Gelsenkirchen. Der neue Klinik-Atlas des Bundes ist online. Wir haben einen ersten Fakten-Check zu Gelsenkirchens Kliniken - hier zur KERN-Gruppe - gestartet.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft war schon im Vorfeld extrem skeptisch in Sachen Klinik-Atlas. Bereits vier Tage, nachdem das Portal online gegangen war, verwies die Gesellschaft auf falsche Zahlen und Fakten sowie irreführende Informationen, von denen ihr mehrere Kliniken berichtet hätten. Die Redaktion hat exemplarisch Daten im Atlas zu Gelsenkirchens Krankenhäusern gesucht und die Klinikträger nach ihrer Bewertung des Portals gefragt. Hier geht es um die Darstellung im Atlas und die Bewertung des Klinikträgers KERN, der drei Häuser in Gelsenkirchen betreibt.

Alle Angaben basieren auf Zahlen von 2022

Die Verantwortlichen der KERN-Einrichtungen zeigen sich extrem skeptisch gegenüber dem neuen Instrument. Man habe die Angaben im neuen Atlas noch nicht im Einzelnen überprüfen können, heißt es auf Anfrage der Redaktion. Generell aber sehe man die Notwendigkeit des neuen Portals nicht. Vielmehr sei aus eigener Sicht beim bisherigen Deutschen Krankenhausverzeichnis eine hinreichende, rein datenbasierte und neutrale Information gegeben gewesen.

Tatsächlich basieren die aktuell im neuen Atlas zu findenden Angaben alle auf Zahlen aus dem Jahr 2022. Im dritten Quartal des laufenden Jahres soll dies aktualisiert werden auf die Datenbasis des Jahres 2023, heißt es in den Erläuterungen des Bundesgesundheitsministeriums.

Personalquotient laut Atlas „weit unterdurchschnittlich“

Unzufrieden dürften die Häuser jedenfalls mit der Wertung im Atlas in Bezug auf die Versorgungsquote mit Pflegekräften sein. Die Zahl der Behandlungsfälle am Marienhospital in Ückendorf wird mit „sehr viele“ (26.133 Behandlungen bei 530 Betten) eingestuft, der Personalquotient mit 59,01 als „weit unterdurchschnittlich“. Gemeint ist damit, dass zuviele Patienten auf eine Pflegekraft entfallen. 369 Pflegekräfte standen laut Atlas 2022 für die Patienten zur Verfügung. Aktuell sind in dem Ückendorfer Krankenhaus, so der Sprecher der KERN- Katholische Kliniken Gelsenkirchen, Wolfgang Heinberg, 398,15 Stellen in der Pflege besetzt, also 29 mehr, als der Atlas für 2022 auflistet.

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Anerkannt ist das Haus laut Atlas zudem als zertifiziertes Darmkrebszentrum, wobei für die Behandlung der verschiedenen Erkrankungsformen insgesamt neun Fachabteilungen zur Verfügung stehen. Mit der Anerkennung von Zertifizierten Zentren geht der Atlas sparsam um. Die Notfallversorgung wird in die mittlere Stufe als „Erweiterte Notfallversorgung“ eingestuft. Weitergehende Informationen gibt es nur bei der detaillierten Suche nach Behandlungen. Beim „operativen Verschluss eines Leistenbruchs“ etwa verzeichnet das Marienhospital Gelsenkirchen mit 175 „viele“, auf jeden Fall die meisten Eingriffe dieser Art in der Stadt. Die konkrekte Suche nach Eingriffs- und Behandlungsarten ist sehr kleinteilig und für den Laien ist es schwer, die richtigen Kategorien für die Suche zu finden.

Klinik-Atlas listet noch das St. Josef-Hospital als arbeitende Klinik

Das Sankt Marien-Hospital Buer mit seinen 259 Betten stuft der Atlas als mittelgroß ein. Die 10.910 Behandlungsfälle gelten als „viele“, der Pflegepersonalstandard wird mit 176 Pflegekräften im Haus als unterdurchschnittlich (53,85) bewertet. Frauenheilkunde und Geburtshilfe nehmen hier den - wenig überraschend - größten Anteil ein bei 3658 Fällen, gefolgt von Innerer Medizin (2914), Unfallchirurgie (1828), Gefäßchirurgie (1361). Die Geriatrie erscheint hier noch mit 134 Fällen, allerdings ist wegen der Datenbasis von 2022 auch noch das St. Josef Hospital als Klinik gelistet, das ja seine Abteilungen längst ans St. Marien überweisen hat. Auch das Buersche Haus ist mit einer „erweiterten Notfallversorgung“ klassifiziert. Um beim Beispiel „Leistenbruch-OP“ zu bleiben: Mit 142 Fällen wird auch hier die Kategorie „viele“ genutzt. Die aktuelle Besetzung mit Pflegekräften gibt der Klinikträger mit 211,26, also 30 mehr als 2022 an.

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Das dritte KERN-Haus in der Stadt ist das Elisabeth-Krankenhaus in Erle. Es wird als „kleines“ Haus geführt im Atlas, mit 91 Betten, aber sehr vielen Behandlungsfällen (1140). Die Versorgung mit Pflegekräften wird als überdurchschnittlich gut bezeichnet, bei 71 Pflegekräften. Aktuell nennt KERN-Sprecher Wolfgang Heinberg die Zahl von 167 Vollzeitkräften in der Pflege am Erler Haus: Was eine erhebliche Aufstockung der ohnehin laut Atlas bereits 2022 üppigen guten Personaldecke bedeuten würde. Wer allerdings etwa nach „Psychiatrie“ oder „Psychotherapie“, Suchterkrankung oder Ähnlichem sucht, bekommt das Elisabeth Krankenhaus gar nicht angezeigt. Für die Psychiatrische Versorgung weist der Atlas überhaupt keine Kliniken auf, worauf allerdings auch in den Erläuterungen zur Nutzung hingewiesen wird.