Düsseldorf. Was lange als Spinnerei galt, soll plötzlich bis 2025 in NRW Gestalt annehmen: Regionalverkehr per Flugtaxi. Jetzt hat sich eine Allianz gebildet.

Bereits in fünf Jahren sollen in Nordrhein-Westfalen die ersten Flugtaxis unterwegs sein. Diesen ehrgeizigen Zeitplan hat am Dienstag NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) mit dem Technologie-Unternehmen Lilium sowie den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn bekannt gegeben.

„Wir wollen einen Schritt raus aus der Fiktion in Richtung Realität machen“, sagte Wüst. Dafür haben die Airports Düsseldorf und Köln/Bonn Absichtserklärungen mit Lilium über den Aufbau eines Knotenpunks für Flugtaxis unterzeichnet. „Wir müssen ein Geschäftsmodell daraus machen“, kündigte Düsseldorfs Flughafen-Chef Thomas Schnalke an. Flugtaxis könnten sich als sinnvolle Ergänzung des bestehenden Verkehrsnetzes in NRW erweisen.

Flugtaxis sollen perspektivisch ein Mobilitätsangebot für Jedermann werden

Das Startup-Unternehmen Lilium aus Bayern ist der erste kommerzielle Anbieter von Flugtaxis in Deutschland. NRW gilt wegen seiner Bevölkerungsdichte und Infrastruktur mit zehn Städten über 300.000 Einwohnern als ideales Testfeld für die neuen Flugobjekte. „Wir reden von einer regionalen Mobilität“, erklärte Lilium-Geschäftsführer Remo Gerber.

Konkret will das Unternehmen kleine Elektro-Jets einsetzen, die senkrecht starten und landen können. Sie bieten Platz für einen Piloten und vier Passagiere. Mit einer Geschwindigkeit von 300 km/h können sie von den großen Verkehrsflughäfen aus in nur 30 Minuten Städte wie Bielefeld, Münster oder Siegen erreichen. Geplant ist der Aufbau eines Flugtaxi-Linienbetriebs in NRW mit regionalen Landeplätzen. „Wenn wir 20 Landeplätze in Nordrhein-Westfalen hätten, könnten wir bis zu 20.000 Kilometer an Hochgeschwindkeitsstrecke schaffen“, rechnete Gerber vor.

Das Projekt soll ohne staatliche Subventionen auskommen, wäre aber nur bei einer ausreichenden Passagierzahl profitabel. In der Aufbauphase sollen die Ticket-Preise vergleichbar sein mit denen einer Taxifahrt. Da die Energie- und Wartungskosten jedoch deutlich günstiger seien als etwa bei einem Hubschrauber, könnte sich laut Gerber bei entsprechender Nachfrage „die Preiskurve Richtung Autofahrt“ absenken. Man plane perspektivisch ein Angebot für Jedermann.

Verkehrsminister sieht eine neue Chance für die darbenden Regionalairports

Verkehrsminister Wüst erhofft sich durch die Flugtaxis auch eine neue Perspektive für die darbenden Regionalflughäfen und kleinere Landeplätze in ganz NRW: „Ich sehe hier eine Chance.“ Es sei jedoch wichtig, dass Flugtaxis bei Kunden und Anwohnern ausreichende Akzeptanz fänden. Die neuartigen Fluggeräte sind wegen des Elektromotors zwar leise und bei einer Reisehöhe von rund 3000 Meter nicht auf Anhieb zu sehen. Doch wenn in fünf Jahren bereits Hunderte dieser Elktro-Jets in NRW unterwegs wären, wie es sich Lilium-Geschäftsführer Gerber im Idealfall ausmalt, dürfte es dennoch Debatten über Beeinträchtigungen geben.

Wie aus einer Machbarkeitsstudie des Flughafens Köln/Bonn hervorgeht, wäre der Umstieg von der Verkehrsmaschine in ein Flugtaxi vergleichsweise leicht zu organisieren. In Köln gibt es zum Beispiel Überlegungen, eine Umstiegs- und Ladestation auf einem Parkhausdach in Terminal-Nähe aufzubauen. So ließen sich Sicherheitscheck und Gepäckmitnahme unproblematisch organisieren. Die größere Herausforderung dürften die nun anstehenden Abstimmungen mit der Europäischen Agentur für Flugsicherheit sein. Die Flugtaxis müssen ihren Platz am - außerhalb von Corona-Zeiten - ohnehin vollen Himmel finden.

Flughafen Weeze: Technik muss serienreif, bezahlbar und zugelassen sein

In Weeze betrachtet man das Thema mit Zurückhaltung: Um bei einem solchen Projekt einzusteigen, bedürfe es mehrerer bislang noch gegebener Voraussetzungen, sagt Ludger van Bebber, der Geschäftsführer des dortigen Regionalflughafens: „Das muss eine serienreife, kommerziell bezahlbare Technik sein. Sie muss zugelassen sein. Und wir brauchen in Weeze Reichweiten von mindestens 50 Kilometern, um die Ballungszentren zu erreichen.“ Sollten diese Voraussetzungen gegeben sein und die Ticketpreise moderat sein, dann sei man auch in Weeze mit an Bord, so van Bebber.