Gladbeck. Jürgen Harks, Leiter der Umweltabteilung Gladbeck, sieht sein Ressort durch den Protest „Fridays for Future“ stark in die Öffentlichkeit gerückt.
Schüler und Studenten machen sich in vielen Ländern für den Klimaschutz stark und eifern ihrem Vorbild, der Schwedin Greta Thunberg, nach. Die Gewerkschaft Verdi ruft ihre Mitglieder dazu auf, die Bewegung unter dem Schlagwort „Fridays for Future“ zu unterstützen: Sie will für den 20. September bundesweit Demonstrationen auf die Beine stellen. Und Gladbeck hat im Juni als erste Stadt im Kreis Recklinghausen den Klimanotstand ausgerufen. Jürgen Harks, Leiter der städtischen Umweltabteilung Gladbeck, sprach mit der WAZ über „Fridays for Future“ und Möglichkeiten des Umwelt- und Klimaschutzes vor der eigenen Haustür.
Bestehende Projekte in Gladbeck sollen intensiviert und ausgeweitet werden
Sollten all diese Aktionen, die aktuell Schlagzeilen machen, etwa ein relativ kurzlebiger Hype sein? „Das glaube ich nicht“, meint der Fachmann vor Ort, „der Grundton ist gesetzt für die nächsten Jahre.“ Allerdings: Proteste und Beschlüsse sind das eine, Taten das andere. „Wir haben als Stadtverwaltung die Aufgabe, den Beschluss zum Klimanotstand mit Leben zu füllen“, sagt denn auch Harks. Sicher, es werde in Gladbeck schon so einiges getan – man denke beispielsweise an die Bemühungen um das Radverkehrsnetz oder „Grün statt Steingärten“. Doch „wir wollen bestehende Projekte intensivieren und ausweiten“. Schließlich, so der Fachmann, „hat jeder Bürger zu Recht die Erwartung, dass etwas passiert.“ Dabei müsse jedoch klar sein: „Klimaschutz ist keine rein kommunale Aufgabe, sondern ein gesamtgesellschaftliches Thema.“ Ein Prozess, der auch jeden einzelnen angehe, denn: „Es geht darum, bewusst zu machen, dass jeder einen Fußabdruck in Klima und Umwelt hinterlässt.“
An „Fridays for Future“ findet der 35-jährige Experte in der Stadtverwaltung „toll“, dass vor allem junge Menschen aufstehen und auf die Straße gehen: „Sie wollen es anders machen als die früheren Generationen.“ Aus Sicht der Umweltabteilung rücken die Aktiven das Themenfeld stärker ins Licht der Öffentlichkeit – und erhöhen damit den Grad der Beachtung. Dass der „etwas revolutionäre Ansatz“ nicht auf die volle Zustimmung in der Bevölkerung stoße, liegt dabei nach Harks’ Ansicht in der Natur der Sache. Ganz zu schweigen von Maßnahmen, die zwar als umweltfreundlich gelten, aber sich dennoch als Stein des Anstoßes herausstellen können. Harks nennt ein Beispiel: „Die Windenergie müsste Teil der Energiewende sein.“ Doch der Aufbau der Windräder stößt regelmäßig auf Widerstand: Tierschützer positionieren sich dagegen, Anwohner und Kritiker, die die „Verspargelung der Landschaft“ kritisieren. Derartige Projekte brauchen laut Harks eine gesellschaftliche Akzeptanz, deswegen: „Man muss kompromissbereit sein.“ Wie das auch immer das im Gladbecker Fall „Mottbruchhalde“ aussehen könnte . . .
Jürgen Harks: „Steuergerechtigkeit muss Klimagerechtigkeit sein!“
Für ihn ist wichtig, den Durchschnittsbürger nicht durch Umwelt- und Klimaschutzprojekte zusätzlich zu belasten. Im Gegenteil: „Wir wollen ja die Lebensqualität erhöhen.“ So bezeichnet Harks sich durchaus als „Fan der CO2-Steuer“, schiebt aber gleich nach: „Steuergerechtigkeit muss Klimagerechtigkeit sein!“ Und diese Beschlüsse würden halt nicht in den Kommunen gefasst. „Gladbeck wird nicht den weltweiten Klimawandel ändern“, so Jürgen Harks. Aber jeder könne persönlich etwas im Kleinen verbessern.
Das versucht der 35-jährige Vater eines vierjährigen Sohnes auch im Alltag. „Ich habe beim Kauf meines kleinen Autos auf den Spritverbrauch geachtet“, erzählt Harks. Außerdem steige er möglichst oft um aufs Fahrrad. Selbstkritisch sagt er: „Ich persönlich könnte vielleicht versuchen, den ÖPNV zu nutzen.“ Mobilität sei übrigens ein Thema, das viele Menschen beschäftige und mit Blick auf Lärm- und Abgasbelastung zunehmend eine wichtige Rolle spiele: „Eine autogerechte Stadt ist keine umweltgerechte Stadt.“
Der Umweltexperte steigt lieber auf das Fahrrad statt in den Flieger
Auch über die Wahl eines Ferienziels macht sich Harks so seine Gedanken. Er unterstreicht: „Die Entfernung bestimmt nicht die Qualität.“ Schon seit Jahren sei er nicht mehr in einem Flieger gestiegen. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Auf dem Drahtesel nach Holland oder an die Nordseeküste zu radeln, könne auch ein wunderbares Urlaubserlebnis sein.
Kostenloses Parken
„Die Stadt Gladbeck bietet Gratis-Parken für Elektro-Autos und besonders umweltfreundliche Fahrzeuge an“, so Jürgen Harks. Die Resonanz auf diese Offerte entspreche dem Durchschnitt im Kreis Recklinghausen.
Stadtsprecher David Hennig: „Laut unserer Liste kommen aktuell 34 Elektro-Fahrzeuge und sechs Gas-Fahrzeuge in den Genuss des kostenlosen Parkens.“ Nach seiner Aussage wurden außerdem entsprechende Parkausweise für rund 130 Wagen vergeben, die eine geringe CO2-Emission (Kohlenstoffdioxid-Ausstoß) nachweisen können. Dieser Wert müsse bei unter 100 Gramm pro Kilometer liegen. Dabei handele es sich unter anderem sowohl um Benziner und Dieselfahrzeuge wie auch um Hybride-Benzin-Elektromotoren.
An seine Abteilung wenden sich Bürger mit ihren Fragen. Dauerbrenner seien nach wie vor Lärm und Luftverschmutzung. Energiesanierung im Zuge von Innovation City erfahre ebenfalls Aufmerksamkeit. Harks greift einen Aspekt heraus: „Wir haben ein hohes Potenzial an ungenutzten Dächern.“ Dort könnten Photovoltaikanlagen installiert werden. Hitzesommer und Starkregen machen, so der Experte, Maßnahmen zur Klimaanpassung erforderlich. Dazu gehört für Harks auch der Aufbau kostenloser, öffentlicher Wasserstellen.
Im Fokus stehen die Information der Bürger und Vernetzung der Beteiligten
In der steten Information der Bürgerschaft und der Vernetzung möglichst vieler Beteiligter sieht Harks eine zentrale Aufgabe. Da liegt es auf der Hand, gerade auch an junge Menschen zu denken. Wie wäre es beispielsweise mit einem Angebot der Volkshochschule (VHS) Gladbeck zum Thema „Plastikfrei“? Es richtet sich an Kinder...