Gelsenkirchen. Das Elisabeth-Krankenhaus Gelsenkirchen therapiert Erwachsene bei Depressionen, Psychosen, Traumata und Suchtproblemen. Wie hier geholfen wird.

Im Elisabeth-Krankenhaus in Gelsenkirchen-Erle gibt es dank angegliederter Institutsambulanz sowohl ambulante als auch teilstationäre und stationäre Unterstützung für psychisch Erkrankte mit verschiedensten Problemen und Krankheitsbildern. Menschen mit affektiven Störungen wie Depression und Manie, mit Suchtproblemen mit legalen und illegalen Drogen, Psychosen, altersbedingten psychische Erkrankungen, Trauma-Geschädigte, sowie akut Gefährdete zählen zu den Patienten.

Suchtkranke leiden unter mehr als „nur“ der Sucht

Seit 2016 leitet Dr. Astrid Rudel die Klinik in Erle, sie ist seit 2018 auch am St. Antonius-Krankenhaus in Bottrop tätig, das ebenfalls zur Augustinus-Gruppe gehört. Die Neurologin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie mit dem Schwerpunkten Forensische Psychiatrie und Suchtversorgung weiß um die besonders vielfältigen Belastungen der meisten Patienten hier. Jahre- und jahrzehntelanger Missbrauch von Medikamenten, Alkohol oder illegalen Drogen verschiedenster Art zieht schwere Folgeerkrankungen nach sich. Zudem wird immer das – falls vorhanden – familiäre Umfeld in Mitleidenschaft gezogen. Was oft zu weiteren Konflikten führt. Besonders tragisch ist es, wenn Kinder mitbetroffen sind, die immer besonders unter den Begleiterscheinungen psychischen Erkrankungen der Eltern beziehungsweise des Elternteils leiden.

„Psychische Erkrankung können Menschen aus allen Gesellschaftsschichten treffen“, betont Rudel. Dennoch sind die Belastungsfaktoren für Patienten aus einem sozial schwachen Umfeld deutlich größer. „Zumal sie häufig noch später den Zugang ins Hilfesystem finden, die Störungen unbehandelt schwerwiegender werden“, berichtet Rudel. Um auch Angehörigen ein Stück der Last abnehmen zu können, wurde in der dem Haus angegliederten Institutsambulanz ein Gesprächs- und Unterstützungsangebot in Zusammenarbeit mit dem Blauen Kreuz eingerichtet. Angehörige von Patienten, die akut zur Entgiftung in der Klinik sind, finden hier offene Ohren, Verständnis und konkrete, praktische Tipps.

Ambulante Patienten schreinern in der Arbeitstherapie unter Anleitung von Ergotherapeuten ebenso schöne wie nützliche Dinge, von Regalen über Blumenkübel in Tiergestalt bis hin zu Sitzbänken.
Ambulante Patienten schreinern in der Arbeitstherapie unter Anleitung von Ergotherapeuten ebenso schöne wie nützliche Dinge, von Regalen über Blumenkübel in Tiergestalt bis hin zu Sitzbänken. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Netzwerk mit vielen Professionen und Beteiligten

„Wir verstehen uns als selbsthilfefreundliche Klinik, vermitteln Kontakte. Und wir begleiten unsere Patienten ins ambulante Netzwerk wie den sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt und das betreuten Wohnen“, erklärt Rudel. Sozialarbeiter, psychologische Psychotherapeuten und Ärztinnen arbeiten vernetzt. Für ambulante Patienten gibt es im Haus eigens eine Arbeitstherapie mit Holzwerkstatt, in der schöne und nützliche Dinge entstehen. Wenn es therapeutisch sinnvoll ist, können Patienten auch werktags tagsüber auf den Stationen therapiert werden, aber weiter daheim wohnen.

