Gelsenkirchen. Ginge es nach der FDP, bekäme Gelsenkirchen eine Seilbahn. Auch andernorts träumen Lokalpolitiker davon. Wo es vielleicht wahr werden könnte.
Vor wenigen Wochen erfreuten sich die Gelsenkirchener Liberalen endlich unter Gleichgesinnten zu sein. Nicht etwa bei einem Landesparteitag, sondern bei der „Cable Car World“ in Essen – der Messe für urbane Seilbahnen. Die FDP träumt schließlich weiterhin davon, den öffentlichen Nahverkehr in Gelsenkirchen zumindest teilweise abheben zu lassen. Und so wundert es auch nicht, dass die beiden Ratsfraktionschefs Susanne Cichos und Ralf Robert Hundt, zusammen mit Ratsherr Christoph Klug freudestrahlend vor Seilbahn-Abbildungen posierten.
„Hat Gelsenkirchen eine Chance verspielt?“, fragt sodann auch Susanne Cichos und spielt darauf an, dass die WAZ Gelsenkirchen über den Vorschlag der FDP, eine Pilotstrecke für den sogenannten „upBus“ in Gelsenkirchen zu beantragen, schon vor zwei Jahren berichtete. Zwischenzeitlich, das betonen die Liberalen, landete das Projekt „urbane Seilbahn“ auf Antrag der FDP-Fraktion immerhin im Masterplan Mobilität der Stadt. „Das war’s aber auch. Städte wie Bochum und Gelsenkirchens Partnerstadt Cottbus haben das Potenzial erkannt und planen bereits sehr dezidiert“, so Cichos. Es sei ausgesprochen schade, dass hier die Möglichkeit, einmal Vorreiter im Revier zu sein, nicht genutzt wurde.
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Die FDP beziehen sich auf die „Urban News“, ein Magazin aus dem Seilbahnen International Verlag, der in seiner jüngsten Ausgabe berichtet habe, Bochum plane zwei Verbindungen und 80 bis 90 Prozent der für die 4.960 Meter lange Strecke kalkulierten Kosten würden von Land und Bund getragen werden.
Seilbahn-Vorschläge in vielen Städten verworfen
In Bochum ist man ob dieser Ansage etwas überrascht. Denn tatsächlich wurde – wie in vielen anderen Städten auch – in Bochum zwar mal eine Idee eines Wählerbündnisses und der FDP diskutiert, im Stadtrat ist diese aber abgelehnt worden. Bochums Stadtverwaltung hat den Vorschlag zwar dennoch in einer Machbarkeitsstudie prüfen lassen, letztendlich wurde aus den Seilbahn-Plänen aber bisher nichts, wie es auf Nachfrage heißt. Auch in Duisburg und Düsseldorf scheiterten bislang ähnliche Vorstöße.
Dabei sieht die Landesregierung für solche Nahverkehrslösungen durchaus Potenzial. Vorbild sei nach Einschätzung der NRW-Landesregierung das Forschungsprojekt „upBus“ der RWTH Aachen, das auch die Gelsenkirchener FDP immer wieder als Beispiel ins Feld führt. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge, die auf einer Strecke sowohl als autonomer (also fahrerloser) Bus, als auch als Luftseilbahn unterwegs sein können. Die Passagiere können in den Kabinen bleiben, ein Umsteigen ist nicht nötig. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) jedenfalls schwärmte schon als Verkehrsminister vom „upBus“. Er ermögliche eine neue Mobilität, und seine Produktion könne Jobs in NRW schaffen. Daher wurde in NRW bereits im vergangenen Jahr das Seilbahngesetz überarbeitet, „um Planungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen“, so Wüst.
„Damals hätten wir hier in Gelsenkirchen dem Negativ-Image #401 ein Schnippchen schlagen können.“
„In Gelsenkirchens Partnerstadt Cottbus gibt es eine Initiativgruppe, die sich für eine Stadtseilbahn vom Bahnhof zum Cottbusser Ostsee (künstlich angelegter See) stark macht. In Oberhausen wird über eine urbane Seilbahn diskutiert. Auf der Messe für urbane Seilbahnen hielt Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda einen Vortrag. Schließlich denkt er über eine Seilbahn nach, die das das Gelände der ehemaligen Zeche Blumenthal mit dem Wanne-Eickler Hauptbahnhof verbinden soll. Auch an der Polizeihochschule – sollte sie denn nach Herne kommen – ist eine Seilbahn geplant. Aus Gelsenkirchen waren keine bekannten Gesichter auf der Messe zu sehen“, bedauert Stadtverordneter Christoph Klug.
Tatsächlich hat die Stadt Herne eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und dem Vernehmen nach will OB Dudda das Projekt auch wirklich umgesetzt wissen.
„Vor zweieinhalb Jahren haben außer uns vielleicht zwei bis drei Menschen im Ruhrgebiet von urbanen Seilbahnen als ÖPNV-Alternative geträumt“, resümiert Cichos. „Damals hätten wir hier in Gelsenkirchen dem Negativ-Image #401 ein Schnippchen schlagen können.“ Mit Blick auch auf den Masterplan Mobilität fordert sie: „Wir dürfen uns den Ideen nicht verschließen“.
Für die Fraktion spielen urbane Seilbahnen in dem für die Zukunft ausgerichteten Plan eine zu geringe Rolle. „Die Verwaltung muss über neue innovative Entwicklungen informiert sein und diese proaktiv auf den Weg bringen und sie einfordern“, fordert Christoph Klug. Für die FDP dränge sich stattdessen der Verdacht auf, dass das Thema urbane Seilbahnen in Gelsenkirchen nur „sehr widerwillig geprüft wurde“.