Gladbeck.

Das Schicksal des kleinen Kevin aus Bremen, der wegen Misshandlung und Vernachlässigung sterben musste, hat vor Jahren eine ganze Nation aufgeschreckt. Seitdem werden Hilferufe von Kindern schneller wahr genommen, es wird genauer hingeguckt und das Jugendamt informiert, wenn es Sorge um das Wohl eines Kindes gibt. Das ist bundesweit so, und auch in Gladbeck trifft dieser Trend zu. Allein im Jahr 2012 gab es hier mit 90 Anrufen mehr als doppelt so viele Meldungen über eine mögliche Kindeswohlgefährdung als noch ein Jahr davor. 43 waren es 2011.

Acht Kinder wurden 2012 in Obhut genommen

Die Zahl der Kinder, die daraufhin aus den Familien geholt wurden, entspricht dem aber nicht. Sieben waren es in 2011, acht in 2012. Im laufenden Jahre sind erst vier Kinder aus ihren Familien genommen worden. „Eine Inobhutnahme ist ja eine sehr abrupte Maßnahme“, erläutert Sozialdezernent Rainer Weichelt. Bevor das geschehe, werde die familiäre Situation aufs Schärfste geprüft. Zumal die Rechtmäßigkeit einer jeden Inobhutnahme innerhalb von wenigen Tagen vom Familiengericht bestätigt werden müsse.

„Wir gucken also sehr genau hin“, so Weichelt. Denn im Mittelpunkt stehe die Familie, „und wir haben eine hohe Meinung von der Familie als Institution“. Doch auch wenn keine akute Gefährdung eines Kindes festgestellt wird, bleibt der soziale oder familienpädagogische Dienst am Thema dran. Es werden Gespräche geführt und unter Umständen geprüft, welche Hilfen zur Erziehung die Familie braucht.

Bekanntermaßen sind diese Kosten in den vergangenen Jahren in fast allen Kommunen stetig angestiegen, allein in NRW kostete diese Hilfe für Familien in 2011 mehr als zwei Milliarden Euro. Und auch in Gladbeck sorgten die exorbitant steigenden Kosten für Diskussionen. In 2011 war der Etatansatz von rund 8,9 Mio Euro um fast vier Mio auf 12,8 Mio angestiegen (seit letztem Jahr sinken die Kosten wieder etwas). Sozialexperten sehen seit längerem einen Zusammenhang zwischen Armut und prekärer Familiensituation.

Und natürlich kommt es auch vor, dass die ambulante Familienhilfe nicht ausreicht, Kinder in Pflegefamilien betreut werden oder im Heim leben. 128 Gladbecker Kinder werden derzeit von Pflegefamilien betreut, davon haben 16 einen Migrationshintergrund. Weitere 11 Kinder, die im vergangenen Jahr zeitlich befristet in einer Bereitschaftspflege untergebracht waren. 103 Minderjährige (Stand Januar 2013) und zehn Kinder über 18 Jahren wachsen im Heim auf.