Gelsenkirchen-Horst. Am Freitag wurde im Gelsenkirchener St. Josef-Hospital der letzte Patient entlassen. Doch am Standort wird auch in Zukunft Medizin betrieben.

Es ist nichts weniger als das Ende einer Ära. Am Freitag, 8. März, wurde im St. Josef-Hospital der letzte Patient aus der stationären Behandlung entlassen. Damit endet eine Geschichte, die vor mehr als 130 Jahren begann – oder? Nein, sagt Hendrik Nordholt. Der Geschäftsführer der KERN (Katholische Einrichtungen Ruhrgebiet Nord), Träger des St. Josef-Hospitals, versichert: Nach wie vor wird es an dem Standort in Horst medizinische Versorgung geben. Nur eben nicht in stationärer Form.

Rückblick: Das „Horster Krankenhaus“, „St. Josef“ oder „Joho“, wie man im Stadtteil liebevoll sagt, wurde im Jahr 1889 gegründet, mit zunächst 35 Betten. Damals kümmerten sich noch Ordensschwestern der Franziskanerinnen um die Pflege der Patientinnen und Patienten. Im Lauf der Jahre wuchs das Krankenhaus stetig an. Während der Nazizeit und des Zweiten Weltkrieges war Dr. Rudolf Bertram Chefarzt der Klinik: Nach einem Bombenangriff auf das Lager Gelsenberg, ein Außenlager des KZ Buchenwald, rettete er 17 jüdischen Frauen das Leben und versteckte sie bis Kriegsende vor dem Zugriff der Nazis. Dafür wurde er später von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet, 1996 wurde der Platz vor dem Horster Krankenhaus nach ihm benannt.

Geriatrie zieht an St. Marien-Hospital Gelsenkirchen-Buer

Im Laufe der Jahre verlor das St. Josef-Hospital seine Eigenständigkeit. Zunächst wurde es Teil der Gesellschaft KKEL (Katholische Kliniken Emscher-Lippe), 2018 übernahm dann die St. Augustinus GmbH einen Großteil der Anteile an der KKEL und damit auch das Horster Krankenhaus. Im vergangenen Jahr schließlich schloss sich Augustinus mit der Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH zur neuen Holding KERN zusammen.

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Zu diesem Zeitpunkt war das St. Josef-Hospital aber schon längst kein Allgemeinkrankenhaus mehr. Hatte es noch weit bis ins neue Jahrtausend hinein von der Chirurgie über Innere Medizin und Frauenheilkunde bis zur Onkologie einen großen Bereich an Fachrichtungen abgedeckt, so war zuletzt nur noch eine geriatrische Abteilung aktiv. Dessen letzter Patient wurde am Freitag entlassen: Die Abteilung zieht dann zum St. Marien-Hospital Buer. „Wir sind stolz darauf, dass von den 140 Mitarbeitenden, die zuletzt noch im St. Josef-Hospital gearbeitet haben, 135 bei KERN geblieben sind und nun an den anderen Standorten arbeiten“, sagt Geschäftsführer Hendrik Nordholt. „Und bei den verbliebenen fünf geben wir noch nicht auf.“

Das sind die Pläne für den Standort in Gelsenkirchen-Horst

Doch was wird aus dem altehrwürdigen St. Josef-Hospital – das markante Bauwerk gehört ja zum Horster Stadtbild wie das Schloss und die St. Hippolytus-Kirche. Nordholt versichert: „Es wird an keinem Tag einen Leerstand geben.“ Allerdings werde sich der medizinische Fokus weg von der stationären und hin zur ambulanten Behandlung verschieben – als „Ambulantisierung“ beschreibt Nordholt das Phänomen. „Es ist ja unglaublich, wie viele Behandlungen inzwischen ambulant statt stationär vorgenommen werden“, sagt er. Für den Standort Horst schwebt ihm ein „Gesundheitscampus“ vor, wie er es nennt.

„Aktuell gibt es dort ja schon unter anderem eine Praxis für Radiologie, eine für Strahlentherapie und eine onkologische Schwerpunktpraxis.“ KERN sei bereits in Gesprächen mit weiteren Interessenten, die in dem Gebäude am Rudolf-Bertram-Platz einziehen könnten. „Wir halten die Augen offen für alle ambulanten Leistungserbringer in der Region“, sagt er. Eine solche Einrichtung werde bekanntlich von Medizinern sehr geschätzt. „Es ist ja immer praktisch, wenn beispielsweise ein Orthopäde und ein Radiologe unter einem Dach praktizieren“, sagt Nordholt. Dabei hat er als Einzugsgebiet nicht nur den Stadtteil Horst im Blick – für den ein solches Zentrum „extrem wichtig“ wäre, wie er sagt. „Es lohnt auch der Blick über die Stadtgrenzen hinaus, etwa in den Essener Norden“, sagt Nordholt.

Neben Ärzten denkt Nordholt auch an Physiotherapeuten oder Apotheker, die sich im Haus niederlassen könnten. Baulich sei man auf der sicheren Seite. „Dadurch, dass wir dann keine stationären Betten mehr anbieten, gelten andere, nicht ganz so strenge Auflagen“, sagt Nordholt, der es pragmatisch so zusammenfasst: „Statt Abrissbirne reicht da eher ein Eimer Farbe.“ Was auf jeden Fall beibehalten werden solle, ist der Name. „Die Menschen werden ja nicht sagen: ,Komm, wir gehen zum KERN-Gesundheitscampus‘“, sagt Nordholt. „Die gehen auch weiter zum St. Josef.“