Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen gibt es nun ein besonders strukturiertes Therapieangebot bei Darmkrebs. Wer und was dazugehört und wie die Heilungschancen sind.
Zertifizierung ist etwas, mit dem Patienten in der Regel nur wenig Konkretes verbinden. Das Marienhospital Gelsenkirchen hat nun aber eine Zertifizierung durchlaufen, die sehr konkret beschreibt, wie systematisch und umfassend hier im Bereich Darmkrebs behandelt wird.
Der Begriff „Darmzentrum“ ist nämlich bislang nicht geschützt, erklärt der Chefarzt der chirurgischen Klinik im Haus, Prof. Andreas Raffel. Und für Operationen bei Darmkrebstumoren gebe es bisher auch keine Mindest-Fallzahlen, die eine Klinik nachweisen muss, um die Operation durchführen zu dürfen. Seine Klinik ist allerdings nur ein Teil des umfangreichen Teams, das sich in diesem zertifizierten Darmzentrum - dem einzigen in der Stadt - um die Patienten kümmert.
Mit zahlreichen Disziplinen gemeinsam
Die erste Anlaufstelle für Patienten beim Verdacht, dass mit dem Darm etwas nicht stimmt, ist in der Regel der niedergelassene Gastroenterologe. Wenn dort die Darmspiegelung ein auffälliges Ergebnis gezeigt hat, dann kommen die Patienten zur weiteren Abklärung zu Prof. Wilhelm Nolte in die Gastroenterologie, wo ebenfalls Darmspiegelungen durchgeführt werden können, aber auch weitere Untersuchungen zur Abklärung. Danach werden die Ergebnisse und die geeigneten Therapien besprochen. Darin eingebunden sind neben Prof. Nolte die (an der Uni Bochum angesiedelte) Pathologie, die onkologische Klinik im Haus von Privat-Dozent Gerald Meckenstock, Prof. Raffel mit zwei weiteren, eigens geschulten Chirurgen seines Teams, die in der Horster Niederlassung der Kern-Gruppe angesiedelte Strahlentherapie sowie Psychoonkologen. Auch Selbsthilfegruppen sind an das Zentrum angeschlossen. Die Koordination aller beteiligten Einrichtungen und Experten übernimmt für das Darmzentrum Dr. Rouwen Riediger.
Darmkrebs ist in Deutschland - nach Brustkrebs bei Frauen und Prostatakrebs bei Männern - die zweithäufigste Krebsart, in Gelsenkirchen liegen allerdings die Lungenkrebserkrankungen in etwa gleichauf. 150 Dickdarm- und Enddarmkrebspatienten behandelt Meckenstock im Jahr, zur Operation kommt es durchschnittlich in rund 70 Fällen, die meisten beim ohnehin deutlich verbreiteteren und weniger gefährlichen Dickdarmkrebs. 80 Prozent der Operationen können mittlerweile in Schlüssellochtechnik durchgeführt werden, sodass Patienten weniger belastet werden. Lediglich bei Metastasen, in späteren Stadien, muss offen operiert werden.
Bei Darmkrebs im Frühstadium können 90 Prozent der Patienten geheilt werden
„90 Prozent der Patienten, bei denen der Darmkrebs früh erkannt wird, können geheilt werden“, versichert Raffel, der daher ebenso wie die Kollegen dringend zur Nutzung der Vorsorgeuntersuchungen rät. Ab 50 Jahren übernehmen dies die Kassen. Bei Patienten mit Auffälligkeiten bei der Verdauung - Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall etwa - oder bei Darmkrebs in der Familie sollte dies auch früher geschehen. „Seit der Einführung der Darmspiegelung als Vorsorgeuntersuchung vor 25 Jahren hat sich die Zahl der an Darmkrebs Verstorbenen halbiert“, erläutert Nolte, warum er und seine Kollegen so dringend zu der mittlerweile auch deutlich weniger unangenehmen Untersuchung raten.
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„Auch bei den medikamentösen Therapien gibt es viele neue Möglichkeiten, den Darmkrebs zu bekämpfen, zum Beispiel Immuntherapie und Antikörpertherapie. Und selbst bei metastasierten Tumoren können Patienten heute noch bis zu mehreren Jahren damit leben“, schildert der Onkologe Meckenstock die Möglichkeiten. Damit das Team stets auf der Höhe bleibt, kümmert sich der Koordinator des Zentrums, Dr. Rouwen Riediger, auch um die Teilnahme an Studien.
Eingebunden in die Arbeit des Darmzentrums sind auch die niedergelassenen Gastroenterologen. Sie übernehmen neben der Erstdiagnostik auch die Anschlussbehandlung, die in den ersten fünf Jahren nach den stationären Therapien notwendig ist.