Gladbeck. Im Gladbecker Salon „Top Hair“ gehen Profis wieder nach der Schließung wegen des Coronavirus’ an den Start. Sie bringen Frisuren in Fasson.
Das nennt man wohl eine Glückssträhne! Kirsten Goldbach ist es nicht nur gelungen, telefonisch bei Top Hair durchzudringen. Sie konnte sogar einen Termin ergattern, frühmorgens gleich am ersten Tag der Wiederöffnung nach der Zwangspause wegen der Coronavirus-Pandemie.
Gladbeck: Statt Kaffee und Zeitschrift sind bei Haarstylisten in Corona-Zeiten Mundschutz und Abstand angesagt
Und Friseurin Andrea Ferlemann nimmt sich Zeit für ihre Kundin. 0-8-15-Look nach so vielen Wochen, in denen Haarstylisten ihre Hände notgedrungen in den Schoß legen mussten? Nein! Chefin Katja Krischel betont: „Wir machen alles, was unsere Kunden wünschen.“ Naja, fast alles: Wimpern ankleben, Augenbrauen färben, Bärte stutzen? – Träume sind Schäume, daraus wird aus hygienischen Gründen nichts.
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In Corona-Zeiten werden alte Zöpfe im Friseur-Handwerk abgeschnitten: das Tässchen Milchkaffee, die Klatschzeitschrift als Lektüre, die waren mal. Jetzt kommt niemand am Desinfektionsspender vorbei, Damen und Herren auf den Sesseln werden mit Einweghandschuhen angefasst, nur jeder zweite Behandlungsplatz ist mit Blick auf den Sicherheitsabstand von 1,50 Meter besetzt, und mit einem Mundschutz quasselt es sich nicht so locker. Aber wen schert’s? Hauptsache, die Frisur sitzt wieder!
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Schnippschnapp, die Spitzen ab! Oder darf’s ein bisschen mehr sein? Gerne! Das Virus macht nicht nur im Kopf strubbelig ob all der Nachrichten; auch auf den Häuptern, die den Profis unter Kamm und Schere kommen, ist viel los. Silberfüchse sind nicht stolz auf ihre Wurzeln, Wallemähnen lassen sich irgendwann auch nicht mehr mit einer Unzahl von Spangen bändigen. Da müssen die Profis ran, um den Gladbeckern aus der Klemme zu helfen. Krischel berichtet: „Wir hatten während der wochenlangen Schließung einen Lieferservice, und viele Herren haben Styling-Produkte gekauft.“ Doch die Pracht verliert an Fasson – da können Laien sich noch so viel Pomade in die Haare schmieren.
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Dokumentationspflicht
Bevor Coiffeure in der Pandemie-Zeit überhaupt ein Härchen in ihre Finger bekommen dürfen, müssen sie ihrer Dokumentationspflicht nachkommen. Auf einem Corona-Informationsblatt haben Kunden Angaben zu ihrer Person samt Kontaktdaten anzugeben.
Mehr noch: Abgefragt werden auf diesem Zettel auch die Krankheitssymptome Fieber, Husten, Atemnot, Geschmacks- und Geruchsstörungen. Ist eine Frage mit „ja“ beantwortet, „dürfen wir Sie leider nur bedienen, wenn Sie eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung oder ein Attest vorlegen“. Daraus müsse hervorgehen, dass die Symptome nicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen.
Das Ausfüllen des Bogens ist unumgänglich, „damit eine eventuelle Infektionskette nachvollzogen und unterbrochen werden kann“, hebt Katja Krischel hervor. Deswegen muss die Kundschaft auch das Einverständnis unterschreiben, dass die erhobenen Daten „bei Anfrage oder Verdacht einer Erkrankung an die zuständigen Behörden“ weitergeleitet werden. „Im Falle einer Verweigerung“ wird’s nichts mit einer frischen Frisur.
Beim Coiffeur dürfen Menschen, die sich einfach nicht mehr wohl in ihrer Haut fühlen, etwas durchatmen. Für sie haben Andreas und Katja Krischel ein „Briefchen“ verfasst: „Willkommen zurück! Schön, dass wir uns endlich wiedersehen!“
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Die menschliche Nähe mit ihren Mitarbeitern und den Kunden, die habe ihr doch sehr gefehlt, sagt die Chefin. Jetzt setze das Sicherheitskonzept zwar auf Distanz und Hygiene, doch alles läuft glatt. Kunststück, die „Top Hairs“ haben ja auch geübt: Maskerade ist Muss, Handwerkszeug und die festgelegten Arbeitsplätze müssen immer wieder akribisch blitzblank und keimfrei gemacht werden. „Wir säubern mit einem fettlösenden Reinigungsmittel“, so Krischel. Kamm, Schere etc. baden in einem speziellen Desinfektionsprodukt. Guido Schmiemann betreut an diesem Morgen die Rezeption, an der das Telefon keine Ruhe gibt.
Das alles kostet mehr Zeit, mehr Aufwand, mehr Material. „Wir haben Behandlungspakete, die sind jetzt drei Euro teurer als vor der Schließung“, erklärt die Chefin. Ob es sich rechnet? Wer weiß. Jedenfalls hat das Team wochenlang von früh bis spät alle Hände voll zu tun. Krischel liegt die Seelenmassage der Kundschaft am Herzen: „Es geht uns hier um eine Corona-Auszeit.“ Bei ihren Mitarbeitern dringt sich darauf, die Krise einfach mal vor der Ladentür zu lassen. Krischel sagt all den Wuschelköpfen und ausgewachsenen Bürstenschnitten: „Lassen Sie uns eine schöne Zeit zusammen verbringen, wir sind uns sicher, dass Sie zufrieden und mit einem Lächeln unter der Maske nach Hause gehen werden.“