen Straftaten sind dem Angeklagten nicht nachzuweisen
Dem schloss sich das Gericht an. Die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten seien nicht nachzuweisen, so Richter Markus Bley. Selbst die vermeintlich Geschädigte habe viele Vorwürfe jetzt relativiert. „Übrig bleibt eigentlich nur die Kindesmisshandlung. Aber auch dafür gibt es ausschließlich die Aussagen der Frau, keine Verletzungsspuren, keine anderen Zeugen, keine Fotos, keine ärztlichen Atteste. Deshalb bleiben auch in diesem Punkt Zweifel, ob ihre Aussage belastbar ist. Das Ganze sieht eher nach einer Generalabrechnung aus.“