Gelsenkirchen-Buer. Am Goldberg rumort es derzeit. Böden und Decken von Klassenräumen sind aufgerissen, Bauarbeiter wurden seit Oktober nicht mehr gesehen.
Als im Mai 2023 die Bauarbeiter anrückten am Goldberg, da war Berufskolleg-Leiter Ralf Niebisch erleichtert. Ein weiterer Gebäudeteil der in die Jahre gekommenen Schule sollte endlich für die nächsten acht bis zehn Jahre für den Unterrichtsbetrieb ertüchtigt werden. Bis dahin war hier unterrichtet worden, nun aber müssen neue Türen, Decken, Böden und Elektroleitungen eingebaut werden. Auch Asbestbelastungen wurden beseitigt, gezielt in den Sommerferien, als kein Schulbetrieb lief und daher Gefahren für Schüler und Lehrer vermieden werden konnten. Der erste politische Beschluss für diese vorübergehende Ertüchtigung, die auch Voraussetzung für die Installation von Whiteboards ist, stammt aus dem Jahr 2015. Schadstofffunde hatten den Prozess verzögert, unter anderem.
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Als die Bauarbeiten in den Klassen starteten, planten Niebisch und sein mehr als 100-köpfiges Kollegium auch gleich weiter. Nach den bereits entkernten Fluren mit fünf Klassenräumen plus der Toilettenanlage für das komplette Gebäude sollten die weiteren 16 Klassenzimmer folgen. Um den während der Bauarbeiten fehlenden Unterrichts-Platz für die Schülerinnen und Schüler zu sichern, plante man akribisch vor.
Velsenschule sollte Ausweichquartier im Sommer 2024 werden
Als Ausweichquartier für betroffenen Klassen sollte die ehemalige Velsenschule in nur zwei Kilometern Entfernung dienen. Ein Provisorium zwar, aber machbar und vor allem im Sommer 2024 auch nutzbar. Um den reibungslosen Ablauf des Schulbetriebs auch dann zu sichern, wurden Unternehmen informiert, in denen die Schüler des Dualen Systems ausgebildet werden. Die Logistik für die insgesamt 2200 Schülerinnen und Schüler wurde angepasst vorgeplant, auch, damit Berufsschüler ihre Präsenztage in den Betrieben nicht verändern müssen.
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Doch nach den Herbstferien war plötzlich Schluss. Die Baustelle ruht seither. Dabei hatte das Hochbauamt der Stadt in der Sondersitzung des Bildungsausschusses zum Stand der Dinge bei Schulbauten im Dezember 2023 noch versichert, dass die Bauarbeiten am Berufskolleg am Goldberg liefen. Niebisch nahm an der Sitzung als interessierter Zuhörer (ohne Rederecht) teil – und wunderte sich.
Erst auf Nachfrage habe er erfahren, was geschehen war und vor allem, wann es weitergehen könne, berichtet er im Gespräch mit der WAZ. Es gebe Probleme mit dem Architekten und man müsse damit rechnen, dass es mindestens ein halbes Jahr dauert, bevor es weitergehen kann. Bis dahin sind der ganze Flur mit den fünf Klassenzimmern und dem Mehrzweckraum sowie die komplette Toilettenanlage des Gebäudeteils nicht nutzbar. Um für alle Klassen Räume zur Verfügung stellen zu können, herrscht reger Raumwechsel im Haus.
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Was dank der Baustelle ebenfalls auf Eis liegt, ist die Installation der Whiteboards und die Ertüchtigung des noch spärlichen WLAN in allen Räumen des Gebäudetrakts. Etwa 500 Schülerinnen und Schüler müssen in den nächsten Monaten auf dem Schulhof zu den Container-Toiletten gehen. Die werden aktuell extrem mit Heizlüftern aufgeheizt, um die Zu- und Ableitungen vor dem Zufrieren zu bewahren.
Umzug in Ausweichquartier nicht jederzeit möglich wegen Prüfungen
Auch die Heizungen in den entkernten Räumen laufen übrigens auf voller Leistung: Regulierung ist nur zentral für alle Heizkörper gleich möglich. Über die Höhe der Mietkosten für die Container weiß Niebisch nichts; die Baukosten reduzieren werden sie wohl kaum.
„Die Arbeiten in den stillgelegten Klassen werden voraussichtlich noch sechs Monate brauchen, bevor die Räume wieder nutzbar sind. Wenn es wirklich noch ein halbes Jahr dauert, bis es überhaupt weitergeht, heißt das, sie wären im nächsten Januar fertig. Dann aber können wir keine Klassen umsiedeln, dann laufen hier die Prüfungen“, ärgert sich Niebisch. Auch sein Kollegium sei – vorsichtig formuliert – extrem sauer nach all der vergeblichen Vorarbeit. Die Digitalisierung stockt mal wieder, die eigens gegründete Schülerfirma, die Praktika ersetzen und Schüler motivieren soll, ist in Teilen ausgebremst. Die teuren, mit Fördergeldern angeschafften Geräte – ein großer Plotter (Drucker), Maschinen zum Sticken von Logos und Bedrucken von Tassen und Flaschen, Beflockungsmaschinen, drängen sich in einem kleinen Raum, weil die dafür vorgesehenen Mehrzweckräume nicht nutzbar sind.
Neu gegründete Schülerfirma wird ausgebremst
„Die Kollegen haben sich die Fortbildungen für den Betrieb der Schülerfirma in ihrer Freizeit draufgeschafft. Natürlich ist auch das für sie ärgerlich“, erklärt der Schulleiter. Was ihn allerdings vor allem sorgt: Wird die Velsenschule noch als Ausweichquartier zur Verfügung stehen, wenn endlich auch die anderen Räume an der Reihe sind? Abgesehen davon, dass die laufenden beziehungsweise aktuell stockenden Arbeiten ursprünglich ja nur der Aufrechterhaltung des Schulbetriebs für acht bis zehn Jahre dienen sollte. Und die sind, ausgehend vom ursprünglichen Beschluss, nächstes Jahr schon um.