Gladbeck. In Friseursalons in Gladbeck bleiben viele Stühle leer. Grund ist die Testpflicht für die Kunden. Was viele Friseure zudem besonders ärgert.
War das eine Freude, als am 1. März die Friseursalons nach mehr als zweimonatiger Zwangspause endlich wieder öffnen durften! „Unser Telefon stand nicht still. Alle wollten am liebsten sofort kommen“, erinnert sich Corina Wehling, Chefin im Haarstudio Klein an der Friedenstraße. Sie und ihre vier Mitarbeiterinnen arbeiteten von montags bis samstags, an manchen Tagen bis 21 Uhr. Und jetzt?
Der Andrang in den Friseursalons in Gladbeck hat nachgelassen
Der Andrang hat deutlich nachgelassen. Grund ist der negative Corona-Schnelltest, der seit dem 24. März verpflichtend ist. „Viele Leute wollen sich einfach nicht testen lassen, kurioserweise weil sie Sorge vor einem positiven Ergebnis und den Folgen haben. Andere sind verunsichert, wissen nicht, dass sie nicht unmittelbar vor dem Friseurtermin, sondern auch am Vortag in ein Testzentrum gehen können“, weiß Corina Wehling aus den Telefongesprächen. „Ein bisschen Verständnis“ bringt die Friseurmeisterin in diesen Fällen auf, nicht aber, wenn Kunden ihren Termin verstreichen lassen, ohne (rechtzeitig) abzusagen. „Das ist eine Frechheit. Statt uns die Füße platt zu stehen, hätten wir andere Kunden bedienen können.“
Die Mitarbeiterinnen machen täglich einen Selbsttest vor Ort
Eigentlich, sagt sie, halte sie die aktuellen Auflagen für richtig – auch zur eigenen und zur Sicherheit ihres Teams. Besser fände sie es allerdings, wenn die Kundinnen und Kunden einen Selbsttest vor Ort machen dürften, so wie sie und ihre Mitarbeiterinnen das täglich tun. Das aber sei laut Ordnungsamt nicht erlaubt. Beklagen will sich Corina Wehling trotz allem nicht: „Wir sind froh, dass wir überhaupt wieder arbeiten dürfen.“ Den Umsatzrückgang seit Einführung der Testpflicht beziffert sie auf ca. 15 Prozent gegenüber den Vor-Corona-Zeiten, „und weil jetzt Genesene und vollständig Geimpfte keinen Test mehr brauchen, geht es sicher wieder etwas aufwärts.“
Ein Minus von 15 Prozent – davon kann Sermin Öztürk-Eysi nur träumen: „Meine Einnahmen sind um 90 Prozent eingebrochen“, klagt die Inhaberin des Salons Art of Hair and Beauty im Citycenter. „Als wir Anfang März wieder öffnen durften, hatten wir drei Wochen einen Riesenansturm. Jetzt kommen an manchen Tagen nur zwei Kunden.“ Viele lehnten die Tests grundsätzlich ab, andere seien über die Testmöglichkeiten schlecht informiert. Sermin Öztürk-Eysi: „Dabei haben wir seit der vergangenen Woche sogar ein Testzentrum im Haus. Es wäre also ganz einfach.“
Viele färben sich inzwischen die Haare selbst, kommen nur noch zum Schneiden in die Salons
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Die Testpflicht ist allerdings in ihren Augen nicht der einzige Grund, warum Kunden wegbleiben. Die zwei langen Zwangspausen seit Beginn der Pandemie hätten die Schwarzarbeit beflügelt: „Als die Salons geschlossen waren, haben sich viele Kundinnen zu Hause bedienen lassen – und sind anschließend dabei geblieben. Andere haben sich daran gewöhnt, sich die Haare selbst zu färben und kommen jetzt nur noch zum Schneiden.“ Sermin Öztürk-Eysi hat sich erst 2016 selbstständig gemacht. Das mache die Situation besonders schwierig, sagt sie: „Man braucht zwei Jahre, um sich einen Kundenstamm aufzubauen, und als die Geschäfte richtig gut liefen, kam Corona.“ Von ihrem Kosmetikstudio direkt nebenan redet sie erst gar nicht. Da läuft nach wie vor nichts.
Christine Vogt betreibt zwei Friseursalons, den an der Schultenstraße schon in dritter Generation, den an der Friedrichstraße in der Stadtmitte seit 1985. „Die aktuelle Situation ist grausam“, sagt sie. Sie und ihre sieben Mitarbeiterinnen seien zwar froh, dass sie wieder arbeiten dürfen, seit Einführung der Testpflicht blieben aber viele Stühle leer. Sie hat sogar Verständnis dafür, denn: „Wenn eine ältere Dame, die schon Probleme hat, zum Friseur zu kommen, auch noch zum Testzentrum muss, ist das einfach zu mühsam. Viele sagen, sie kommen erst wieder, wenn sie keinen negativen Test mehr brauchen.“ Schwere Zeiten also für Friseure. Als die Salons geschlossen waren, gab es – wenn auch oft mit Verspätung – Geld vom Staat. Mit den aktuellen Umsatzeinbußen müssen sie alleine klarkommen. Die Hoffnung auf bessere Zeiten bleibt trotzdem. „Da müssen wir jetzt einfach durch“, sagt Christine Vogt.
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