Gelsenkirchen. Die Deutsche Annington will die gut 60 Häuser mit 330 Wohnungen in der Bergarbeitersiedlung “Flöz Dickebank“ an das Wohnungsunternehmen Häusser-Bau verkaufen. Am Donnerstag protestierten etwa 150 der über 600 Bewohner bei einer Kundgebung gegen den Ausverkauf ihrer Heimat.

Der Hinweis auf den T-Shirts zweier Anwohner ist eindeutig. Es zeigt ein Haltverbotsschild für „Heuschrecken“. Die kommen aus Bochum und verbreiten Angst unter den Bewohnern. Der bisherige Vermieter, die Deutsche Annington, will die gut 60 Häuser mit 330 Wohnungen in der Bergarbeitersiedlung "Flöz Dickebank" an das Wohnungsunternehmen Häusser-Bau verkaufen. Gestern protestierten etwa 150 der über 600 Bewohner bei einer Kundgebung gegen den Ausverkauf ihrer Heimat.

Hinter vielen Fensterscheiben kleben Zettel, auf denen die Bewohner ihren Protest gegen den Verkauf geschrieben haben. Selbst Nachbars Hund „Nonni“ ist in ein Demo-Gewand eingepackt, mit dem er seinen Protest herausbellen kann. Mit Protesten gegen Vermieter leben die Dickebänker seit den 70er Jahren. Sie haben sich zum Dauerkampf um den Erhalt der Siedlung entwickelt. Über die Rheinischen Wohnstätten und Viterra landete der Besitz der Siedlung schließlich bei der Deutschen Annington.

Gern mehr bezahlen, wenn der Vermieter investiert

Dass sie günstig wohnen, ist den Mietern bewusst. Sie wollen gern mehr bezahlen, wenn der Vermieter investiert. Sie werfen Annington vor, viel zu wenig für die Verbesserung der Wohnqualität getan zu haben. Michael Rützel ist hier groß geworden, hat die Wohnung von den Eltern übernommen. Seine Kritik: „Dächer sind nicht isoliert, die Fenster alt. „Ich jage monatlich 50 Euro an Heizkosten durch die Fenster.“ Die meisten heizen mit Kohle. Wer Schimmelbildung vermeiden will, muss die Räume überhitzen. Das geht ans Geld.

Udo Brückner, Ratsherr und seit 30 Jahren hier zu Hause, hat auf eigene Kosten eine Heizung eingebaut. So wie er haben die meisten ihre Wohnung selbst verschönert. „Die Menschen haben viel Geld und Herzblut reingesteckt.“

Häusser-Bau hat schlechten Ruf

Dem vermeintlichen Neubesitzer Häusser-Bau geht ein schlechter Ruf voraus. „Die Praktiken nach dem Kauf sind immer die gleichen“, berichtet Rainer Stücker, Geschäftsführer vom Mieterverein Dortmund: „Verkäufer von Häusser-Bau drängen die Bewohner, auszuziehen, bieten Abfindungen an, setzen sie unter Druck.“ Die Erfahrungen von Initiativen aus Essen und Dortmund sind ähnlich.

Ernst Georg Tiefenbacher vom Gelsenkirchener Mieterverein, warnt davor, die Siedlung in falsche Hände kommen zu lassen. „Das einzigartige Stück Deutschland wird zerschlagen, wenn es in die Hände von Häusser kommt.“ Er weiß, dass gesetzlich der Verkauf nicht verhindert werden kann. „Wir müssen stärker sein als das Gesetz“, fordert er alle Bewohner zu größerem Widerstand auf.

Markus Töns, SPD-Landtagsabgeordneter im Schwebezustand, setzt auf eine politische Lösung mit Unterstützung von Stadt und Land. Töns: „Flöz Dickebank ist ein Lebensgefühl, das muss erhalten bleiben.“