Konsumenten von illegalen Substanzen sind auf einer eigenen Station angesiedelt, Alkohol- und Medikantenabhängige werden in einer Abteilung mit jenen, die unter Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis leiden, geführt. Traumageschädigte und Menschen mit Depressionen oder Manien sind in der Regel mit Trauma-Patienten auf einer Station. Gerontopsychiatrische Fälle – Senioren mit verschiedenen Störungen – sind auf einer eigenen Station untergebracht. Akut gefährdete Menschen und Intensivpatienten bleiben auf einer geschützten Station, im Volksmund auch „geschlossene Abteilung“ genannt.

Die wenn möglich vorgenommene Trennung orientiert sich an den Therapiebedarfen der einzelnen Krankheitsbilder und möglichen Therapiegemeinschaften. Die Verweildauer ist sehr unterschiedlich. Gerade bei depressiven Störungen braucht es oft sehr lange, bis ein Patient aus dem Tal herausfindet. Immer ist ein stationärer Aufenthalt mit anschließender ambulanter Begleitung verbunden.

„Die Akutversorgung bei uns als Pflichtversorger für den Stadtnorden ist gesichert, auch dank der Kooperation mit dem St. Antonius-Krankenhaus Bottrop“, versichert Astrid Rudel. Auch Patienten aus anderen Regionen dürfen kommen – aber sie können bei Vollbelegung weitervermittelt werden, Patienten aus dem Stadtnorden nicht. Bei Depressionen ohne akute Fremd- oder Selbstgefährdung, räumt Rudel ein, könne es schon zu Wartezeiten auf einen Therapieplatz von einem Monat kommen, da hier die Behandlungsdauer besonders lang ist.

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„Besonders komplex ist der Hilfebedarf bei Patienten mit Traumafolgestörungen. Flashbacks, Übererregbarkeit, fehlendes Vertrauen in sich und andere sind die Kernsymptome. Patienten mit Fluchterfahrung kommen meist als Notfall stationär zu uns. In der Regel aber läuft die Diagnostik von Traumafolgestörungen in der Ambulanz. Ambulante, teilstationäre und stationäre Therapien sind dabei möglich. Bei Bedarf finanziert das Krankenhaus gemeinsam mit der Flüchtlingshilfe den notwendige Dolmetscher. Trotzdem: Wir können nicht alle selbst behandeln“ bedauert Rudel. Dass die Kosten für den Dolmetscher von der Klinik finanziert werden müssen, hängt damit zusammen, dass es zwar Sonderbudgetmöglichkeiten für traumatisierte Flüchtlinge gibt, die Kassen aber keine Kosten für die Dolmetscher übernehmen. Angesichts einer gesprächsbasierten Diagnostik und Therapie eine absurd anmutende Regelung.

„Aber auch jenseits traumatisierter Flüchtlinge sind unsere Patienten oft mehrfach belastet. Traumaerfahrungen und Sucht, Psychosen und Sucht gehen häufig miteinander einher, das eine führte zum anderen oder eine Ersatzdroge kommt hinzu“, schildert die Ärztin die Entwicklung vieler dieser Störungen über lange Jahre. Was sie sich wünschen würde? „Mehr Prävention, die ein frühes Eingreifen ermöglicht, bevor sich schwere Störungen entwickeln. Und mehr Geld vom Land für Investitionen, um den Patienten nicht nur therapeutisch unser optimales Umfeld bieten zu können, sondern auch in der räumlichen Ausstattung. Wohlfühlen ist für unsere Patienten ein wichtiger Faktor.“

Sorge macht der Chefärztin auch die demografisch bedingte, starke Zunahme gerontopsychiatrischer (altersbedingter) Fälle. „Wir sind mit unserer hochspezialisierten Oberärztin Dr. Andrea Erdmann als Leitung in dem Bereich zwar sehr gut ausgerüstet. Aber es gibt einen Riesenzulauf, der weiter wachsen wird mit den Babyboomer-Jahrgängen“, blickt Rudel in die Zukunft.

Das Elisabeth-Krankenhaus in Erle an der Cranger Straße 226 ist telefonisch erreichbar unter 0209 70030, mehr Informationen gibt es unter elisabeth-krankenhaus-ge.de