Gelsenkirchen .

Das Vereinsheim des Kleingärtnervereins Bismarckhain platzte aus allen Nähten. Etwa 300 Bewohner der benachbarten Zoosiedlung strömten Dienstagabend in die Anlage an der Grimbergstraße zur Mieterversammlung, getrieben von der Sorge um die Zukunft ihrer Wohnungen und Häuser.

Anfang Mai waren die 115 Gebäude der Siedlung nämlich vom Gelsenkirchener Immobiliendienstleister Erbengemeinschaft Rudolf Bauer an die Unternehmergruppe Häusser-Bau in Bochum verkauft worden. Und die ist laut Einladungsschreiben dafür bekannt, ganze Siedlungen aufzukaufen, um dann den Wohnbestand zu privatisieren. Das habe zu massiver Unruhe unter den Mietern geführt.

„Es ändert sich nichts. Sie bleiben Mieter mit allen Rechten“, erklärte Ernst Georg Tiefenbacher, Vorsitzender vom Mieterverein Gelsenkirchen, der großen Runde. Ralf Bettges, Pressesprecher bei Häusser-Bau, wollte eine Privatisierung der Zoosiedlung auf WAZ-Anfrage nicht ausschließen: „Es ist durchaus denkbar, dass es zu Teilprivatisierungen kommt.“ Aber auch er sieht für die Mieter keine Veranlassung zur Sorge: „Mieter, die wohnen bleiben wollen und nicht kaufen wollen, können bleiben.“

Einige Mieter sind per Anschreiben schon gefragt worden, ob sie ihre vier Wände als Eigentumswohnung kaufen möchten. Und laut Häusser-Bau wollen das 30 Prozent der Mieter - zum Vorzugspreis. „Bitte unterschreiben Sie nichts“, warnte Ernst Georg Tiefenbacher eindringlich. Vorher sollte man den Mieterverein über das Schreiben informieren. Unter Umständen würde man andernfalls seinem Verzicht auf das Vorkaufsrecht zustimmen. Auch die Stadt hat bei jedem Verkauf von Wohnhäusern ein öffentlich rechtliches Vorkaufsrecht. „Wusste die Stadt vom Vorkaufsrecht?“, wollte ein Mieter wissen. Markus Horstmann von der Stadtverwaltung bejahte, verwies aber auf eine „gewisse finanzielle Lage der Stadt“. Abgesehen davon habe er aber noch nie erlebt, dass die Stadt vom Vorkaufsrecht Gebrauch macht.

Was, wenn der Vermieter nun plötzlich Eigenbedarf anmeldet? - Geht nicht, das kann nur eine natürliche Person, und Häusser-Bau ist eine juristische. Weitere Mieter-Fragen drehten sich um Kündigungsfristen, umgewandelte Wohnungen, Besichtigungen, Kautionen, Mieterhöhungen und Renovierungen.

Bürgermeisterin Gabriele Preuß sah die Veranstaltung als Auftakt. „Die Stadt will eine Sozialcharta mit Häusser-Bau abschließen, in der das alles geregelt wird“, sagte sie. Auch eine Mieterinitiative soll innerhalb der nächsten 14 Tage gegründet werden. Dazu wird ein neues Treffen vereinbart.

Warum die Erbengemeinschaft Rudolf Bauer die Zoosiedlung verkauft hat, will das Unternehmen nicht mitteilen. Auch über die Anzahl weiterer Häuser in Gelsenkirchen schweigt man sich dort aus.