Gelsenkirchen. Grüne und FDP wollen dem Haushalt 2023 zustimmen und bringen eigene Ideen ein. Es geht um eine Seilbahn, Klimaschutz – und Flugtaxis.

Seit Jahren hat die Gelsenkirchener FDP vergeblich für ihre Vision einer urbanen Seilbahn in Gelsenkirchen geworben – nun aber sind die Liberalen ihrem Traum tatsächlich einen kleinen Schritt näher gekommen: 70.000 Euro sollen 2023 in Gelsenkirchen für eine Machbarkeitsstudie ausgegeben werden, in der geprüft werden soll, ob sich eine solche Seilbahn tatsächlich hier umsetzen ließe. Für den entsprechenden Haushaltsantrag hat die FDP jetzt die Zustimmung von SPD und CDU bekommen. „Wir sind sehr glücklich, weil wir das Projekt lange verfolgt haben. Das könnte ein sehr zukunftsorientiertes Projekt für Gelsenkirchen sein“, zeigt sich Fraktionschefin Susanne Cichos erfreut.

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Den Liberalen schwebt vor, dass vom Bahnhof Buer-Nord ein Strang der Seilbahn in die Innenstadt reicht und ein anderer zur Westfälischen Hochschule. Gestärkt in ihrem Vorhaben fühlt sich die Partei durch einen jüngst veröffentlichten Leitfaden des Bundesverkehrsministeriums, mit dem Kommunen darin unterstützt werden sollen, ihre Seilbahn-Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. „Urbane Seilbahnen sind viel mehr als nur Tourismusattraktionen oder Technikspielereien, sie erschließen nicht nur Skigebiete – sie können den öffentlichen Verkehr ergänzen“, betont Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Vorwort des Papiers.

FDP hat Zielvereinbarung zu Lufttaxis in Gelsenkirchen durchgesetzt

Neben der Seilbahn-Studie haben die Liberalen durchgesetzt, dass ihr „Walk of Fame“ weiter vorangebracht wird, idealerweise für die ersten drei „Sterne“ auf der Horster Straße (20.000 Euro). Mit ihrem Antrag für Fahrradständer an der Grundschule an der Erzbahn (10.000 Euro) reagieren die Liberalen auf die Diskussion um den „Elterntaxi-Zwang“ in Gelsenkirchen. Diese wurde losgetreten, als ein Gelsenkirchener Vater gegenüber der WAZ schilderte, dass er sich durch die fehlenden Radständer dazu gezwungen sieht, seine Kinder doch mit dem Auto zu bringen.

Die FDP hat eine Zielvereinbarungen zur Identifizierung von Flugtaxi-Landeplätzen in Gelsenkirchen durchgesetzt. In NRW sollen ab 2025 Fahrzeuge der Firma Lilium fliegen.
Die FDP hat eine Zielvereinbarungen zur Identifizierung von Flugtaxi-Landeplätzen in Gelsenkirchen durchgesetzt. In NRW sollen ab 2025 Fahrzeuge der Firma Lilium fliegen. © Lilium

Noch nicht mit einem konkreten Geldbetrag hinterlegt, sondern lediglich als Zielvereinbarung festgehalten, ist der Wunsch der Liberalen, Landeplätze für Flugtaxis in Gelsenkirchen zu identifizieren. Gestärkt fühlen sich die Liberalen durch den Plan der NRW-Regierung, schon ab 2025 Flugtaxis der Firma Lilium auf Flughäfen landen zu lassen. Eine Zielvereinbarung gibt es auch zur Prüfung von Standorten für sogenannte „Tiny Houses“ in der Größe von 40 bis 60 Quadratmetern im Gelsenkirchener Stadtnorden.

Grüne Gelsenkirchen wollen Gebühren für Gastronomen weiter aussetzen

Doch auch wenn Flugtaxis und Seilbahnen mittlerweile weit mehr zu sein scheinen als Fiktion: Die Gelsenkirchener Grünen legen im Vergleich zweifellos etwa geerdetere Haushaltsanträge vor. Auch sie wollen dem Haushalt 2023 zustimmen.

„Wir sind mit dem Ergebnis, dass die GroKo am Ende bei insgesamt elf grünen Anträgen ihre Zustimmung zugesagt hat, sehr zufrieden. Hinzu kommen noch einige weitere ursprünglich grüne Anträge, die jetzt leicht modifiziert von den Fraktionen von Grünen, SPD und CDU gemeinsam gestellt werden“, bilanziert der Fraktionsvorsitzende Peter Tertocha das Ergebnis „nach drei Wochen intensiver Verhandlungen“.

Die Fraktionsvorsitzenden der Gelsenkirchener Grünen, Adrianna Gorczyk und Peter Tertocha, werden dem Haushalt 2023 zustimmen.
Die Fraktionsvorsitzenden der Gelsenkirchener Grünen, Adrianna Gorczyk und Peter Tertocha, werden dem Haushalt 2023 zustimmen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

„Voraussetzung für die Aufnahme der Verhandlungen war, dass sich im Haushalt ein deutliches Bekenntnis zum Klimaschutz ablesen lässt“, betont zudem Co-Fraktionsvorsitzende Adrianna Gorczyk. Nun sollen sich tatsächlich zahlreiche klimapolitische Initiativen im Haushalt 2023 wiederfinden. Die größten Projekte: Die Fortführung und Weiterentwicklung des Gelsenkirchener Aufforstungsprogramms für 100.000 Euro und die Aufstockung des Solardach-Förderprogramms von 130.000 auf 180.000 Euro (die WAZ berichtete).

Abseits der Klimapolitik haben die Grünen eine 50-prozentige Reduzierung der Sondernutzungsgebühren für die Gastronomie durchgesetzt, um die Wirtinnen und Wirte nach wirtschaftlich schwierigen Jahren weiter zu unterstützen. Als „Herzensangelegenheit“ beschreiben sie die Fortsetzung der offenen Kinder-, Jugend- und Familienarbeit der Amigonianer im Haus Eintracht in der Grillostraße, die mit einem Betrag von 60.000 Euro für ein weiteres Jahr abgesichert werden soll.

Ausbau der barrierefreien Toiletten in Gelsenkirchen

Weitere Anträge drehen sich etwa um eine zusätzliche Förderung der Kunstschule (10.000 Euro), die Anschaffung von zwei zusätzlichen Geschwindigkeitsmessanzeigen (13.000 Euro) oder die Anschaffung von drei „Anti-Rassismus-Bänken“, die mit einer entsprechenden Beschriftung ein Zeichen setzen sollen (15.000 Euro). Als „wichtigen Erfolg“ bewerten die Grünen auch eine Zielvereinbarung für mehr öffentliche, barrierefreie Toiletten in den Stadtzentren, die aus Sicht der Partei mindestens bis in die späten Abendstunden nutzbar sein müssen.

Die Zustimmung zum Haushalt heißt nach Angaben der Grünen nicht, weitere Vorschläge der GroKo im kommenden politischen Jahr einfach so abzunicken – insbesondere bei der Klimapolitik nicht. „Es ist jetzt schon klar, dass wir bei der Bewertung der Entwürfe sowohl für das Mobilitäts- als auch das Klimaschutzkonzept mit SPD und CDU deutlich auseinanderliegen“, teilte Adrianna Gorczyk mit. „Das werden harte und spannende Auseinandersetzungen Anfang des Jahres, wenn diese Konzepte auf die Tagesordnung kommen.“