Gelsenkirchen.
Emotionen pur in Ückendorf. „Flöz Dickebank“, eine der kulturhistorischen Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet, soll verkauft werden. Die Deutsche Annington, jetzige Inhaberin, will sie an das ebenfalls in Bochum ansässige Unternehmen Häusser-Bau veräußern, wie in einer Anwohnerversammlung bekannt wurde. Es geht um 317 Wohneinheiten, die sich nicht alle in einem vorzeigbaren Zustand befinden.
Sanierungsstau nennt man so etwas gemeinhin, und offenbar fehlt der Deutschen Annington das nötige Kapital, um ein in die Jahre gekommenes Schmuckstück zu unterhalten, aufzupolieren und ihm so den notwendigen Glanz zu verleihen, den es angesichts seiner Historie verdient.
Kapitalmaximierung und Bestandspflege
Die Menschen, die in der Siedlung wohnen, entwickeln angesichts dieser Aussichten verständliche Ängste. Sie wissen nicht, was kommt. Häusser-Bau etwa eilt der Ruf voraus, gerne profitabel zu arbeiten. Auf unterschiedliche Weise. Aber das ist kein Alleinstellungsmerkmal im Revier. Das machen, nein, das wollen alle Wohnungsunternehmen.
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Dabei ist die Philosophie der Bochumer durchaus vielschichtiger als ihr Ruf, eine reine Heuschrecke zu sein. Denn neben dem geschäftlichen Wunsch nach einer Kapitalmaximierung gibt es durchaus Bestandspflege. Das übrigens weiß auch die Stadttochter GGW sehr wohl, die vor Jahren in Schüben insgesamt 650 Wohnungen (in 2004 und 2008) an Häusser-Bau verkauft hat: Schwerpunkte waren Scholven und die Zoosiedlung.
Unternehmen hätte „sich“ erklären können
Und während in den Mehrfamilienhäusern im Gelsenkirchener Norden anschließend alles weiterlief wie gehabt, hat sich in der Zoosiedlung an vielen Stellen vor allem die subjektive Sorge der Menschen durchgesetzt. Die, die einen anderen Wohnraum fanden, seien gegangen, sagen Kenner heute. Glauben aber auch, dass es so nicht hätte laufen müssen.
All das, keine Frage, hätte Häusser-Bau am Mittwochabend im Pfarrsaal von St. Josef erklären können. Das Unternehmen hätte „sich“ erklären können und hat eine gute Chance verstreichen lassen. Letztendlich wurden gerade durch die Abwesenheit die Ängste weiter geschürt.
Geld wird den Ausschlag geben
Wie geht es weiter? Nach WAZ-Informationen will die Stadt den von der Deutschen Annington in Aussicht gestellten Zeitkorridor von drei Monaten in Anspruch nehmen, um mit der GGW und dem Land NRW ein Kaufmodell zu entwickeln. Entscheidend wird sein, ob Fördertöpfe angezapft werden können und in welcher Höhe Geld fließen kann. Denn Geld, das wird für die Annington am Ende ausschlaggebend sein. Wenn der Preis stimmt, wird sie verkaufen. Egal an wen. Realistisch erscheint für ein Groß-Objekt wie „Flöz Dickebank“ ein Betrag zwischen sechs und zehn Millionen Euro.