Gelsenkirchen. Stadt und Feuerwehr Gelsenkirchen suchen einen neuen Standort für eine alte Wache. Was die Suche so schwer macht, welche anderen Zwänge es gibt.

Wunsch und Wirklichkeit klaffen nicht selten weit auseinander. Gesucht wird seit längerem schon ein neuer Standort für die Feuerwache 1 an der Wildenbruchstraße. Gefunden ist er längst noch nicht, denn Freiflächen sind ebenso rar wie heiß begehrt.

Älteste Feuerwache in Gelsenkirchen ist auch die mit den höchsten Einsatzzahlen

Der Ruf nach einer neuen Feuerwache hat durchaus seine Berechtigung, schließlich ist ausgerechnet die Wache mit den höchsten Einsatzzahlen auch die älteste – die Feuerwache an der Wildenbruchstraße in Bulmke-Hüllen ist Baujahr 1954. Und die Einsatzzahlen wachsen stetig. Jeder Stein im Backsteingebäude verströmt den 60er-Jahre-Flair, die Einrichtung ebenso. Kein Vergleich zur Hauptwache an der Seestraße in Buer, 2005 in den Dienst gestellt. Zwischen Platzangebot und Einrichtung liegen zwischen Nord uns Süd Welten.

Abreißen und am gleichen Standort neu bauen oder gegenüber neben der Polizeiwache Süd Quartier beziehen, geht das? „Nein“, sagen der leitende Branddirektor Michael Axinger und Markus Schwardtmann, Leiter der städtischen Pressestelle. Die Wache 1 beherbergt gut 140 Kräfte von Berufsfeuerwehr, Freiwilliger Feuerwehr und Jugendfeuerwehr - so viele Container kann man gar nicht aufstellen, um Mensch und Material unterzubringen für einen gesicherten 24-Stunden-Betrieb parallel zu einem Neubau.

Spannungsfeld – wirtschaftliche und bildungspolitische Interessen führen zu schwierigem Spagat

Es ist ein schwieriger Spagat, den die Stadt bewerkstelligen muss. Sicherheit genießt schließlich hohe Priorität. Deshalb ist die Ausstattung der Rettungskräfte nie ein Streitthema in den Gremien. Steht die Anschaffung neuer Lösch- oder Rettungsfahrzeuge zur Abstimmung in Ausschüssen oder im Rat, so wird dieser Tagesordnungspunkt im Konsens durchgewunken.

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Nicht weniger bedeutend für Gelsenkirchen ist aber der Ausbau der Schulinfrastruktur, gleich sieben solcher Einrichtungen werden neu gebaut, weil der Bedarf in näherer Zukunft weit über die bisher verfügbaren Kapazitäten hinausschießt. Vier Grundschulen und drei weiterführende Schulen sollen es aufgrund von hoher Zuwanderung und Geburtenrate werden, da sind insgesamt Investitionssummen jenseits der 100-Millionen-Euro Marke im Spiel.

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Zugleich will die Stadt durch die Ansiedlung von Unternehmen auf freien Gewerbeflächen Arbeitsplätze schaffen. Sie wirbt dazu mit guter Glasfaser- und guter Verkehrsanbindung im Ballungsraum Ruhrgebiet. Und hat dabei durchaus Erfolg, wie der letzte Coup zeigt, es entsteht ein neuer Gewerbepark für 40 Millionen Euro auf einer Industriebrache nahe der Schalker Meile.

Neuer Standort für Gelsenkirchener Feuerwache ist an Bedingungen geknüpft

In diesem Spannungsfeld ein geeignetes Areal zu finden, ist demzufolge nicht ganz einfach. Zumal an den neuen Standort für die Feuerwache 1 eine Reihe von Bedingungen geknüpft sind, wie Feuerwehrchef Michael Axinger erklärt. „Für eine neue Wache bräuchten wir ein Grundstück mit einer Fläche von circa 10.000 Quadratmetern.“ Der neue Standort müsste zudem strategisch gut gelegen sein, denn innerhalb „von sechs bis sechseinhalb Minuten“, so die Vorgabe, müssen die Einsatzkräfte im Brandfall im Süden der Stadt vor Ort sein.

Vier Feuerwachen gibt es im Stadtgebiet: in Bulmke-Hüllen, in Heßler, in Buer und in Hassel. Die Wache in Heßler ist der neuste Standort, der Bau hat etwa zehn Millionen Euro gekostet. Nach ihrer Einweihung im Oktober 2017 begannen laut Feuerwehr und Stadt konkretere Überlegungen zum Standort Wildenbruchstraße.

Eine gute Verkehrsanbindung ist ebenso Voraussetzung, von der Wildenbruchstraße beispielsweise lässt sich die Ampelanlage an der Kreuzung Ringstraße/Wildenbruchstraße so umstellen, dass Rettungskräfte im Einsatz grün bekommen, während alle anderen Verkehrsteilnehmer Rot haben.

Gelsenkirchener Rettungsdienstschule: Neue Wache soll zwei Probleme gleichzeitig lösen

Die Ampelschaltung ist aber noch das geringste Problem bei der Realisierung einer neuen Feuerwache. Erschwert wird die Suche nach einem Platz dadurch, dass auch „die Rettungsdienstschule einen neuen Platz benötigt“, zurzeit ist sie offiziell in der Hauptfeuerwache Buer angesiedelt. Platzprobleme sorgen seit geraumer Zeit dafür, dass Ausbilder und Auszubildende (Rettungssanitäter im Rahmen der Brandmeisterausbildung, Fortbildung für Rettungsassistenten zu Notfallsanitätern und angehende Notfallsanitäter) zwischen den Wachen 1 an der Wildenbruchstraße und an der Seestraße hin und her pendeln. Ein Neubau sollte daher zwei Probleme gleichzeitig lösen.

Das Gelsenkirchener Gewerbegebiet Europastraße, ehemals Schalker Verein, aus der Luft. Hier könnte eine neue Feuerwache hin.
Das Gelsenkirchener Gewerbegebiet Europastraße, ehemals Schalker Verein, aus der Luft. Hier könnte eine neue Feuerwache hin. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Schlussendlich sind an der Wildenbruchstraße noch die Höhenretter. Auch diese Spezialisten müssen mit unterkommen. In Bulmke-Hüllen wird der Turm an der Wache auch als Übungsplatz genutzt. Wobei die Höhenretter überhaupt viel Entgegenkommen erfahren. Zuletzt übten sie im nahen Bottrop an einem Windrad, BP in Scholven ist ebenso kooperativ wie der FC Schalke 04, den Knappen sind die Höhenretter „aufs Dach“ gestiegen und wieder herunter per Seilzug.

Polizei sucht einen neuen Standort für Hundertschaft

Die Gelsenkirchener Feuerwehr ist bei ihrer Suche nach einem neuen Standort für eine Feuerwache nicht allein. Auch das Polizeipräsidium Gelsenkirchen hat Bedarf, Einsatzkräfte anderweitig und besser unterzubringen.

Für die Beamtinnen und Beamten der Einsatzhundertschaft wird ebenfalls ein neuer Standort gesucht. Das Präsidium befindet sich nach Gewerkschaftsangaben dazu im Austausch mit dem Innenministerium. Aktuell untergebracht sind die Frauen und Männer an der Manfredstraße. Der Gewerkschaft zu folge ist das Haus marode, Sprecher Jörg Klink bezeichnete es als „Schandfleck“.

Das alles schränkt in Frage kommende Flächen ein. Am naheliegendsten wäre ein Standort für eine neue Feuerwache an der nahen Europastraße, trotz geplanter Europaschule ist da noch Platz. Wenn nicht eben auch noch andere Begehrlichkeiten zu berücksichtigen wären.